Professor plant Zukunft der Kirmes nach Corona



Die letzten zwei Sommer hatten die Kirmes- und Volksfestveranstaltungen in Bocholt und im ganzen Kreis Borken wegen der Corona-Epidemie im Wesentlichen Pause. Anlass für Prof. Dr. Jürgen Schwark, Marktforscher für Stadt- und Regionalmarketing an der Hochschulabteilung Bocholt, eine wissenschaftliche Inventur der Feste anzulegen und Empfehlungen für die Zukunft nach Corona zu entwickeln.

Gemeinsam mit den Studierenden Sultan Dagdelen, Kaya Kristina Fok, Robin Kodera, Lea Niehaus, Sarah el-Outa und Sabrina Preisendanz befragte er telefonisch die Ordnungsamtsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen sowie die Marktmeister und Marktmeisterinnen aller Gemeinden im Kreis Borken zu ihren Volksfesten. Erfragt wurde Organisatorisches wie die Bereitstellung etwa von Strom, Wasser, Sicherheitspersonal und Besucherverkehrssteuerung, aber auch Finanzielles, was Schwark zu Einnahmemöglichkeiten für die Anbieter/Beschicker verdichtete. Schwark: „Im unteren Einnahmebereich können lediglich bis zu 1000 Euro am Tag in die Kasse der Beschicker kommen. Das gilt etwa für kleinere Feste wie Schützenfeste, die am Rande auch eine kleine Familienkirmes mit Kinderfahrgeschäften bieten.“ Von dem, was Anbieter und Schausteller auf dem Oktoberfest in München mit bis zu 15.000 Euro am Tag einnehmen, können die Anbieter im Kreis Borken wohl nur träumen. Der Spitzenreiter hier ist die Bocholter Kirmes mit immerhin 10.000 Euro am Tag bei einer Gesamtbesucherzahl von rund einer halben Million Gästen.

Das Münchener Oktoberfest sieht Schwark trotzdem nicht als erstrebenswertes Vorbild und spricht gar von der „Bajuwarisierung des Nordens“ in Deutschland: „Wenn das zu sehr um sich greift, entspricht es zwar vielleicht dem Wunsch vieler Besucher und Besucherinnen, das bayerische Bierzelt in den Heimatkreis zu holen, aber es bedeutet auch eine starke Konkurrenz für regional geprägte Anlässe wie Bauernmärkte oder Schützenfeste. Hier sollte man eine gesunde Mischung finden, damit der lokale und regionale Charme des Münsterlandes nicht verdrängt wird.“
Für die Zukunft erwartet Schwark eher eine Konzentration auf weniger, aber attraktiv große Kirmesereignisse. Seit der Jahrtausendwende hätte sich in Deutschland bereits rund jedes fünfte Kirmes- und Volksfestangebot dauerhaft verabschiedet. Wie stark die Corona-Epidemie das beschleunigt, werde abzuwarten sein, hänge aber stark von den Einkommensmöglichkeiten für Schausteller ab, die sonst für so manches Ereignis nicht mehr zu begeistern sind, weil es sich ökonomisch nicht rechne.

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