Innenstadtattraktivität Bocholts laut Untersuchung besser als vor zwei Jahren



Was sind die Erfolgsfaktoren für zeitgemäße attraktive Innenstädte vor dem Hintergrund von Urbanisierung, Digitalisierung und Strukturwandel sowie aktuell der Corona-Pandemie? Diese Fragen liegen der bundesweiten Untersuchung „Vitale Innenstädte 2020“ zugrunde, die das IFH Köln im Herbst 2020 bereits zum vierten Mal durchgeführt hat. Bocholt hat sich dabei in der Gesamtbewertung der Innenstadtattraktivität verbessert – und zwar von einer 3+ (2,7) im Jahr 2018 (und 2016) zu einer 2- in diesem Jahr (2,3). Die Durchschnittsnote aller Städte gleicher Ortsgröße liegt bei 2,5. Das Einzelhandelsangebot in Bocholt erhielt insgesamt die Schulnote 2,2.

Das Profil eines typischen Innenstadtbesuchers in Bocholt unterscheidet sich kaum zu dem im Jahr 2018: An einem Donnerstag kommt im Durchschnitt der Befragten eine weibliche, 48jährige (2018: 47jährige, 2016: 41jährige) Bocholterin mit dem PKW in die Innenstadt und gibt ihr die Note 2,5. Sie besucht diese wöchentlich und vor allem für das Einkaufen, den Einkaufsbummel, Shopping, sowie den Gastronomiebesuch oder den Behördengang / Arztbesuch / die Arbeit / Ausbildung. Sie kauft zwar online ein, aber besucht die Innenstadt unverändert häufig. Am Samstag ist die weibliche Besucherin 47 Jahre alt, kommt mit dem PKW, besucht die Innenstadt wöchentlich und dabei stehen Einkaufen, Gastronomiebesuch, Nutzung des Dienstleistungsangebotes auf ihrer Liste. Die Note, die sie für die Attraktivität der Bocholter Innenstadt vergibt ist eine 2,1. Sie kauft zwar auch online ein, besucht die Innenstadt jedoch unverändert häufig zum Einkaufen. Bundesweit ist der allgemeine Trend zu erkennen, dass die Innenstadtbesucher*innen immer älter werden.

Die Betrachtung des Einzugsgebietes der Befragten ist 2020 für Bocholt an den Erhebungstagen wieder geringfügig verändert im Vergleich zu 2018, denn der Einzugsbereich östlich der A 31 in Richtung Münster ist laut Ortsangaben weniger relevant für Bocholt, denn der Anteil an der Gesamtzahl der Befragten ist gering) und entweder hinsichtlich der Werbemaßnahmen für den Standort zu vernachlässigen oder mit besonderen Werbemaßnahmen in Zukunft zu überzeugen. Deutlicher ist das Besucheraufkommen aus dem Bereich Niederrhein sowie aus dem nördlichen Gebiet des Kreises Borken. Hier könnten sicher noch weitere Werbemaßnahmen für höhere Besucherzahlen sorgen. An den Befragungstagen wurden wenige Niederländer angetroffen, jedoch ist diese Zahl der Corona-Thematik geschuldet, denn viele Auswärtige kaufen eher im eigenen Umfeld ein und fahren nicht über die Grenze in die deutschen Nachbarregionen.

Hinsichtlich der Frage nach der Rolle der Innenstadt wurden folgende Antworten für Bocholt abgegeben: 69,2 % der Befragten sind der Meinung, dass die Innenstadt online gut vertreten bzw. digital gut aufgestellt ist, 78,7 % finden, dass die Innenstadt zukunftsorientiert aufgestellt ist und 86 % sind der Auffassung, dass die Innenstadt ein Ort der kurzen Wege ist.
Fragestellungen, die auf die derzeitige Corona-Krise abzielen zeigen folgendes Bild für Bocholt: 84,1 % der Befragten kaufen in der Krise nicht verstärkt online ein, 71,7 % kaufen nicht verstärkt bei großen Online-Marktplätzen oder -Händlern wie amazon oder Zalando ein, 97,1 % kaufen nicht verstärkt bei lokalen Händlern oder Marktplätzen ein, 73 % geben nicht weniger Geld für Waren, Gastronomie und Dienstleistungen ein als vorher, 79,3 % gehen nach wie vor gleich häu-fig in die Bocholter Innenstadt, nur 22,3 % der Befragten kaufen bewusst mehr in der Innenstadt ein, um die lokalen Anbieter zu stärken. Anzumerken ist allerdings, dass die Befragung im Herbst letzten Jahres vor Lockdown II stattfand.
Hinsichtlich der Verkehrsmittelwahl können folgende Aussagen getroffen werden: Mit dem Fahrrad kommen 1/5 der Innenstadtbesucher (= 19,2 %), das ist im Vergleich zu den anderen Städten ähnlicher Größenordnung und im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt aller Teilnehmer-städte ein um bis zu 5 % höherer Anteil. Der PKW schlägt demgegenüber bei den Besuchern mit fast 50 % immer noch hoch zu Buche. Der ÖPNv wird in Bocholt mit 12,1 % der Nennungen im Vergleich zum Ortsgrößenschnitt (16 %) und zum Gesamtdurchschnitt aller teilnehmenden Städte (17,7 %) weniger genutzt, um die Innenstadt zu erreichen.

