Stadtgeschichte: Kirmes in Bocholt – vor 65 Jahren



Bocholt (PID). Oktoberzeit ist Kirmeszeit – zumindest in der Bocholter Tradition. „Weil das Volksfest 2020 angesichts der Gesundheitskrise ausfallen muss, soll zumindest Rückschau auf eine Kirmes aus früherer Zeit gehalten werden“, so Bocholts Stadtarchivar Wolfgang Tembrink. Er hat deshalb ein Kirmesmotiv aus dem Jahre 1955 herausgesucht.
Jedes Jahr aufs Neue verwandelt sich die Innenstadt vier Tage lang zu einem großen Rummelplatz mit allerlei Karussells und Fahrgeschäften, Losbuden und Glücksspielwagen, Partyzelten sowie Bier- und Imbissständen. Wochenlang erarbeiten die verantwortlichen Planer ein Konzept, bis dann zu Beginn des Herbstmonats die ersten Kirmeswagen anrollen, die Aufbauten beginnen und die Spannung und Vorfreude bei Jung und Alt allmählich steigt. Nicht so in diesem Jahr. Wegen der weltweiten Pandemie muss das Volksfest in diesem Jahr ausfallen.
20 Pfennige für die Fahrt mit dem Riesenrad
In den letzten Jahren zeigte sich die Kirmes durchaus von einer gewissen Beständigkeit und Kontinuität, was vor 65 Jahren – unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse – nur wenig anders war. Die Schausteller bauten ihre Geschäfte vor allem zwischen Gasthausplatz, Markt, Ravardi- und Meckenemstraße sowie auf dem großen Sportplatz an der Aa (heute Berliner Platz) auf.
1955 erlebte die Kirmes ihre bis dahin größte Ausdehnung, als man auch die Nobelstraße in das Geschehen mit einbezog. Das Gelände an der Meckenemstraße bot Platz für die größeren Fahrgeschäfte wie den wendigen „Skootern“, dem beschaulichen Salon-Karussell, den auf- und absteigenden Hubschraubern, dem traditionellen Kettenkarussell und der rasenden Achterbahn. Inmitten des Trubels erhob sich „Bruch’s Riesenrad“ mit zwölf Gondeln, in denen jeweils vier Personen Platz fanden. 20 Pfennige kostete damals eine Vergnügungstour im Riesenrad.
Das Foto, das am frühen Abend des 16. Oktober 1955 entstand, zeigt die großen und kleinen Kirmesbesucher, die angetan vor den Karussells stehen, an den Fahrgeschäften vorbeiziehen, Interessantes entdecken und mitunter gar nicht wissen, wohin sie zuerst und zuletzt sehen sollen. Der Wettergott schien ein Einsehen gehabt zu haben. Es herrschte eine herbstlich-kühle Witterung, und der Regen blieb den vielen Besuchern aus Nah und Fern offenbar erspart.
Gaukler, Bänkelsänger, Moppenverkäufer
Die Kirmestage der Wirtschaftswunderjahre veranlassten die Presseberichterstattung damals auch zur Rückschau auf vergangene Zeiten, in welcher der Unterschied zwischen dem Früher und den gegenwärtigen Verhältnissen schon recht deutlich wurde. So sind der Nachwelt viele Berichte von der „Bokeltsen Karmis Anno dazumal“ überliefert, etwa aus der Zeit um 1900, als die Gaukler, Bänkelsänger, Moppenverkäufer und Phonographenspieler recht zahlreich, die Photographen in Bocholt aber leider rar waren.

Foto: Stadtarchiv Kirmes 1955 (Copyright: Stadtarchiv Bocholt)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert