Viel Lärm um (fast) nichts!



So könnten die Tote-Winkel-Spiegel auch in Bocholt aussehen. Fotomontage: Bölting/Blesenkemper

Eine Glosse von Berthold Blesenkemper

In Holland kennt sie jeder. Tote-Winkel-Spiegel findet man dort an unzähligen Verkehrsampeln. In Münster werden sie dank eines Sponsorings demnächst ebenfalls an vielen Stellen montiert, um vor allem Radfahrer und Fußgänger vor abbiegenden Lkw zu schützen. „Gute Idee“, dachte sich die Stadtpartei und forderte Ähnliches auch für Bocholt. Doch die Politiker machten einmal mehr den Fehler, ihren Willen nicht klar zu formulieren. Sie verpackten ihn stattdessen in verklausulierte Höflichkeitsfloskeln wie „man möge doch verwaltungsseitig bitte prüfen ob möglicherweise eventuell doch oder auch nicht“.

Es kam, was kommen musste. Der Fachbereich Verkehr im Rathaus, nach eigenem Bekunden kein großer Freund von solchen Spiegeln, erkannte keine große Dringlichkeit und machte zunächst keinerlei Anstalten, einer möglicherweise eventuell verwaltungsseitigen Prüfung nachzukommen. Er machte stattdessen den genialen Gegenvorschlag, die Stadtpartei könne doch ihrerseits selbst möglicherweise eventuell politikseitig ein paar Vorschläge machen, die man dann möglicherweise eventuell verwaltungsseitig bei Gelegenheit unter die Lupe zu nehmen bereit wäre. 

Also machte sich Michael Nyenhuis von der Stadtpartei politikseitig und persönlich auf den Weg und erarbeitete mit freundlicher Mithilfe der Polizei eine Liste möglicher Standorte. Diese Liste wiederum wurde möglicherweise eventuell verwaltungsseitig geprüft. Und das endete jetzt in einem bemerkenswerten Ergebnis. Im gesamten Stadtgebiet Bocholts gebe es exakt drei Kreuzungen, an denen solche Spiegel Sinn machen würden, meinte Fachbereichsleiter Reinhold Wilke im Ausschuss Planung und Bau. Dazu zählen die Kreuzungen Münsterstraße/Blücherstraße, Werther Straße/B473 und Uhlandstraße/Hochfeldstraße.

Hier offenbart sich einmal mehr die Diskrepanz zwischen amtlicher Erfahrung und bürgerlicher Wahrnehmung. Die Westendkreuzung beispielsweise, an der es (gefühlt) regelmäßig zu so genannten Abbiegeunfällen mit Lkw und Radfahrern kommt, ist nicht spiegelwürdig. Andere Brennpunkte ebenso wenig. Das liegt vor allem auch daran, dass es dort oft nur zu so genannten „Beinaheunfällen“ kommt. Die aber werden möglicherweise eventuell verwaltungsseitig nicht registriert und sind folglich möglicherweise eventuell statistisch nicht relevant. 

Und so können wir heute alle beruhigt in der Gewissheit schlafen gehen, dass mit möglicherweise eventuell verwaltungsseitig großem Aufwand das möglicherweise eventuell politikseitig finanziell kassenschonendste Ergebnis erzielt wurde, welches zu einer möglicherweise eventuell verkehrsseitigen Verbesserung der virtuellen Sicherheitslage führen wird. Oder auch nicht. Viel Lärm um (fast) nichts!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert