Schulische Integrationshelfer begleiten Kinder mit Behinderung auf ihrem Bildungsweg



Tülay Sahin weiß, wovon sie spricht. Zehn Jahre lang hat die Bocholterin Kinder mit Behinderungen Tag für Tag im Unterricht begleitet, hat sieunterstützt, vermittelt, gefördert und bei den Hausaufgaben geholfen. Ihre Bilanz: „Dieser Job gibt nicht nur den Kindern, sondern vor allem einem selbst so viel, weil er so sinnbehaftet ist“. Inzwischen leitet Tülay Sahin den schulischen Integrationsdienst im Caritasverband für das Dekanat Bocholt und ist dort Ansprechpartnerin für ein 80-köpfiges Team.
Die Einbindung körperlich und geistig behinderter oder von einer Verhaltensauffälligkeit betroffener Menschen in den Schulalltag gesunder Mädchen und Jungen geht auf die 1994 verabschiedete Salamanca-Erklärung der UNESCO, der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation, zurück . Was mühsam begann und sich nur langsam durchsetzte, gehört in Deutschland inzwischen zum Alltag. Möglich machen es unter anderem so genannte Integrations- oder Inklusionsbegleiterinnen und -begleiter. Sie gehen oft über Jahre gemeinsam mit ihren Schützlingen in den Unterricht und helfen, wo immer es geht. „Damit erleichtern wir auch den Lehrerinnen und Lehrern die Arbeit, die für solch eine intensive, aber notwendige Betreuung einfach keine Zeit haben“, erklärt Tülay Sahin. Die Einsätze führen die Integrationshilfen an alle Schulformen und in alle Jahrgangsstufen.
„Der Hilfebedarf ist da ganz unterschiedlich. Bei der Begleitung eines körperbehinderten Kindes an der Realschule müssen wir anders unterstützen als bei einem psychisch behinderten Kind oder einem Kind mit Mehrfachbehinderungen, das an einer Förderschule beschult wird“, schildert Tülay Sahin die Vielfalt der Einsätze. Häufig erlebt sie, dass Menschen vorranging an geistig normalbegabte Kinder im Rollstuhl oder schwerst-mehrfach behinderte Kinder in Förderschulen denken, wenn sie sich die Arbeit von Integrationshilfen vorstellen. „Die Realität ist aber viel komplexer. Vielen Kindern, die wir begleiten, sieht man ihr Handicap nicht auf den ersten Blick an. Genauso wenig wie man anderen Kindern ihre Talente oder Herausforderungen ansehen kann“, betont Tülay Sahin. Denn gerade der wertschätzende Blick auf die individuellen Stärken und Hilfebedarfe eines jeden Kindes macht die Arbeit für sie aus.

Besondere Fähigkeiten müssen angehende Integrationshelfer in der Regel nicht mitbringen. Mehr als Zeugnisse oder ein Studium sind Einfühlsamkeit und Menschlichkeit gefragt. „Natürlich werden die Kolleginnen und Kollegen von uns vorher geschult und auch ständig begleitet“, erläutert die Ansprechpartnerin. Weil der individuelle Hilfegrad bei jedem Kind anders ist, achtet Tülay Sahin sehr darauf, dass jedes Kind die passende Integrationshilfe bekommt. Die Kinder und ihre Eltern profitieren außerdem davon, dass sich direkt neben Tülay Sahins Büro weitere Dienste der Caritas befinden. „Gerade mit der Teilhabeberatung können wir schnell weiterhelfen – sei es bei Anträgen oder einfach mit einem offenen Ohr für die individuellen Probleme“, weiß die Koordinatorin. Gibt es Probleme, kann parallel das im Caritaszentrum am Nordwall gebündelte, breite Spektrum an Beratungsdiensten und Hilfsangeboten genutzt werden.

Mit der Zeit hat Tülay Sahin eine spürbare Akzeptanzsteigerung für die Integration und Inklusion festgestellt. „Zu Beginn gab es vor allem an den weiterführenden Schulen oft noch das Vorurteil die gesunden Kinder würden ausgebremst. Aber inzwischen erhalten wir immer öfter die Rückmeldung, dass Rücksichtnahme und Verständnis die Sozialkompetenz aller Kinder fördert. Und das ist gerade in einer Leistungsgesellschaft wie der unseren wichtig“, meint die Leiterin des Integrationsdienstes. Und weil steigende Akzeptanz auch zu mehr Bedarf an schulischer Begleitung führt, freut sich Tülay Sahin auf alle, die sich in diesem Bereich beruflich einbringen möchten.



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