Auf die Frage nach der Nutzung bestimmter Kanäle / Medien, um sich als Bocholter oder Auswärtiger über die Innenstadt zu informieren, liegt der Schwerpunkt der Antworten mit 67,7% bei google (der Ortsgrößenschnitt liegt bei 49 %), bei digitalen Stadtportalen bei 15,8 % (hier liegt der Ortsgrößenschnitt bei 8,4 %), bei Prospekten / Flyern / Plakaten bei 25,8 % (Ortsgrößen-schnitt 40,1 %) und bei regionalen Zeitungen / Magazinen (print) bei 48,4 % (Ortsgrößenschnitt 45 %). Ein Zwischenfazit auf diese Frage bezogen ist, dass die digitalen Werbekanäle eine hohe Bedeutung haben, die Zeitung jedoch ebenfalls für die Informationsbeschaffung noch über-durchschnittlich häufig genutzt wird, Prospekte / Flyer / Plakate als Informationsmedium jedoch unterdurchschnittlich. Lokale Onlinemarktplätze spielen für die Befragten keine Rolle (3,4 % nutzen sie), ebenso sieht es mit den Interneseiten und Online-Shops lokaler Geschäfte aus (2,9 % Nutzung für Informationsbeschaffung).

Neu in der Studie ist die Darstellung des sich aus der Befragung ergebenen Net Promoter Score, der aussagt, wie wahrscheinlich es ist, dass die Befragten die Bocholter Innenstadt Freunden oder Bekannten weiterempfehlen würden: Im Durchschnitt beider Tage haben 51,3 % der Be-fragten eine positive Haltung zur Bocholter Innenstadt und würden diese weiterempfehlen. Da über 2/3 der Befragten aus Bocholt kamen, ist die Aussage „die Bocholter mögen ihre Stadt“ absolut zutreffend und zeugt von einem positiven Blick auf die eigene Stadt – für diese Sichtweise sind die Bocholter Bürger*innen bekannt.

Die konkreten Fragen nach der Nutzung einer möglichen Online-Plattform des Bocholter Handels (67,8 % würden sie nicht nutzen), nach der Nutzung der Online-Angebote der stationären Bocholter Händler (88,6 % nutzen sie nicht) und Nutzung eines lokalen Lieferdienstes für den Transport der gekauften Waren nach Hause (hier antworteten 61,7 % mit „nein“) zeigen auf, dass diese Nutzungsformen zumindest von den in der Innenstadt befragten Personen nicht an-genommen würden.

Das Fazit aus Bocholter Sicht seitens des Stadtmarketing Bocholt ist, dass die Ergebnisse sich mit den Ergebnissen der Ortsgrößenklasse in weiten Teilen decken. Überraschend ist jedoch vor allem die positivere Bewertung der Gesamtattraktivität der Bocholter Innenstadt im Vergleich zu 2018 und 2016. Weniger überraschend ist, dass die Innenstadtbesucher immer ein bisschen älter werden, dass die Onlineaffinität bei den Jüngeren deutlich stärker ausgeprägt ist als bei den Älteren, dass in der Corona-Krise deutlich weniger auswärtige Besucher in der Innenstadt zu finden sind, dass der Einkaufsbummel, der Gastronomiebesuch sowie die Nutzung des Dienstleistungsangebotes in Bocholt an erster Stelle stehen.

Interessant ist, dass in Bocholt mit 38,1 % (Antwort: „ja“ und „eher ja“) der Befragten für eine häufigere Sonntagsöffnung plädiert wird als in anderen Städten. Aus Stadtmarketing-Sicht bestätigt sich wie schon in der Befragung des Jahres 2018, dass vor allem in der Corona-Krise die Notwendigkeit eines deutlichen und konzentrierten Handelns (Marketing) für den stationären Handel und die Attraktivität der Bocholter Innenstadt (bauliche Aktivitäten / Strukturverbesserungen) weiterhin im Fokus aller Bemühun-gen stehen müssen, um auch in Zukunft eine multifunktionale und für alle Altergruppen attrakti-ve Innenstadt vorweisen zu können. Die vom IFH Köln ermittelten Stellschrauben gelten auch für Bocholt: Zielgruppen, Erlebniswert und der stationäre Einzelhandel stehen im Mittelpunkt der Bemühungen.

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