MIT KOMMENTAR: Widerstand wächst: Bürgermeister will Gigaset-Kaufentscheidung überraschend verschieben

Der Widerstand gegen die neue Immobilienstrategie von Bürgermeister Thomas Kerkhoff wächst. Die Stimmung in der Politik scheint zu kippen. Grund: Vor allem die finanziellen Risiken bei einer Sanierung und Aufstockung des Rathauses sowie einem gleichzeitigen Kauf und einer ebenfalls millionenteuren Sanierung der Gigaset-Gebäude sind immer mehr Stadtverordneten inzwischen zu hoch.
Die SPD hat eine Vertagung der für morgen geplanten Entscheidung über einen entsprechenden Nachtragshaushalt beantragt. Die FDP wiederum stellt seit vier Wochen bohrende Fragen zu Gutachten und Kostenplänen, die der Bürgermeister offenbar nicht mehr rechtzeitig beantworten kann. Die Stadtpartei will heute Abend um 19 Uhr im Restaurant Filetgran Alternativpläne vorstellen. Und die Soziale Liste fordert einen Ratsbürgerentscheid. Jetzt schlägt der Bürgermeister überraschend selbst vor, morgen in der Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses sowie im anschließenden Rat lediglich die Investitionssumme per Nachtragshaushalt abzusichern, die eigentliche Kaufentscheidung aber auf später zu verschieben und im Rahmen einer Sondersitzung zu fassen.
Kerkhoff begründet seinen Vorschlag in einem Schreiben an die Stadtverordneten mit der „Anzahl der eingereichten Anfragen und Anträge“ zu diesem Thema. Die Verwaltung ist damit augenscheinlich überfordert. So hat sie gestern angekündigt, die von der FDP vor einem Monat eingereichten 18 Fragen zum Gigaset-Deal „zeitnah“ beantworten zu wollen. Bis morgen allerdings schafft sie es nicht. Mit einer Vertagung der Kaufentscheidung soll den Fraktionen zudem noch einmal Gelegenheit zu einer Beratung gegeben werden.
In der Zwischenzeit wird es außerdem noch eine „technische Überprüfung zum Kaufvertrag geben“. Die ist bislang augenscheinlich nicht erfolgt. Gleiches soll nach Informationen von Made in Bocholt für weitere, bei einer solchen Millionenentscheidung üblichen Begutachtungen gelten.
KOMMENTAR
Von BERTHOLD BLESENKEMPER
Das System Kerkhoff steht vor dem Zusammenbruch. Das zeigt der geplante Gigaset-Kauf. Der Bürgermeister hat das Millionengeschäft ganz offenbar ohne die fachliche Bewertung der Kaufsumme oder von gutachterlichen Überprüfungen des Sanierungsaufwandes oder von Altlastenbeseitigungen getroffen. Nur so ist zu erklären, dass er fast zwei Monate nach der vollmundigen Ankündigung des Deals immer noch keine Antworten auf drängende Fragen liefern kann. Das gleicht einem Offenbarungseid.
Jetzt rächt sich einmal mehr, dass der Verwaltungschef seine Fachdezernate immer öfter übergeht und lieber alles selbst macht. Statt einzugestehen, das es sich bei dem Gigaset-Geschäft um einen reinen „Notkauf“ handelt, hat er diesen par ordre du mufti kurzerhand zur neuen Strategie erklärt und versucht, ihn möglichst schnell und geräuschlos durchzudrücken. Pech nur, dass genau das vor zwei Jahren von den eigenen Leuten noch als „unwirtschaftlich“ bewertet wurde.
Die Politik scheint aufgewacht zu sein und stellt nun endlich hartnäckig genau die Fragen, die sie in ihrer Kontrollfunktion eigentlich schon vor dem Beschluss zur Sanierung des Rathauses hätte stellen müssen. Aber besser spät als nie.
Elisabeth Meyermann says:
Es ist schon traurig, was in der Bocholter Politik mit wenigen Ausnahmen so abgeht. Kaum einer kommt seiner Kontrollpflicht nach, alles wird abgenickt ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Es wird sich kaum darüber Gedanken gemacht, welche Belastungen die Bocholter Bürgerinnen und Bürger bzw. der städtische Haushalt überhaupt stemmen können. Immer häufiger zeigt sich, wie überfordert Herr Kehrkoff mit der Führung einer großen Kommune wie Bocholt ist. Es gibt schon einen großen Unterschied zwischen einer Kommune wie Bocholt und Gescher, auch wenn der Herr Bürgermeister anscheinend immer noch sehr auf die Expertise aus Gescher angewiesen ist.
Guenter Rosenfeld says:
Das ist wieder mal sehr sachlich und kompetent kommentiert, man kann nur hoffen das die Politik nun auch wach bleibt.
Wienholt says:
Die „Verschiebung“ des Gigaset-Kaufes durch den Bürgermeister ist rein taktischer Natur. Er will dadurch erreichen, dass das Rathaus solange unbelegt weitergebaut wird, bis es keinen „Point of no Return“ mehr gibt. Die 4. Etage und die Grundrissänderung (seine „Erfindung“) wäre ja durch das Gigaset-Gebäude überflüssig. Einen Bürgerentscheid, der vermutlich sonst kurzfristig durchgeführt und mit einer vernichtenden Niederlage für ihn geendet hätte, hat er damit verhindert.
Das Gigaset-Gebäude muss auf jeden Fall gekauft (und vorrangig renoviert und ausgebaut werden) werden (es gibt ja keine Alternative) das und sollte optimalerweise auch auf Dauer als Rathaus genutzt werden. Abteilungen mit viel Publikumsverkehr könnte man in der Innenstadt ansiedeln.
Dem „Feudalherren“ Kerkhoff geht es nicht um die Stadt Bocholt und die Bocholter Bürger, denen er Millionen Schulden hinterlässt.
Stoppt die Rathaussanierung!!!!
Ruth Rümping says:
Der Rat ist und bleibt das oberste Kontrollgremium. Stoppt den profilierungssüchtigen und narzisstischen Kerkhoff. Ein Nachtragshaushalt ohne konkretes Hintergrundwissen, mit unbeantworteten Fragen der Fraktionen über Wochen, geht gar nicht. In den Fachabteilungen arbeiten gute und mit sehr gutem Fachwissen ausgestattete Mitarbeiter, die „Können“ aber nicht „Dürfen“. Unverständnis und Unmut bei den Bürgern, in der Wirtschaft, wohin geht es für Bocholt? Millionenschulden ohne konkreten Finanzierungs- und Tilgungsplan aber mit dem Wissen (es gibt so viel nicht eingeplantes Unvorhersehbares), aber mit Steuererhöhungen (Grund- und Gewerbesteuer) doch „stemmbar“.