„Science meets Business“ – rund um die Chancen einer nachhaltigen Wirtschaft



Nachhaltigkeit – inflationär verwendetes Modewort oder die Chance für die regionale Wirtschaft auf Wachstum und Fachkräfte? In diesem Spannungsfeld diskutierten Professorinnen und Professoren der Westfälischen Hochschule (WH) mit Unternehmerinnen und Unternehmen beim Netzwerk-Event „Science meets Business“. Auf Einladung der Fördergesellschaft Westmünsterland für die Hochschule in Bocholt und Ahaus kamen dazu 70 Interessierte im Hörsaal 1 der Westfälischen Hochschule in Bocholt zusammen.

Von drei Blickwinkeln aus wurde das Thema Nachhaltigkeit beleuchtet: Aus dem NRW-Umweltministerium schilderte Peter Hettlich aus dem NRW-Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, ehemaliger Bundestagsabgeordneter für die Grünen und von Haus aus Landwirt, die politische Sicht, aus der Wirtschaft Carsten Sühling, Geschäftsführer der Spaleck GmbH & Co. KG, und aus der Wissenschaft Prof. Dr. Andreas Besse, der den neuen Studiengang „Sustainable Engineering and Management“ für den Start an der WH im nächsten Herbst plant. Alle drei nahmen sich die drei Fassetten der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – vor. Hettlich machte das am Beispiel der Landwirtschaft deutlich: „Umweltfreundlich bedeutet eben nicht gleich wirtschaftlich oder sozial“, hebt er insbesondere die möglichen Zielkonflikte in der Nachhaltigkeit hervor, die es zu lösen gelte.

Als vorbildliches Beispiel aus der Region darf Spaleck gelten: Der Maschinenbauer hat sich über Jahrzehnte bei Produkten und Prozessen mit dem Fokus Nachhaltigkeit aufgestellt. Sühlings erstes Credo lautete „Wir stellen Produkte her, die Mensch und Umwelt nützen“, etwa im Bereich Recycling, Abwasseraufbereitung, Bahn, Windkraft oder Wasserstoff. „Und wir wollen erreichen, dass unsere Fachkräfte stolz sind, hier Mitarbeiter zu sein.“ Dazu gehöre etwa, gemeinsam Prozesse zu optimieren, um Energie und Ressourcen zu sparen, oder Verbesserungen aktiv anzustoßen und mitzugestalten, Stichworte sind Photovoltaik, LED, Biodiversität oder Naturschutz. Der Geschäftsführer resümierte: „Nachhaltigkeit ist kein Risiko für die Unternehmen, sondern eine große Chance. Ich bin überzeugt, dass eine nachhaltige Unternehmensführung klare Wettbewerbsvorteile bringt – bei der Akzeptanz, bei der Innovation und in den Märkten.“

Sühling und viele weitere Unternehmerinnen und Unternehmer waren auch die Impulsgeber für den neuen Bachelor-Studiengang „Sustainable Engineering and Management“, der „Wirtschaftsingenieurwesen nachhaltig gedacht“ im Fokus hat. „Ich bin absolut beeindruckt, wie hier in Bocholt aus der Industrie die Bedarfe genannt und die Themen zu uns rückgekoppelt werden. Hier greifen wirklich Wirtschaft, Wissenschaft und Fördergesellschaft total gut ineinander“, freute sich Besse, der seit dem Frühjahr an der WH tätig ist und den neuen Studiengang leitet. Die künftigen Fachkräfte beschäftigen sich in den sechs Bachelor-Semestern mit den Wirtschaftsingenieur-Grundlagen, dem nachhaltigen Management sowie der praktischen Umsetzung. Ulrich Grunewald, Vorsitzender der Fördergesellschaft, betont, wie gefragt die Absolventinnen und Absolventen sein werden: „Sie wissen, wie man die rechtlichen und normativen Anforderungen in unseren Firmen umsetzt, wie man eine Öko-Bilanz aufsetzt, welche Methoden und Prozesse in der strategischen Führung nötig sind. Genau diese Fachkräfte brauchen wir.“

Vor „Science meets Business“ fand die Mitgliederversammlung der Fördergesellschaft statt. Erfreulich entwickelten sich die Mitgliederzahlen auf 228, wie Grunewald berichtete: Fünf neue Firmen und drei Privatleute traten bei. Ihre Mitgliedsbeiträge und das vorhandene Vermögen wurden, der Corona-Pandemie geschuldet, 2021 nicht vollständig ausgeschüttet, „weil etwa Auslandsaufenthalte von Studierenden oder Veranstaltungen am Campus ausfielen“, so Grunewald. 2022 sähe dies aber anders aus: Das große Campus-Sommerfest zum 30. Geburtstag der WH etwa wurde mit 15.000 Euro bezuschusst, ebenso wie mit 20.000 Euro ein neues Atrium direkt am Wasser, wo nun Vorlesungen im Freien und Veranstaltungen stattfinden können. Hinzu kommen nennenswerte vierstellige Beträge z. B. für Deutschlandstipendien, die Junge Uni Bocholt, den Lorenz-Weegen-Preis und eine Stiftungsprofessur. „Insgesamt haben wir in den beiden Jahren rund 240.000 Euro an Studierende und die Hochschule ausgeschüttet. Das ist ein toller Beitrag, um die Fachkräfte von morgen für unsere Region und die hiesigen Unternehmen zu begeistern“, resümierte Sven Wolf von der IHK, Geschäftsführer der Fördergesellschaft.

Über die Fördergesellschaft Westmünsterland der Hochschule in Bocholt/Ahaus e. V.

Rund 230 Mitglieder – Kommunen, Unternehmen, Privatleute und Professoren – engagieren sich in der Fördergesellschaft für die Westfälische Hochschule (WH). 1990 gegründet setzt sich die Fördergesellschaft als Ziele, jungen Leuten in der Region eine qualifizierte Ausbildung zu bieten, Nachwuchskräfte zum Studieren, Bleiben und Arbeiten hierherzulocken und Wirtschaft und Wissenschaft zwecks Wissenstransfer miteinander zu verknüpfen. Jährlich werden aktuell über 100.000 Euro ausgeschüttet, z. B. für Stiftungsprofessuren, Ausstattung, Auslandssemester, Auszeichnungen und Veranstaltungen. Auch die „Junge Uni“ in Bocholt wird finanziell gefördert. Mit Blick auf die mittelständische, Industrie-lastige Wirtschaft im Westmünsterland liegt ein Fokus auf MINT-Fächern wie auch auf Betriebswirtschaft. Am WH-Campus Bocholt sind knapp 2.000 Studierende eingeschrieben. Neue Mitglieder sind herzlich willkommen.

Bild: Sieht Nachhaltigkeit als große Chance für die regionale Wirtschaft: Carsten Sühling, Geschäftsführer der Spaleck GmbH & Co. KG aus Bocholt und Vorsitzender des Regionalausschusses für den Kreis Borken der IHK Nord Westfalen.

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