Tote Hose in toten Winkeln – oder wie sich die Verwaltung Arbeit vom Hals hält
Von BERTHOLD BLESENKEMPER
Manchmal kann Sprache so wunderbar entlarvend sein. Wie beispielsweise in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Planung und Bau. Es ging um so genannte Tote-Winkel-Spiegel, für die sich die Stadtpartei, allen voran Fahrlehrer und Verkehrsexperte Michael Nyenhuis stark macht. Die Spiegel sollen an gefährlichen Kreuzungen und Einmündungen für mehr Sicherheit beim Abbiegen insbesondere von Lkw sorgen. Mehrfach war es in den vergangenen Jahren in Bocholt nämlich dabei schon zu tödlichen Unfällen gekommen.
Die Stadtverwaltung war nun vom Rat ganz offiziell beauftragt worden, potenzielle Standorte für derartige Tote-Winkel-Spiegel vorzuschlagen. Über diese Vorschläge sollte dann im Ausschuss beraten werden. Doch im Rathaus hatte man offenbar null Bock. Bei besagten Spiegeln gebe es weder Vor- noch Nachteile, hieß es und die Verwaltung ergänzte, dass sie daher keinen Handlungsbedarf sehe. Und deshalb hatte man im Rathaus ganz offenbar den klar formulierten politischen Auftrag schlichtweg ignoriert und einfach nix gemacht. Aber, so das vermeintlich versöhnliche, eigentlich aber eher unverschämte Angebot aus dem Fachbereich, die Politik könne ja gerne von sich aus Vorschläge machen und dann werde man diese verwaltungsseitig wohlwollend prüfen. So geht’s auch!
Nun allerdings wurden einige Volksvertreter stutzig. „Seit neun Jahren höre ich von der Verwaltung, Spiegel im Straßenverkehr seien gar nicht zulässig“, meinte Bernhard Lübberdink. Umso erstaunter sei er nun, dass sie offensichtlich doch aufgehängt werden dürften, so der CDU-Vertreter weiter. Antwort von Schliesing: „Für uns sind sie NICHT zulässig!“. Merke: Wenn ich nicht will, dass ich was tue, dann lass ich es einfach nicht zu! Basta! Und so herrschte in Bocholt über Jahre in toten Winkeln tote Hose.
Nur gut, dass wenigstens ab und zu Politik nachhakt und Aussagen aus dem Rathaus einfach mal in Frage stellt. Nur deshalb wird es demnächst in Bocholt wohl doch an einigen gefährlichen Ecken und Kreuzungen zusätzliche Spiegel geben. Und das ist gut so. Denn selbst wenn es dadurch nur ein einziges Verkehrsopfer weniger geben sollte, hat sich die Sache schon gelohnt. Ein erster Sponsor ist auch schon gefunden. Die Stadtpartei, so erklärte Michael Nyenhuis unter dem Beifall seiner Kolleginnen und Kollegen, werde die Kosten für die ersten beiden Spiegel übernehmen. Lokalpolitik kann manchmal so einfach sein…