Neue Chancen für Bahn-Reaktivierung – Bocholt und Rhede verzichten vorerst auf „Entwidmung“ der Trasse



Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Die Städte Bocholt und Rhede haben überraschend ihre Anträge auf die sogenannte „Entwidmung“ der Bahnstrecke 2265 zwischen Bocholt und Rhede, auf der sie bekanntlich den Radschnellweg RS2 bauen wollen, zurückgezogen. Das bestätige jetzt auf Anfrage unserer Onlineplattform ein Sprecher des Eisenbahn-Bundesamtes. Damit bekommen die Befürworter eines Reaktivierung der Trasse Aufwind. Denn nun wird es voraussichtlich eine neue Machbarkeitsstudie geben. Derweil halten die Städte an ihren Radschnellwegplänen fest. „Die Planungen laufen parallel weiter“, hieß es gegenüber Made in Bocholt.

Erst im Januar 2020 war in einer Machbarkeitsstudie die Wiederinbetriebnahme der Schienenstrecke von Bocholt nach Rhede mit einem knapp unter der für öffentliche Förderungen notwendigen Grenze von 1,0 liegenden Wirtschaftlichkeitfaktor von 0,94 bewertet worden. Schon damals hatten Bahnbefürworter allerdings eine deutlich zu geringe Berücksichtigung nachhaltiger Faktoren beklagt. Inzwischen haben sich genau diese Bewertungsmaßstäbe für die Finanzierung von Projekten des Öffentlichen Personennahverkehrs auf der Schiene geändert. So fallen seit Anfang Juli diesen Jahres bundesweit „die Faktoren Klima- und Umweltschutz, Verkehrsverlagerung und Daseinsvorsorge deutlich stärker ins Gewicht“, heißt es dazu  in einer Pressemitteilung des Bundesverkehrsministers Volker Wissing.

Vor diesem Hintergrund haben die Städte Rhede und Bocholt in Abstimmung mit dem Kreis Borken ihren Antrag auf Freistellung der Strecke nach eigenen Angaben vorerst zurückgezogen. „Wichtig war hier, kein Fakten gegen mögliche Neubewertungen Bahnstrecke zu schaffen. Dennoch sprechen wir als Stadt uns weiter deutlich für den Radschnellweg aus. Auf Basis der neuen standardisierten Bewertung haben wir den Zweckverband Mobilität Münsterland um eine erneute Bewertung der Machbarkeit gebeten“, so Bürgermeister Thomas Kerkhoff.

Auch in Düsseldorf gab es bereits Anfang des Jahres Hinweise auf eine mögliche Reaktivierung der Strecke nach Rhede. In einer perspektivischen „Zielplanung 2040“ für den Infrastrukturausbau des Landes war Bocholt plötzlich nicht mehr als Kopfbahnhof aufgeführt. Stattdessen tauchte eine Streckenplanung über Rhede und Borken bis nach Coesfeld auf.

Und die nordrhein-westfälische Hauptstadt bekommt in der künftigen Planung eine zunehmend wichtigere Rolle. Denn wenn – wie im Bocholter Fall die neu gegründete, private Westmünsterlandbahn GmbH – ein nicht-bundeseigenes Unternehmen den Betrieb übernehmen will, erfolgt die Streckenreaktivierung in Landeszuständigkeit. In diesem Fall ist das Eisenbahn-Bundesamt als Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für die Eisenbahnen des Bundes nicht mehr zuständig. Das erklärte eine EBA-Sprecher gegenüber Made in Bocholt.

Rainer Sauer von der Initiative ´ „Stoppt Radschnellweg RS2“ zeigte sich erfreut über die neue Entwicklung. „Die Zeit läuf für uns“, meinte er angesichts der nicht erst seit dem 9-Euro-Ticket weiter wachsenden Akzeptanz der Bahn.

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