Der Konzern – Über die massiv wettbewerbsverzerrenden Methoden der Stadt Bocholt



Von BERTHOLD BLESENKEMPER

EWIBO-Chef Berthold Klein Schmeinck nennt sie gelegentlich fast schon liebevoll „Konzern Stadt“. Gemeint ist die Kommune Bocholt, die an immer mehr Gesellschaften mit beschränkter Haftung beteiligt ist und auf diese Weise Stück für Stück ein dichtes Netz privatwirtschaftlicher Aktivitäten gespannt hat. Das stört so lange niemanden, wie sich diese GmbH’s auf Aufgaben oder Aufträge koenzentrieren, die sonst keiner übernehmen will: öffentlicher Personennahverkehr,  Müllentsorgung, Hallenbadbetrieb oder Flüchtlingsbetreuung beispielsweise.

Subsidiaritätsprinzip nennen Experten dieses wichtiges Konzept. Es sieht vor, dass der Staat sich aus Dingen heraushält, die die unteren Ebenen des Gemeinwesen wie Familie und Privatwirtschaft selbst regeln können. Nur hat die Stadt Bocholt dieses Prinzip längst verraten. Sie wildert seit Jahren schamlos in der Privatwirtschaft. Dabei hat sie keinen Skrupel, mit Hilfe der Gewerbesteuer der Unternehmen genau diese Firmen im Gegenzug massiv unter Druck zu setzen.

Paradebeispiel dafür ist die Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft der Stadt Bocholt mbH (EWIBO). Deren Geschäftsführer Berthold Klein-Schmeink und der Aufsichtsratschef, Bürgermeister Peter Nebelo, haben heute stolz den Grundstein für die Erweiterung des Europahauses an der Adenauerallee gelegt. Dabei feierten sie die „Zukunfsorientierung“ des Hauses. 4,8 Millionen öffentliche Mittel werden in modernste Architektur und umweltfreundliche Technik investiert. Das Europahaus wird gleichzeitig zentrale Heimstätte der EWIBO.

Nun wäre alles gut, wenn sich das Europahaus auf sein Kerngeschäft als Begegnungsstätte und Ausbildungszentrum für sozialen Einrichtungen oder gemeinnützige Vereine beschränken würde. Weil das aber offenbar nicht genug Geld einbringt, vermarktet die EWIBO das Europahaus parallel in einschlägigen Internetportalen wie HRS, booking.com oder Trivago als online für jeden buchbare Unterkunft mit 40 Zimmern, einer „Erlebniswelt Gastronomie“, Partylocation, Restaurant und Kellerbar. Gut zahlende Privatleute und Businesskunden sind besonders willkommen. Macht dem Bürgermeister das keine Bauchschmerzen? „Nö“, antwortet er auf Anfrage von Made in Bocholt. Auch große Teile der Bocholter Lokalpolitik haben offenbar „kein Problem“ mit dererlei Methoden. Nur Dieter Hübers von der Stadtpartei kommt auf Anfrage unseres Portals ein wenig ins Grübeln. Als gelernter Steuerberater weiß er vermutlich warum…

Besonders vorteilhaft ist für den Konzern, dass er mit öffentlichen Mitteln den Vorsprung des Hotels Europahaus gegenüber der privaten Konkurrenz weiter ausbauen kann. Barrierefreie Zugänge, ein Aufzug und hochmoderne Tagungsräume lassen sich im Internet glänzend vermarkten. Zudem verfügt die Konzernmutter einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Vorteil: Sie hat als Ordnungs- und Genehmigungsbehörde die gesamte Branche voll unter Kontrolle. Kein Wunder, dass sich Proteste der heimischen Hotel- und Gaststättenbranche in Grenzen halten. Nur hinter vorgehaltener Hand wird geklagt. Niemand will sich offen mit dem übermächtigen Konkurrenten anlegen.

Eine Ausnahme bildet  Renate Dölling, die Geschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverband in Coesfeld. Ihre Mitgliedsbetriebe hätten nach eigenen Angaben „massive Probleme mit dieser Art von subventionierter Wettbewerbsverzerrung“. „In Münster hatten wir einen ähnlichen Fall. Dort haben wir erreicht, dass die betroffene Bildungseinrichtung wenigstens ihre Angebote vom privaten Markt genommen hat“, berichtet Dölling. Grund genug, ihren Blick jetzt konzentriert auf Bocholt zu richten.

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