Orgelkonzert in St. Georg – ein Glücksfall der besonderen Art

Drei Dinge braucht ein interessiertes Publikum für einen gelungenen Konzertabend: Eine Komposition, die sich lohnt, ein Instrumentarium, das dieser ebenbürtig ist und einen Interpreten, der beides zusammenführen kann. Einen Glücksfall der besonderen Art erlebten in diesem Sinne die Besucher des Orgelkonzertes am Sonntag, 17. Dezember in der St. Georg – Kirche.

Da ist zum einen das Werk: die siebte Sinfonie für Orgel von Charles Marie Widor, dem Grand Seigneur der französischen Musik der Romantik – ein Werk, in dem der Komponist immer wieder der Grenzen des kompositorisch und spieltechnisch Möglichen auslotet und hierbei auch Grenzen verschiebt, voll von hochvirtuosen Passagen, innigsten Melodien und dramatischen harmonischen Verflechtungen, die an Richard Wagner erinnern. Auch die Orgeln der damaligen Zeit kamen bei diesen Kompositionen an ihre Grenzen. Diese Sinfonie stellt an den Hörer durchaus ebenso hohe Anforderungen wie an den Ausführenden, und hier ist es absolut nötig, dass Instrumentarium und Interpret gut zusammenwirken können.

Zum anderen das Instrumentarium: Die große Orgel der St. Georg – Kirche mit ihren 53 Registern schien wie für diese Musik gemacht zu sein: Kräftige runde Grundstimmen, die vom äußersten pianissimo bis zum durchschlagenden fortissimo alle Facetten der Klänge tragen können, eine große Batterie an farbenreichen Zungenstimmen und Klangkronen, die ihren Namen auch verdienen. Die Orgel selbst trug auch wesentlich dazu bei, dass diese grandiose Sinfonie den Zuhörenden so viel Freude bereiten konnte. 

Und da ist schließlich der Interpret: Leo Schwär, der in Bocholt schon einige der Sinfonien Widors zu Gehör bringen konnte. Er beherrschte sowohl die hochvirtuosen Partien (wie die Lauf-Werke im letzten Satz) als auch die Tonkaskaden a la Chopin (im vierten Satz), die harmonischen Verflechtungen im „Lento“ und die lyrischen Passagen des dritten Satzes. Ebenso beherrschte er die Orgel: Durch seine Spielweise und die Kombination der Register und Manuale füllte er den gotische Kirchenraum der St. Georg – Kirche, und man fühlte sich – schloss man die Augen – in der Kirche St. Sulpice, dem Entstehungsort der Sinfonien Widors mit der damals größten Orgel der Welt. Und nicht nur das: Durch Schwärs Interpretation wurde es dem Publikum ermöglicht, den Aufbau der einzelnen Sätze hörend zu verstehen, den großen Überbau über alle sechs Sätze zu verfolgen und sowohl die kleinen als auch die großen Schönheiten im Werk zu genießen. 

Wie gesagt: Ein Glücksfall, wie es ihn nur selten gibt. Wohl dem der Zeuge dieses Konzertabends war. 

(WH)

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert