Neues „LernWerk“ offiziell in Betrieb genommen
Der aus dem Zeitalter der Industrialisierung stammende historische Spinnereihochbau der Firma Herding ist jetzt zentraler Ort für Kultur und Bildung in Bocholt. Nach dreieinhalb Jahren Bauzeit wurde dort heute das so genannte „LernWerk“ und damit ein wichtiger Baustein des KuBAaI-Projektes in Betrieb genommen. Mit dabei war für das Land Nordrhein-Westfalen, das den Umbau zu 50 Prozent gefördert hatte, der Staatssekretär im Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, Daniel Sieveke. Er vertrat die angekündigte, jedoch kurzfristig verhinderte Ministerin Scharrenbach, Die zum Teil aufwändigen Arbeiten hatten 20 Millionen Euro gekostet, vier Millionen mehr als ursprünglich geplant.
„Es ist einn großes und besonderes Gebäude mit viel Kultur- und Zeitgeschichte, auf das wir in Bocholt ganz besonders stolz sein dürfen“, meinte Bürgermeister Thomas Kerkhoff in seiner Festansprache vor rund 110 geladenen Gästen. Gratulationen des Landes überbrachte Staatssekretär Daniel Sieveke, Auf die Planungsgeschichte der LernWerkes ging der ehemalige Bocholter Stadtbaurat Ulrich Paßlick ein. Sein Nachfolger, Daniel Zöhler, der als Projektleiter für die Realisierung verantwortlich zeichnete, war heute nicht mit dabei. Nach Informationen aus politischen Kreisen war die feierliche Inbetriebnahme in dessen Urlaub gelegt worden.
Seine erste Bewährungsprobe muss das Lernwerk bereits morgen bestehen. Dann findet dort von 10 bis 14 Uhr erstmals eine Gesundheitsberufemesse statt. In den Osterferien ziehen die neuen Bewohner ein. Am 4. Mai schließlich ist ein „Tag der offenen Tür“ für die breite Öffentlichkeit geplant.
Auf insgesamt 6.000 Quadratmetern Geschossfläche ziehen Volkshochschule, Musikschule, Junge Uni und Kulturverwaltung ein. Zusätzlich finden die Lernwerkstatt des Kreises Borken mit ihrer Bibliothek, die deutsch-ausländischen Gesellschaften und der Integrationsrat eine neue Heimat. Das Nebengebäude steht dem Stadtmuseum und einem freien Kulturverein (KUKUG – Bocholter Kunst- und Kulturgemeinschaft) als Atelierfläche und Ausstellungs- und Veranstaltungsraum zur Verfügung.
Die 30 Räume der Musikschule sind akustisch isoliert. Zwei große Band- und ein Schlagzeugraum im dritten Obergeschoss ermöglichen akustisch getrennte Proben zu allen Zeiten. Dies erübrigt ständige Auf- und Abbaumaßnahmen und ermöglicht eine Nutzung in den Abendstunden und am Wochenende. Dazu gibt es einen eigener Kindermusical-Probenraum für zeitlich variablen und unabhängigeren Unterricht. Ein seperat gesicherter Raum ist für die Instrumentenaufbewahrung vorgesehen. Alles passet jedoch nicht hinein. Für die großen Orchesterensembles ist kein ausreichender Platz im LernWerk. Sie müssen vorerst weiter in der in der nahegelegenen Spinnerei des Textilwerks proben.
28 neu gestaltete und eingerichtete Kursräume bezieht die Volkshochschule. Dazu gehören fachspezifische Angebote wie zwei Computerräume, ein Raum für Werken (für „unsaubere Arbeiten“ wie zum Beispiel Töpfern oder Holzarbeiten), ein Raum für Malen/Zeichnen (ebenfalls mit speziellem Mobiliar) und eigener Entspannungsraum sowie eine Lernküche für Kochkurse.
Ein großer Veranstaltungssaal fasst 160 Personen zum Beispiel für Ausschusssitzungen, Konzerte, Vorträge, Diskussionsrunden, Proben und vieles mehr. Er ist mit einer großen Bühneund grundlegender Technik ausgestattet. Eine eine Trennwand in der Mitte ermöglicht parallele Veranstaltungen. Ein Nebengebäude des LernWerks steht der feien Kulturszene zur Verfügung. Dafür hat sich eigens der Verein KUKUG(Bocholter Kunst- und Kulturgemeinschaft) gegründet. Auch städtische Nutzungen(Ausstellung Stadtmuseum und mehr) sind möglich.
Zur Aa hin befinden sich im zweiten und dritten Obergeschoss Wartezonen. Geplant sind dort Infomonitore, die interessante Nachrichten und Veranstaltungshinweise zeigen. Im Foyer entsteht ein inklusives und integratives Café.
Zur Historie
– Spinnereigebäude gehört zusammen mit den angebauten Webereihallen (Shedhallen) entlang der Industriestraße zum Ursprung der einstigen Bocholter Textilindustrie Ende des 19. Jahrhunderts.
– Ankauf des Gebäudes durch die Familie Herding in den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts (Familie Herding hatte schon das Spinnereigebäude an der Industriestraße 3 errichtet – heute LWL-TextilWerk)
– Max Herding ist Gründer des Ursprungunternehmens; Familie Herding seit 1570 in Bocholt
Wegmarken bei Planung und Bau
– 2009 findet erste „Zukunftswerkstatt! mit allen Beteiligten zur Entwicklung des Kubaai-Stadtquartiers statt. Kürzel Kubaai = Kultur- und Bildungsstandort Aa und Industriestraße
– 2010 erster städtebaulicher Wettbewerb als Rahmenplan zur Entwicklung vom Kubaai. Im Rahmenplan wird erster Vorschlag zur Unterbringung der VHS und Musikschule in dem historischen Spinnereigebäude genannt.
– 2012 bietet Frau Hildegard Herding (Ehefrau des Textilunternehmers Klaus Herding) der Stadt das Gebäude zum Ankauf an – verbunden mit dem Wunsch, dass der Name Herding im öffentlichen Leben an dieser Stelle weiter Bestand hat.
– 2013 Ankauf des Grundstücks mit Gebäude durch Stad Bocholt (fun fact: Der Kauf war mit der Vereinbarung verbunden, dass zuvor die 50 cm dicke und 65 Tonnen schwere Mutterbodenschicht von der obersten Dachdecke entfernt werden sollte. Man erzählt sich, dass während des 2. Weltkriegs dort sogar Schafe geweidet haben.). Mit Kauf wird der Einstieg der Stadt Bocholt in die Kubaai-Quartiersentwicklung möglich.
– 2014 erhält das Kubaai-Projekt den A- Stempel der Regionale 2016 = Förderzusage & politischer Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Umsetzung des Kubaai-Projekts. LernWerk Herding ist die größte Teilmaßnahme im Kubaai -eine von 23 Einzelmaßnahmen.
– Projektsteuerung übernimmt zunächst die städtische Gebäudewirtschaft
– Im November 2015: Preisgerichtssitzung zum Architekturwettbewerb
– 2016 wird das Architekturbüro Architekturcantor Müller Schlütter ACMS mit der weiteren Planung beauftragt.
– Mitte 2019 übergibt die GWB die Projektsteuerung an die Stadtquartiere Bocholt (SQB).
– Mit dem Förderbescheid im Oktober 2019 und der entsprechenden Baugenehmigung kann Stadt in die endgültige Planung und den Bau des LernWerks einsteigen.
– Es folgt die Phase der Ausschreibung; über 40 Einzelgewerke wurden ausgeschrieben.