Serie 36,5 Grad: Hermann Göring hat sich mit diesem Namen einen guten Namen gemacht



Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Manchmal kann schon der Geburtsname eine schwere Bürde sein. Erst Recht, wenn man wie einer der führenden deutschen Nationalsozialisten und Kriegsverbrecher Hermann Göring heißt. Hermann Göring aus Bocholt lächelt. „Für mich selbst war das eigentlich nie ein Problem“, erklärt er. Im Gegenteil: „Diesen Namen konnten sich einfach alle merken. Den hat so schnell keiner vergessen“, meint der ehemalige Textilhändler. Heute ist der 80-Jährige erfolgreiche Vertriebsrepräsentant des bekannten Brühler Künstlers Andreas Noßmann. Und auch in der Kulturszene hat sich Hermann Göring mit seinem Namen und trotz seines Namens einen guten Namen gemacht.

Wer wie der Bocholter bei Kriegsausbruch drei Jahre alt war, steht außer Verdacht, selbst ein aktiver Nazi gewesen zu sein. Auch die Namenswahl seiner Eltern hatte rein gar nichts mit Politik zu tun. „Mein Großvater hieß Hermann und mein Urgroßvater auch. Und zur damaligen Zeit war es nun mal üblich, einen Jungen nach dem Opa zu nennen“, meint Hermann Göring, Und schon hatte er seinen historisch belasteten Namen weg.

Schwierigkeiten hat ihm das nach eigenen Angaben nie bereitet. Im Gegenteil: Hermann Göring blickt auf zahlreiche Anekdoten zurück. So salutierte einmal während seiner Bundeswehrzeit ein General augenzwinkernd vor dem Gefreiten Göring – und beiden grinsten sich dabei an. Ein anderes Mal fühlten sich zwei Polizisten mächtig auf den Arm genommen, als sie bei einer Verkehrskontrolle den Ausweis des Bocholters in die Finger bekamen. Hermann Göring grüßt einen der beiden nach eigenen Angaben heute noch freundlich, wenn er ihn in der Bocholter City trifft.

Einzig in der Phase, in der er als Vertriebler einen neuen Kollegen einarbeiten musste, der tatsächlich Joseph Goebbels hieß, wurde es ein wenig haarig. Sich als Göring und Goebbels in ein Hotel einzubuchen oder bei einem Unternehmen vorzustellen bescherte den beiden so manch ungläubiges Kopfschütteln oder gar böse Blicke.

Aber das waren und sind Ausnahmen. Hermann Göring besitzt das Talent, mit einer spürbaren Portion Selbstbewusstsein und seiner offenen Art auf Menschen zuzugehen. Das macht es dem Gegenüber leicht, über den seltsamen Namen hinwegzuschauen. Und plötzlich spielt dieser überhaupt keine Rolle mehr und Wichtigeres rückt in den Vordergrund.  Hermann Göring selbst spricht denn auch lieber über Malerei, über seine Begeisterung für die Werke von Andreas Noßmann, über dessen Talent und „unglaubliche Kreativität“. Dabei kam der Bocholter eher zufällig zur Kunst. Gemeinsam mit seiner Frau suchte er ein paar Bilder für eine neue Wohnung. Er stieß auch Zeichnungen, Grafiken und Stillleben des gebürtigen Hildeners. „Für mich war gleich klar: das ist es!“, berichtet der 80-Jährige.

Er wollte mehr über den Künstler erfahren, besuchte diesen zu Hause in seinem Atelier, nahm ein paar Werke mit nach Bocholt und verkauft sie innerhalb kürzester Zeit. Das wiederholte sich. Heute sind der Künstler und sein Vermarkter Freunde. Zuletzt trafen sie sich bei einer Vernissage im so genannten „Kemminghaus“ an der Nordstraße 18 in Bocholt. Dort haben Hermann Göring und Peter Koenen bis Ende Mai auf eine 230 Quadratmetern eine Ausstellung mit Bildern lokaler, internationaler und prominenter Künstler eröffnet. Dort finden sich neben Werken von Noßmann solche von Jens Henning, James Rizzi, Günter Grass, W. Schlote, Claus Schenk, Fritz Brauwers, Paul Thierry, Michel Friess, Otto Waalkes, Udo Lindenberg und Armin Mueller-Stahl. Alles ebenfalls gute Namen.

Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN

 

Hermann Göring, gezeichnet von seinem Freund Andreas Noßmann

Hermann Göring, gezeichnet von seinem Freund Andreas Noßmann

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