Zu wenig kindliche Frühförderung – Experte meint: „Wir verschleudern Talente“



Kinder aus sozial schwachen und damit oft auch bildungsfernen Familien haben im Leben deutlich schlechtere Chancen. Aber: Nur zwei Jahre professionelle Frühförderung in der Kindergartenphase können dieses Manko fast ausgleichen. „Wir verschleudern Talente“, bilanzierte gestern Abend Dr. Ulrich Fegeler vom Praxisnetzwerk Pädiatrische Versorgungsforschung in Oranienburg im Bocholter Medienzentrum zum Auftakt der „Woche der Armut“.

Der Experte zeigte eindrucksvoll, wie sich im kindlichen Gehirn im zweiten und dritten Lebensjahr die meisten als Synapsen bekannten Verknüpfungen bilden. Diese Phase gelte es zu nutzen. Fegeler berichtete vom Perry-Vorschulprojekt aus den USA. Dort waren 60 Kinder aus einer armen Gegend mit einem finanziellen Aufwand von 1000 Dollar monatlich zwei Jahre lang gefördert worden, 60 andere nicht. Nach 40 Jahren bewies die Studie, dass sich die geförderte Gruppe hinsichtlich Bildung, Wohlstand und Gesundheit signifikant besser entwickelt hatte als die andere. Jeder investierte Dollar floss – volkswirtschaftlich betrachtet – 16fach wieder zurück, so der Gast aus Berlin.

In Deutschland dagegen gebe es viele Hilfsangebote. Die aber würden voraussetzen, dass sozial schwachen oder bildungsferne Eltern in die Beratungsstellen kommen, um sich helfen zu lassen. Das aber geschehe nicht oft genug. Dr. Ulrich Fegeler plädierte deshalb dafür, öfter und mehr Experten wie speziell geschulte Hebammen in die Familien zu schicken, um vor Ort den Bedarf zu ermitteln und Hilfen unmittelbar anzubieten. Made in Bocholt hat den Vortrag aufgezeichnet. Sie können ihn hier finden <www.facebook.com/madeinbocholt/videos/2020068084821067/>.

Auch der Schirmherr der Woche der Armut, Bürgermeister Thomas Kerkhoff, wies auf die Bedeutung des Thema Kinderarmut hin. Zuvor war der Opfer des Krieges in der Ukraine gedacht worden.

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