Was Schulen tun können, um schwere Gewalt und Amok zu verhindern



Kreis Borken. Der Amoklauf von Parkland, Florida, hat erneut gezeigt, wie wichtig es ist, sich nachhaltig mit dem Thema Gewaltprävention zu befassen. Auch wenn solche Ereignisse – gerade auf Deutschland bezogen – sehr selten sind, zeigt die Erfahrung, dass Prävention sinnvoll und hilfreich ist, sie zu vermeiden. Die Prävention von schwerer zielgerichteter Gewalt hat sich im Kreis Borken der „Lenkungskreis Krisenprävention und –intervention an Schulen“ zur Aufgabe gemacht. Das vom Landrat mit dieser Aufgabe beauftragte Gremium besteht seit 2010 aus Vertretern der Kreispolizei, der unteren Schulaufsicht und der Regionalen Schulberatungsstelle. Dieser Lenkungskreis bildet die innerschulischen Krisenteams fort und unterstützt Schulen in Krisenfällen durch Beratung und Intervention. Einmal jährlich lädt der Lenkungskreis Mitglieder schulischer Krisenteams zum Erfahrungsaustausch und zur Fortbildung ein – das diesjährige Treffen fand nun im Borkener Kreishaus statt.

Mit Professor Dr. Herbert Scheithauer konnte dafür ein renommierter Experte als Referent gewonnen werden: Er hat sich im Rahmen der Forschungsprojekte „NETWASS“ (NETWork Against School Shootings) und „TARGET“ (Tat- und Fallanalysen schwerer zielgerichteter Gewalt) wissenschaftlich mit „Täterkarrieren“ und ihren Taten an Schulen beschäftigt. In seinem einleitenden Vortrag stellte er zunächst wichtige Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet vor.
Anschließend ging seine Kollegin, Diplom-Psychologin Nora Fiedler, auf die in den Projekten gewonnenen Daten im Hinblick auf ihre praktische Umsetzung ein: Wie können Schulen erkennen, dass sich ein möglicher negativer Entwicklungsverlauf bei einem Schüler oder einer Schülerin anbahnt? Was können Schulen dann tun? Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit eine schwere Gewalttat abgewendet werden kann?

Um die in beiden Vorträgen gewonnenen Erkenntnisse auf die Situation im Kreis Borken zu beziehen, fand im Anschluss an die Vorträge eine Podiumsdiskussion statt. Michael Maaßen, zuständiger Dezernent für schulische Krisen bei der Bezirksregierung Münster, regte die Bildung innerschulischer „Teams für Beratung, Gewaltprävention und Krisenintervention“an, sofern sie nicht bereits bestehen. In diesen Teams – geführt von Schulleitungen – werden krisenhafte Ereignisse bearbeitet. Im Kreis Borken haben nahezu alle Schulen bereits solche Teams gebildet.
Michael Sylla, Leiter der Regionalen Schulberatungsstelle des Kreises Borken, verwies auf die gute Kooperation zwischen Schulpsychologie und Kreispolizei. Der aktuelle Fall in den USA habe wieder gezeigt, dass die intensive Kommunikation zwischen Schulen, Polizei und weiteren Institutionen im Vorfeld von Gewalttaten der Schlüssel zu ihrer Verhinderung sei.
Ein Beispiel aus der Praxis gab Bernhard Manemann-Kallabis, Schulleiter der Gesamtschule Gescher. „Dort, wo das aufeinander Achten und sich umeinander Kümmern selbstverständlich dazu gehören, sind viele Ressourcen vorhanden, Probleme im Vorfeld zu erkennen und ‚niedrigschwellig‘ zu beheben.“ Um dies zu erreichen, gibt es an seiner Schule beispielsweise in der Stundentafel feste Zeiten für eine „Klassenstunde“, „Sozialtraining“ und den „Klassenrat“. Die Förderung der emotionalen und sozialen Kompetenzen werde immer wieder durch geeignete Lernformen und Fachinhalte unterstützt.
Oliver Hell, Kommissar im Bereich Gefahrenabwehr/Einsatz der Kreispolizei Borken, konnte dies nur bestätigen. Auch er und seine zuständigen Kollegen verbringen einen Teil ihrer Arbeitszeit in den Schulen. Die Polizei sieht sich bei ihrer vorbeugenden Arbeit nicht nur als „Strafverfolger“, sondern als „Freund und Helfer“. Sie unterstützt Schulen bei der „technischen Prävention“ (z. B. Optimierung von Gebäudesicherheit, Alarmierungssystemen und Fluchtwegen), durch Präsenz vor Ort oder konkrete Präventionsangebote wie beispielsweise die Aufklärung über Gefahren neuer Medien und Cyber-Mobbing.
Dr. Sascha Borchers fasste als Moderator des interessanten Nachmittages zusammen: Schwere Gewalttaten an Schulen seien nicht zu 100 Prozent zu verhindern, durch die regional getroffenen Maßnahmen verringere sich aber die Wahrscheinlichkeit drastisch. Die von Professor Scheithauer empfohlenen Handlungsstrategien seien im Kreis erfreulicherweise bereits weitgehend umgesetzt. Die Ausführungen bestärkten die Arbeit der Schulen und der sie unterstützenden Organisationen nachhaltig, da sie die hier bestehende Praxis bestätigten.

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