Vom Hoffnungslosen zum Hoffnungsstifter: Eine inspirierende Veränderung

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Reinhild Wantia, die Leiterin der Abteilung für Psychosoziale Gesundheit, sowie ihr Team des Sozialpsychiatrischen Dienstes im Kreisgesundheitsamt Borken haben sich seit Langem mit dem Konzept der „Genesungsbegleitung“ auseinandergesetzt. Diese Methode zielt darauf ab, die Perspektiven und empathischen Fähigkeiten von Menschen zu nutzen, die persönliche Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen gemacht haben, um Fachwissen zu erweitern und die Unterstützung von Hilfesuchenden zu optimieren. Anfang Februar trat Lukas Schröer, ein 33-jähriger Genesungsbegleiter aus Rhede, dem Team bei, nachdem er erfolgreich eine einjährige Weiterbildung zum „EX-IN Genesungsbegleiter“ absolviert hatte. EX-IN, abgeleitet von „experienced involvement“, bedeutet auf Deutsch „Experte aus Erfahrung“. Nach einem halben Jahr wird nun eine erste Bewertung seiner Arbeit vorgenommen.

Bei der Genesungsbegleitung handelt es sich um einen Ansatz innerhalb der Psychiatrie, bei dem Personen, die ihre eigenen psychischen Herausforderungen gemeistert haben, anderen Betroffenen wertvolle Unterstützung bieten. Diese Begleiter schöpfen aus ihrem eigenen Wissen und den Fähigkeiten, die sie während ihrer Therapie erlernt haben. Diese Form der Unterstützung ermutigt Betroffene, ihre eigenen Ressourcen zu entdecken, soziale Kontakte zu knüpfen und Methoden zu entwickeln, um mit ihren Herausforderungen besser umzugehen.

Im Rahmen der EX-IN Ausbildung werden relevante Konzepte und Methoden vermittelt, um die Begleiter auf ihre verantwortungsvolle Rolle optimal vorzubereiten. Teil der Ausbildung sind auch zwei Praktika, wobei Lukas Schröer bereits während eines solchen Praktikums beim Kreisgesundheitsamt Borken wertvolle Erfahrungen sammelte und diese Station auf freiwilliger Basis verlängerte. Aufgrund der positiven Eindrücke, die er dort gewann, bewarb er sich erfolgreich um die neu geschaffene Stelle als Genesungsbegleiter.

„Der Erste ‚meiner Art‘ im Kreishaus zu sein, gibt mir viel eigenen Gestaltungsspielraum. Ich kann Ideen einbringen und Projekte forcieren, die mir besonders wichtig sind“, äußert sich Schröer erfreut. Ein besonderes Anliegen ist ihm die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen. Zudem engagiert er sich für den Aufbau eines Netzwerks innerhalb der noch kleinen Gruppe von Genesungsbegleitern im Kreis.

„Die große Wertschätzung meiner Kolleginnen und Kollegen erleichtert meine Arbeit im Gesundheitsamt erheblich“, erzählt er, da ihm eine positive Aufnahme zuteilwurde. Er hat von anderen Genesungsbegleitern erfahren, dass eine solche freundliche Haltung nicht überall gegeben ist und manche Fachkräfte Begleiter als zusätzliche Belastung oder als Konkurrenz betrachten. Reinhild Wantia bekräftigt: „Lukas Schröers Engagement gibt unserem Team wichtige neue Impulse für die Arbeit mit unseren Klientinnen und Klienten.“

Wäre er in seinen Schuljahren gefragt worden, hätte er nicht geglaubt, eines Tages im Sozialpsychiatrischen Dienst tätig zu sein. Stattdessen studierte er nach seinem Abitur und Zivildienst Wirtschaftsingenieurwesen und konnte trotz mehrerer gravierender Krankheitsphasen sein Studium erfolgreich abschließen. Danach war er vier Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Hochschule tätig, wo er erneut eine lange Krankheitsphase durchlebte. Diese Erfahrungen haben ihm jedoch wertvolle Einsichten und Wissen gebracht. „In der EX-IN Ausbildung lernte ich, diesen ‚Schatz‘ zu nutzen, um anderen auf ihrem Genesungsweg beizustehen“, betont er. „Über lange Zeit hatte ich keinerlei Hoffnung, meine eigene Erkrankung irgendwann bewältigen zu können. Umso stolzer bin ich darauf, dass ich auf meinem Genesungsweg so weit gekommen bin, um nun als Hoffnungsgeber und Mutmacher für andere Menschen in seelischer Not zu wirken.“

Vom 9. September bis 10. Oktober 2024 findet im Westmünsterland der Aktionsmonat „SEELISCH GESUND“ statt. In dieser Zeit werden kreisweit 39 Veranstaltungen organisiert, um sich mit verschiedenen Aspekten dieses wichtigen Themas zu befassen: von Ausstellungen und Fachvorträgen bis hin zu Autorslesungen und Workshops. Die Themen reichen von Demenzerkrankungen und Einsamkeit bis hin zu Informationen zu Cannabis und Essstörungen. „Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen“, informiert das Organisationsteam unter der Leitung von Reinhild Wantia. Der Veranstaltungskalender sowie weitere Informationen sind auf der Webseite www.kreis-borken.de/seelisch-gesund zu finden.

Reinhild Wantia, die Leiterin der Abteilung Psychosoziale Gesundheit im Kreisgesundheitsamt Borken, sowie Lukas Schröer, der neue Genesungsbegleiter

Quelle: Kreis Borken

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