Westfalenstudie: Bocholt erhält im Ranking die Gesamtnote 2



Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat in einer Studie untersucht, wie der demografische Wandel Westfalen verändert und vor welchen Aufgaben die einzelnen Regionen stehen, damit sie weiterhin oder wieder erfolgreich sein können. Bocholt erhält dabei insgesamt positive Noten. Einzig bei der Hausarztversorgung liegt die Stadt mit einer Quote von 84,2 weit hinter anderen Städten zurück. Zum Vergleich hat Borken eine Quote von 108,1 Prozent. Insgesamt erhält Bocholt im von 1 (sehr gut) bis 4 (schlecht) gehenden Cluster-Ranking eine 2.

„In Westfalen sehen wir, dass wirtschaftlich erfolgreiche Regionen mit guten Arbeitsmöglichkeiten nicht automatisch auch junge Menschen halten oder gewinnen können“, sagt Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts. Die häufig geäußerte Annahme, es müsste nur genug Arbeitsplätze geben, dann könnte die Landflucht gestoppt werden, bestätigt sich in manchen Gebieten Westfalens nicht. Die klein- und mittelständischen Betriebe stehen sogar vor einem doppelten Problem. Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer und damit eine Großteil ihrer Belegschaft gehen demnächst in Rente, während die Jahrgänge mit dem potenziellen Nachwuchs dünner besetzt sind und die jungen Menschen zum Teil auch noch fortziehen. „Um diese Lücke einigermaßen zu schließen, reicht ein Ansatz allein nicht aus“ meint Susanne Dähner, eine der Autorinnen der Studie.

Einerseits müssen die vor Ort noch schlummernden Arbeitskräftepotenziale besser genutzt werden. Das können Frauen sein, die bislang aufgrund familiärer Aufgaben kaum beruflich tätig sind. Oder ältere Arbeitnehmer, deren Kompetenzen mit gezielten Weiterbildungen auch jenseits der 50 möglichst lange im Betrieb gehalten werden. Andererseits müssen Unternehmen ihre Suche nach Fachkräften räumlich weiter ausdehnen. Manche tun dies, indem sie IT-Experten täglich mit einem Bus aus einer Großstadt abholen und zum ländlichen Firmensitz bringen. Andere, indem sie Auszubildende aus Spanien mit attraktiven Arbeitsbedingungen ins Münsterland locken.

„Trotz vieler guter Ideen werden die Unternehmen im Wettbewerb um die weniger werdenden Fachkräfte aber kaum bestehen können, solange sie auf sich allein gestellt sind“, so Reiner Klingholz. „Die Lebensbedingungen vor Ort, von der Schule bis zu den Versorgungsangeboten, spielen ebenfalls eine Rolle dabei, ob sich Fachkräfte für ein Jobangebot fern der Zentren entscheiden.“ Daher werden regionale Bündnisse von Unternehmen, Kommunen und Verbänden immer wichtiger.

„Die Studie richtet den Blick auf ganz Westfalen-Lippe und bildet die Auswirkungen des demografischen Wandels für jede einzelne Kommune ab. Dabei zeigt sich, dass Westfalen insgesamt aus starken Städten und Gemeinden besteht, die aber teilweise vor denselben Herausforderungen für die Zukunft stehen“, erklärt LWL-Direktor Matthias Löb. Daraus könnten sich Ansätze ergeben, wie man sich mit Partnern über Lösungen austauschen kann.

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