Wegen neuer Impfempfehlung: Nerven liegen in vielen Praxen und bei Patienten blank



Von BERTHOLD BLESENKEMPER und BIANCA MÜMKEN
Die Nerven liegen blank. Das gilt für manche Arzthelferin genauso wie für Patienten. Grund ist die aktuelle Empfehlung der Ständigen Impfkommission und der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz. Demnach sollen die, die zum Schutz gegen eine Corona-Erkrankung zunächst AstraZeneca bekommen haben, jetzt beim zweiten Mal möglichst mit einem so genannten mRNA-Impfstoff wie BioNtec geimpft werden. „Für die Praxen heißt das wieder glühende Telefone, denn viele werden sich verunsichert fragen, was diese Entscheidung konkret für sie bedeutet.“, kommentiert der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung. In die gleiche Kerbe schlägt Dr. Michael Adam vom heimischen Ärztenetzwerk BOHRIS. „Der Ton verschärft sich und die Leute werden immer aggressiver“, wird ihm von den Mitgliedern berichtet.

Dabei steht Adam, der in den vergangenen Monaten zusammen mit seiner Frau selbst mehrere tausend Menschen geimpft hat, voll hinter der Entscheidung aus Berlin. Aus medizinischer Sicht sei die Empfehlung in Ordnung. Der Schutz bei einer Impfung mit zwei verschiedenen Stoffen sei nicht nur besser, sondern gehe auch schneller, so der Mediziner. Die Methode setzte allerdings voraus, dass die Impfwilligen sich bei der ersten Impfung für AstraZeneca entscheiden müssten. Und genau das sei angesichts des angeschlagenen Rufes ein Problem.

Zudem fordert Dr. Adam, die Menschen besser aufzuklären sowie früher und vor allem besser zu kommunizieren. Andernfalls müssten die niedergelassenen Ärzte und ihre Teams das ausbaden. Nicht vergessen werden dürfe laut KVWL auch der organisatorische Aufwand, der mit der Verlegung von Zweitterminen für das Praxispersonal einhergehe. Denn viele Patientinnen und Patienten, die erst in ein bis zwei Monaten für die Zweitimpfung einbestellt worden wären, würden nun kurzfristig Termine noch in den Sommerferien vereinbaren wollen. Der Vorstand der KVWL schließt zudem nicht aus, dass die durch die STIKO-Empfehlung ausgelöste steigende Nachfrage nach Zweitimpfungen mit einem mRNA-Impfstoff in nächster Zeit kaum noch Erstimpfungen in den Praxen zulassen könnte. „Unsere Mitglieder stehen also mal wieder vor einem organisatorischen Dilemma“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Dabei wäre gerade jetzt mehr Verständnis und Geduld wichtig. „Durch das ganze Hin und Her werden wieder viele Termine verschoben oder doppelt gebucht. Und dann bleibt am Ende Impfstoff ungenutzt übrig“, erklärt Dr. Michael Adam und appelliert an Patientinnen und Patienten, nicht genutzte Termine rechtzeitig abzusagen.

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