Wirtschaftsförderung setzt bei Gewerbegrundstücken auf „Renaissance“ der Erbpacht



Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Grundstücke sind knapp, extrem knapp. Dies gilt vor allem für Bauwillige, Landwirte und Unternehmen. Deshalb hat die Wirtschaftsförderung jetzt ein neues Konzept für die Vergabe von Gewerbe- und Industriegrundstücken in der Stadt Bocholt entwickelt. Ziel ist es künftig, die wertvollen Flächen vorrangig an Firmen mit wirtschaftlich besseren Aussichten zu vergeben, vorhandene Fläche dichter zu bebauen, Erweiterungsgelände zunächst gegen gebühr nur optional anzubieten statt gleich zu verkaufen und stärker auf das Instrument der Erbpacht zu setzen. Politisch beraten werden soll das 51-seitige Papier erstmals am Dienstag im Ausschuss für Wirtschaftsförderung und Tourismus. Die Grünen haben bereits jetzt um Vertagung gebeten. Sie bemängeln, dass die Zeit für eine fraktionsinterne Durchsicht, Bearbeitung und Diskussion zu knapp war.

Vor allem die „Renaissance“ der Erbpacht fällt ins Auge. Sie erlaubt es der Stadt, das Eigentum an Grundstücken für 50 oder 100 Jahre an Unternehmen zu übertragen, ohne es gänzlich zu verlieren. Dadurch wird verhindert, das im Falle eine Fortzuges oder einer Insolvenz mit der Fläche spekuliert werden kann. Auch kann die Kommune die Gelände langfristig mehrfach verwerten. Weiterhin soll es auch Externen wie Landwirte ermöglicht werden, Flächen Unternehmen in Erbpacht zur Verfügung zu stellen. Nachteil für die Stadt: Sie bekommt zunächst deutlich weniger Geld in die Kasse als bei einem Verkauf, was vor allem in Zeit von coronabedingter Finanzknappheit weh tut.

Die geplante Erbpachtregelung stößt denn auch auf Kritik der Grünen. Sie plädieren dafür, dass ausschließlich die Stadt solche Geschäfte machen kann. Außerdem kommen ihnen ökologische und soziale Bewertungs-Aspekte bei der Neuvergabe von Grundstücken zu kurz.

Umstritten ist auch die so genannte Optionsregelung. Die soll es Firmen künftig ermöglichen, benachbarte, für eine Erweiterung des Unternehmens eventuell benötigte Flächen gegen eine Gebühr zu reservieren statt sie gleich zu kaufen. Das schone die Liquidität der Unternehmen, meint die Wirtschaftsförderung. Anderseits wird die vorher bezahlte Reservierungsgebühr bei einem späteren Kauf nur anteilmäßig angerechnet, was die Sache später wieder teurer machen. Zudem gehen Unternehmen, was solche Rahmenbedingungen betrifft, meist lieber auch Nummer sicher.

Insgesamt dürfte das Papier noch jede Menge Diskussionsbedarf auslösen. Vor allem auf die Reaktionen von Industrieverbänden, Kammern und Unternehmen darf man gespannt sein.

Foto: Wirtschaftsförderung Bocholt/Bocholt.de <bocholt.de/>

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