„Tag des Ehrenamts“ – als Anerkennung und zur Förderung von Engagement



Engagement im Musik- oder Sportverein, „Nachbarschaftshilfe“ für kranke und ältere Menschen helfen und vieles mehr: Das Ehrenamt hat verschiedenste Gesichter: In Deutschland engagieren sich mehr als 31 Millionen Menschen ehrenamtlich. Auch im Kreis Borken spiegelt sich dieses Bild wider: Mehr als 50 Prozent der über 16-Jährigen setzen sich in ihrer Freizeit für andere ein. Seit dem Jahr 1985 gibt es am 5. Dezember einen Aktionstag, den „Tag des Ehrenamts“, zur Anerkennung und Förderung des ehrenamtlichen Engagements.
Ein Beispiel ist die „Nachbarschaftshilfe“ für pflegebedürftigen Menschen, die der Kreis Borken kreisweit etablieren möchte. Nachbarn, Freunde, Bekannte oder ehrenamtlich Engagierte können im Rahmen der „Nachbarschaftshilfe“ Betreuungs- und Entlastungsleistungen anbieten und so die Pflegebedürftigen und deren Angehörige im Alltag unterstützen. Mehr als 14.000 pflegebedürftige Personen, die im Kreisgebiet zu Hause gepflegt werden, haben dabei einen Anspruch auf den monatlichen Entlastungsbetrag von 125 Euro von ihrer Pflegekasse. Mit dem Beitrag können Leistungen wie Haushaltshilfen, Unterstützung im Alltag, Freizeitaktivitäten wie Vorlesen, Karten spielen, Spazieren gehen oder ähnliches sowie die Begleitung beim Einkauf oder Arztbesuch bezahlt werden. Doch die Zahl der gewerblichen Anbieter für derartige Leistungen reicht im Kreisgebiet nicht aus, um den Versorgungsbedarf abzudecken. Der Kreis Borken hat die Problematik erkannt und sieht in der „Nachbarschaftshilfe“, die in der Verordnung für Angebote zur Unterstützung im Alltag (AnFöVO) geregelt ist, großes Potenzial, Menschen zu finden, die Pflegebedürftige im Alltag unterstützen möchten.
„Der Entlastungsbeitrag wird nur gewährt, wenn tatsächlich Leistungen in Anspruch genommen worden sind, die von einer qualifizierten Person erbracht wurden. Genau da liegt das Problem“, erklärt Christian Tewiele aus dem Fachbereich Soziales der Kreisverwaltung Borken. In einem Leitfaden sind nun die Rahmenbedingungen für die „Nachbarschaftshilfe“ zusammengefasst. Interessierte ohne ausreichende Kenntnisse können den neu entwickelten Kurs „Qualifizierung zur Nachbarschaftshilfe“ besuchen. „Ich bin froh, dass die AOK Nordwest den sechsstündigen Kurs anerkannt hat, sodass er im Kreis Borken kostenlos angeboten werden kann, egal bei welcher Pflegekasse die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer versichert sind“, freut sich Tewiele. Anders als die mehrtägigen Pflegekurse für Angehörige, die auch als Qualifizierung anerkannt werden, beinhaltet das neue Kurskonzept sechs Einheiten à 45 Minuten. „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden dennoch sehr gut vorbereitet, denn Pflege ist bei der Nachbarschaftshilfe explizit ausgeschlossen“, sagt Tewiele.
Die zu erfüllenden Voraussetzungen für Nachbarschaftshelferinnen oder -helfer sind überschaubar: Sie dürfen mit der pflegebedürftigen Person nicht bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert sein, nicht mit ihr in häuslicher Gemeinschaft leben und müssen eine geeignete Qualifizierung (also z.B. den sechsstündigen Kurs) haben. Zudem muss die Hilfe ehrenamtlich sein. Im Rahmen des Entlastungsbetrages der Pflegeversicherung kann eine Aufwandsentschädigung an die ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe gezahlt werden, die den Mindestlohn von aktuell 9,35 Euro pro Stunde (ab 1. Januar 2021: 9,50 Euro) nicht übersteigen sollte. Dieser Betrag ist für die Ehrenamtlichen steuerfrei. Ebenfalls ist eine einmalige Anerkennung bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person notwendig, indem die Qualifizierung vorgewiesen wird. Es darf nur eine Person betreut werden, ein Wechsel zwischen mehreren Personen ist nicht möglich. Sobald mehrere Pflegebedürftige betreut werden, ist dies nur auf Minijob-Basis möglich.
„Da es keine Alterbeschränkung für Nachbarschaftshelferinnen und -helfer gibt, sehe ich durchaus Potenzial, junge Menschen für soziale Berufe oder Pflegeberufe zu begeistern“, erläutert Kreisdirektor und Sozialdezernent Dr. Ansgar Hörster. „Sie haben die Möglichkeit, ihr Taschengeld aufzubessern und merken bestenfalls, dass der Kontakt mit pflegebedürftigen Menschen, egal ob jung oder alt, genau ihr Ding ist.“ Man könne sich daher vorstellen, künftig gemeinsam mit den Trägern vor Ort Projekte zu entwickeln, in denen gezielt Jugendliche für die „Nachbarschaftshilfe“ gewonnen und begleitet werden.
Neben den Anbietern von Pflegekursen im Kreis Borken waren das Seniorenbüro der Stadt Bocholt, die AOK Nordwest und das Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz Münster an der Konzeptentwicklung beteiligt. „Ich freue mich, dass sich alle Beteiligten sofort bereit erklärt haben, an dem Projekt mitzuwirken. Sie haben tagtäglich mit pflegebedürftigen Menschen zu tun, bieten teilweise selbst Betreuungs- und Entlastungsleistungen an und sehen, dass der Bedarf bei weitem nicht abgedeckt werden kann“, so Tewiele. Von Anfang an war klar, dass das Konzept nicht als Konkurrenz, sondern als sehr gute Ergänzung zum bestehenden Angebot gesehen werde.
Weitere Informationen zur „Nachbarschaftshilfe“ sowie einen Leitfaden mit wichtigen Informationen gibt es auf der Pflege-Internetseite des Kreises Borken unter www.pflege-im-kreis-borken.de/nachbarschaftshilfe. Gewerbliche Anbieter von Betreuungs- und Entlastungsleistungen sind auf www.pfaduia.nrw.de zu finden.
Folgende Institutionen bieten Kurse für die „Qualifizierung zur Nachbarschaftshilfe“ an:
– Caritas Bocholt, Ansprechpartnerin: Inge Bihn, Tel. 02871 25131203, E-Mail: Inge.bihn@caritas-bocholt.de
– Caritas Borken, Ansprechpartnerin: Claudia Grave, Tel. 02861 945810, E-Mail: cpg-pflegewerkstatt@caritas-borken.de
– DRK Borken, Ansprechpartnerin: Susanne Biallas, Tel. 02861 8029158, E-Mail: s.biallas@drkborken.de
– L-i-A e.V. Bocholt, Ansprechpartner: L-i-A Quartiersbüro, Tel. 02871 21765 66, E-Mail:
ahoffjann@l-i-a.de
– St. Antonius-Hospital Gronau GmbH, Ansprechpartnerin: Christiane Gerwing, Tel. 02565 9308 1317, E-Mail: gerwing@st-antonius-gronau.de
– Klinikum Westmünsterland, Ansprechpartnerin: Bärbel Tervoort, Tel. 02561 99 2099, E-Mail: baerbel.tervoort@kvwml.de
Aufgrund der aktuellen Corona-Situation können derzeit keine Kurse durchgeführt werden. Interessierte können sich trotzdem bereits jetzt an die Kursanbieter wenden, damit die Termine für 2021 entsprechend geplant werden können. Bis mindestens zum 31. März 2021 erhalten Nachbarschaftshelferinnen und -helfer auch ohne Qualifizierung die Anerkennung durch die Pflegekasse und können Pflegebedürftige auch in der aktuell schwierigen Zeit unter Einhaltung der aktuellen Hygienemaßnahmen unterstützen.

Das Foto von einem Teil der Mitglieder der AG AnFöVO entstand vor der Corona-Pandemie: v. li.: Kreisdirektor Dr. Ansgar Hörster, Claudia Grave (Caritas Borken), Bärbel Tervoort (St. Marien-Pflegedienst), Susanne Biallas (DRK Borken), Andrea Hoffjann (L-i-A Bocholt), Christine Gerwing (St. Antonius Gronau), Jutta Ehlting (Seniorenbüro Bocholt), Inge Bihn (Caritas Bocholt), Christian Tewiele (Kreis Borken)
www.presse-service.de/medienarchiv.aspx?medien_id=223801

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