Vor 75 Jahren – Bocholt sinkt in Schutt und Asche



Bocholt (PID). Vor 75 Jahren, am 22. März 1945, erlebte Bocholt den schwärzesten Tag seiner Geschichte. Die Stadt wurde in den letzten Wochen des II. Weltkrieges von alliierten Truppen bombardiert und zu 85 % zerstört. Schon Monate vorher hatte es immer wieder vereinzelte Fliegerangriffe mit Tod und Verwüstung gegeben, doch was an jenem Frühlingstag geschah, übertraf jegliches Vorstellungsvermögen.
Durch die Schlacht beim Klever Reichswald war die Westfront im Februar 1945 schon bedrohlich näher gerückt. Nachdem Wesel Mitte Februar förmlich pulverisiert worden war, fragten sich die Bocholter Bürger, ob und wann ihre Stadt wohl an der Reihe sei. Seit dem 14. März hatte es täglich Fliegeralarm in Verbindung mit Bombenabwürfen im Stadtgebiet gegeben.
Der Hauptangriff mit rund 300 Flugzeugen der Royal Air Force erfolgte schließlich am 22. März 1945 um 14:10 Uhr. Wer konnte, verließ die Stadt oder brachte sich in den Luftschutzkellern in Sicherheit. Die Bomber legten die Stadt innerhalb von 17 Minuten in Schutt und Asche. Riesige, immer dichter werdende Rauchwolken verhüllten stundenlang das Stadtgebiet und ließen das ganze Ausmaß der Zerstörung vorerst nur erahnen. An diesem und an den nächstfolgenden Tagen und Wochen verloren hier insgesamt 234 Menschen durch diesen schweren Luftangriff ihr Leben. 80 % der Wohnungen waren unbenutzbar, davon 50 % total vernichtet worden. Von zehn Kirchen konnten sechs nicht mehr benutzt werden. Straßen und Wege waren vor lauter Schutt und Bombenkratern kaum noch erkennbar oder zu passieren. Das wirtschaftliche Leben lag am Boden, an eine Energieversorgung der rund 8.000 verbliebenen Einwohner war nicht mehr zu denken.
Das Foto zeigt das zerstörte Rathaus am Markt, das im Stil der Weserrenaissance ehemals die Gerechtigkeit und die Einigkeit des Bürgertums symbolisierte. Jetzt verkörperte es den Untergang, den Zerfall und eine Art Endzeitstimmung. Brandbomben hatten den Dachstuhl völlig vernichtet, ebenso das zweite Stockwerk mit dem großen Ratssaal. Lediglich das mittlere Geschoss blieb bis auf eine zum Teil eingestürzte Trennmauer zwischen den Archivräumen unversehrt. Im Erdgeschoss waren die Flammen – vermutlich von der brennenden Georgskirche her – durch die Fenster eingeschlagen und verursachten hier großen Schaden. Die Spuren der Kriegszerstörung waren in Bocholt noch über viele Jahre hin sichtbar. Heute ist davon so gut wie nichts mehr zu erkennen. Die schrecklichen Stunden des 22. März 1945 sind jedoch in der Erwartung unvergessen, dass sich solch ein Tag niemals wiederholen möge.
Foto: Stadtarchiv Bocholt, Text: Wolfgang Tembrink

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