Stadtgeschichte: Klara Möllmann sah die Verbrechen der Nazis in Bocholt



Bocholt (PID) . Anlässlich des Gedenktages der Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) berichtet der Arbeitskreis Synagogenlandschaften der VHS über die Bocholterin Klara Möllmann.
Klara Möllmann, die bei der Katholischen Arbeiterbewegung (so hieß die KAB noch 1935) arbeitete, wusste sich an viele Ereignisse in der NS-Zeit zu erinnern. Besonders prägten sich ihr Beobachtungen im Sommer 1942 in der Schwartzstraße ein: „Dann sahen wir aus einem schmalen Haus ältere Leute eine hohe Treppe herunterkommen. Sie hatten auf ihren Mänteln einen gelben Stern, auf dem ‚Jude‘ stand. Und nachher sah man sie gar nicht mehr. Da dachte ich: Wo sind die denn? Später hörte ich, dass sie weggebracht worden waren. Man hatte ihnen vorgemacht, daß sie irgendwohin kämen, wo sie sicher wären. Wie diese ‚Sicherheit‘ aussah, hörten wir erst später.“
Am 27. Juli 1942 wurden acht Bocholter jüdischen Glaubens aus dem Haus Schwartzstraße 14 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und dort bzw. in den Vernichtungslagern Auschwitz und Maly Trostinez bei Minsk ermordet.
Verhaftung von Josef Jakob
Klara Möllmann war bereits sieben Jahre zuvor in die Verfolgungsmaschinerie der Nazis geraten. Die damals 22-jährige Angestellte im KAB-Büro erlebte die zweite Verhaftung des Bocholter Arbeitersekretärs Josef Jakob am 11. Juli 1935 mit. Sie erinnerte sich: „Gegen acht Uhr kam Josef Jakob und erzählte kurz von seiner vorübergehenden Festnahme in der Nacht. Etwa eine Stunde später kamen zwei Gestapo-Beamte und verhafteten ihn. Danach forderte man mich im barschen Ton auf, alle Unterlagen vorzulegen; es habe jetzt ein Ende mit dem hochverräterischen Treiben der Arbeitervereine. Man verlangte von mir das ganze Verbrechermaterial. […]
Brisante Unterlagen versteckt
Als einer begann, in den Akten zu lesen, konnte ich unbemerkt in den Nebenraum gehen. Ich nahm brisante Unterlagen, die die Gestapo nicht finden durfte, aus dem Panzerschrank, Briefe, die Jakob und sicher auch mich in den Augen der Nazis schwer belasten würden, steckte ich unter meinen Rock. Als ich dann zurück ins Büro kam, sah ich, wie die Gestapo-Beamten begannen, Akten und Einrichtungsgegenstände zu beschlagnahmen.
Obwohl ich Angst hatte, packte mich großer Zorn: Ich herrschte den Gestapo-Mann an: Was er mit meinem Gebetbuch wollte, ob er beten wolle? Dies wies er entrüstet zurück und so bekamen wir nicht nur das Gebetbuch, sondern auch das Schallplattengerät und einige Bilder zurück. Dann musste ich das Büro verlassen, das durch die Gestapo verschlossen wurde, die den Schlüssel an sich nahm.“
Zwei Monate später wurde die KAB im Regierungsbezirk Münster verboten. Klara Möllmann wurde dadurch arbeitslos und immer wieder Gestapo-Verhören ausgesetzt. Sie starb 2004 in Bocholt.
Theresienstadt-Ausstellung im Herbst
Die Ausstellung des VHS-Arbeitskreises Synagogenlandschaften zur Deportation von acht Bocholtern jüdischen Glaubens nach Theresienstadt am 27. Juli 1942, die ab dem 27. Januar geplant war, kann erst im Herbst gezeigt werden.

Foto: Bärbel Möllmann

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