Streit um neuartiges Kybernetik-Modell im Rathaus geht wohl vor Gericht



Verwaltung informiert Bürger über die RathaussanierungVon BERTHOLD BLESENKEMPER

Fast ein Jahr hat die Stadt bei der Rathaussanierung verloren, weil sie sich von dem mit der Planung der Technischen Gebäudeausstattung beauftragten Ingenieurbüro getrennt hatte (wir berichteten). Inzwischen hat man aber offenbar einen Nachfolger gefunden. Am Mittwoch beauftragte der Haupt- und Finanzausschuss nach Informationen von Made in Bocholt in nichtöffentlicher Sitzung eine andere Gesellschaft. Die braucht jetzt noch ein paar Monate, um zunächst vor allem die Kosten für Heizung und Lüftung zu ermitteln. Erst danach stehen die Gesamtkosten des Projektes endgültig fest.

Es geht um vor allem um das neuartige Kybernetik-Modell. Das funktioniert wie folgt. Vor die jetzige Fassade wird eine zusätzliche Glasfront gesetzt. Zwischen den beiden zirkuliert die durch die Sonne aufgeheizte Luft von unten nach oben und sorgt danach innerhalb des Gebäudes sozusagen von selbst für einen kreislaufartigen Austausch. Bis zu 80 Prozent Kohlendioxid und jede Menge Heizkosten will die Verwaltung auf diese Weise einsparen. Das Problem: Im Sommer wird es zwischen den Glasfronten derartig  heiß, dass die äußere Seite beschattet werden muss. Andernfalls würde die Hitze im Rathaus unerträglich werden. Zudem müssen wohl  Fenster geschlossen bleiben, um den Luftstrom nicht abreißen zu lassen und die Säulen abisoliert werden, um einen Kältebrücke zu verhindern. Die Kybernetik ist zudem teuer. Sieben Millionen sind dafür eingeplant.

Und es gibt Bedenken. Der Geschäftsführer der Fuchs Planungsgesellschaft mbH & Co. KG in Siegen, Marcel Fuchs, zumindest glaubt nicht, dass das alles so funktioniert. Der Experte hatte die erste TGA-Planung für das Rathaus gemacht und ist überzeugt, dass die Luftzirkulation im Gebäude zeitweise durch mechanische Anlagen wie Pumpen und Gebläse unterstützt werden muss. Das aber würde die Sache seiner Einschätzung nach fast doppelt so teuer machen. Grund genug für Fuchs, beim Bauherrn Bedenken anzumelden. Die Stadt hingegen blieb bei ihrem Standpunkt. Schließlich trennte man sich. Jetzt ziehen beide Seiten wohl vor Gericht. Der Planer will die entgangenen Leistungen einklagen, die Stadt wiederum die Mehrausgaben durch die monatelangen Verzögerungen.

Derweil läuft die Zeit davon. Drei Jahre nach dem Sanierungsbeschluss des Rates liegen – trotz der gestern veröffentlichen 56,27 Million Euro – noch immer nicht exakte Kosten und Pläne vor. Endgültig wird man wohl erst fast zwei Jahre nach dem Auszug der Verwaltung entscheiden können. Die Fertigstellung ist jetzt für Sommer 2023 geplant – wenn alles gutgeht…

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