MIT KOMMENTAR: Klatsche für Bocholt bei Untersuchung „Vitale Innenstädte“



Wie steht es um deutsche Innenstädte? Was motiviert Besucherinnen und Besucher zu einem Innenstadtbesuch – insbesondere nach dem Einschnitt durch die Coronapandemie? Diese und weitere Fragen stellt das IFH KÖLN in der alle zwei Jahre erscheinenden Untersuchung „Vitale Innenstädte“. Durchschnittlich kommen die Städte diesmal nur knapp auf eine gute Bewertung. So auch Bocholt. Die City rutscht in der Note für ihrer Attraktivität im Vergleich zum Jahr 2020 um 0,2 Punkte auf 2,5 ab. Alarmierend dabei: 25,2 Prozent der Befragten kaufen inzwischen verstärkt online ein und besuchen daher die Innenstadt nur noch selten. Vor zwei Jahren hatte dieser Wert bei lediglich 10,3 Prozent gelegen.

Die Mehrzahl der deutschen Städte schneidet besonders beim Faktor Weiterempfehlung schlecht ab. Die wichtigsten Einflussfaktoren sind an erster Stelle Aufenthaltsqualität, Ambiente und Flair sowie Stadtgestaltung und touristische Attraktivität. Es folgen der Erlebniswert und das Einzelhandelsangebot.  Bocholt wird sogar spürbar weniger an Freunde und Bekannte weiterempfohlen als noch vor zwei Jahren. Die Zahl der so genannten „Promoter“ sank stark auf nur noch 15,6 Prozent. Vergleichbare Städte liegen hier im Durchschnitt bei 26,3 Prozent.

Einkaufen ist nach wie vor Besuchsmotiv Nummer eins. Doch rücken zunehmend auch andere Gründe in den Vordergrund – in besonderer Weise gilt dies für gastronomische Angebote. Das zeigt sich auch an den Verbesserungswünschen: Innenstädte sollen ein Begegnungsort sein und zum Verweilen einladen (45 %), aber auch Shoppingangebote (43 %) und Kunst- und Kultur (36 %) sowie Gastronomie (35 %) sind laut der Befragten wichtige Ansatzpunkte, um Städte attraktiver zu gestalten.

Auch in Bocholt wünschen sich die Besucher hauptsächlich mehr Gastronomieangebote (Restaurant, Imbiss, Café, Bar). Erst auf Platz zwei landen Geschäfte zum Shoppen und Bummeln. Ausgebaut werden sollten nach Ansicht der Befragten zudem Kunst- und Kulturangebote sowie Orte zum Verweilen und Freunde treffen. Aber auch innerstädtisches Wohnen und Arbeiten steht weit oben auf der Wunschliste.

KOMMENTAR

Von BERTHOLD BLESENKEMPER
Note 2,5 für die Bocholter Innenstadt hört sich zunächst einmal ganz passabel an. Aber bei genauerem Hinsehen relativiert sich diese sehr schnell. Denn es wurden nur Innenstadtbesucher interviewt. Das ist in etwa so, als würde man die Beliebtheit der katholischen Kirche ausnahmslos bei Gottesdienstbesuchern und den Gästen eines Gemeindefestes abfragen. Dabei käme ganz sicher auch ein ins Positive verzerrtes Bild heraus.

Aber selbst diese „geschönte“ Variante ist eine Klatsche für Bocholt. Nur noch 15,6 Prozent derjenigen, die der City im Prinzip positiv gegenüberstehen, würden diese auch Freunden und  Bekannten weiterempfehlen. Dieser Wert ist fast schon unterirdisch. Noch besorgniserregender: 25,2 Prozent der Befragten und damit mehr als doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren kaufen verstärkt online ein und besuchen die Innenstadt zum Einkaufen nur noch selten.

Eindeutig: Gastronomie sowie Kunst- und Kulturangebote locken die Menschen verstärkt in die City. Die Stadtoberen sollten das im Hinterkopf behalten, wenn sie beim nächsten Mal über die Wiedereinführung von Gebühren für Außenterrassen und Parken, über die nach wie vor horrend hohe  Stellplatzablöse, die wachsende Flut von Auflagen oder die Verlagerung des Stadtmuseums ins Fildekenquartier diskutieren.

  1. Johannes Bennemann says:

    Seit (vor)gestern haben wir es doch offiziell: die Gastronomie im Außenbezirk schwächt die Innenstadt – dann werden die Umfragewerte ja jetzt hoffentlich wieder steigen … 🙂

  2. Antonius Mayland says:

    Jede Idee, die Attraktivität zu steigern, sollte man erstmal von der positiven Seite aus betrachten. Verhindern geht immer, fördern ist offensichtlich nicht ganz so leicht.
    Dass ein Präzedenzfall immer von zwei Seiten zu betrachten ist, ist schon richtig, aber glaubt ernsthaft jemand, dass ein Restaurant, welches soweit außerhalb liegt, die Innenstadt wirklich beeinträchtigt?
    Wenn die Gastronomie in der Stadt super ist, gehen Menschen dahin, wenn nicht, dann nicht, so einfach ist das…….
    Herr Ewering hat keine Aa in der Nähe, wie Café Sahne oder Extrablatt, er hat kein historisches Rathaus oder ein Kino oder andere Innenstadtattraktionen um sich, er hat nur sich selbst, muss man davor Angst haben?
    Ich meine, nein!
    Die gleiche Angst vor 30 Jahren hätte sowohl die Arkaden wie auch die Neutorbebauung verhindert.
    Laßt die Kirche im Dorf, Leute……

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