Eine Weihnachts(markt)geschichte



Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Leise nieselt der Regen. Dazu ist es ganz schön kalt. Auch die Tannen und Lichter in der City weisen nachdrücklich auf das anstehende Fest hin. Und doch mag keine adventliche Stimmung aufkommen. Ich stehe zur offiziellen Eröffnung des Weihnachtsmarktes als Berichterstatter unter den ausladenden Zweigen der großen Tanne vor dem Historischen Rathaus. Ein schmales, grünes Bändchen ziert mein Handgelenk. All inclusive? Nein, der Papierreif weist mich nur als geimpft und frisch getestet und damit als zutrittsberechtigt aus. Rund 30 Personen verlieren sich mit mir im weiten Rund. Ein trauriges Bild. Da wirken die Worte von Thomas Kerkhoff wie Balsam. In Zeiten der Pandemie brauche es nicht nur Achtsamkeit, sondern vor allem auch Mut und Zuversicht, meint der Bürgermeister. Und der Weihnachtsmarkt soll ein entsprechendes Zeichen sein.

Ich schaue mich um. Links, jenseits der Absperrgitter weist ein Aufsteller auf ein Testzentrum des DRK in der ehemaligen Stadtsparkassenzentrale hin. Ideal für Spätentschlossene. Clever gemacht. Zwei Security-Mitarbeiter frieren sich am Eingang zum Marktplatz die Beine in den Bauch. Insgesamt elf von ihnen hat das Stadtmarketing an diesem Wochenende engagiert. Die Sicherheitsfachkräfte überprüfen in der gesamten Fußgängerzone die Impf-oder Genesenenzertifikate. Vom Ergebnis der Kontrollaktion will Stadtmarketingchef Ludger Dieckhues am Montag abhängig machen, wie es weitergeht.

Ich folge auf der Neustraße den Hinweisen auf weitere Buden und Stände. Es sind deutlich weniger als nach vor zwei, drei Jahren: 32 statt 50. Fünf Beschicker haben noch am Freitag abgesagt. Die, die doch gekommen sind, trotzen der Depression. Ich höre die Stimmen vieler Niederländer. Die sind dem Teilshutdown jenseits der Grenze entflohen. Auf den Parkplätzen weisen die Kennzeichen zudem auf Besucher aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet hin. Dort sind die Weihnachtsmärkte vielfach abgesagt worden. Bocholt zieht deshalb an. Und ich weiß nicht so recht, ob ich mich freuen oder ängstigen soll.

An der Eisbahn hebt sich die Stimmung. Kinder schlittern über die milchig schimmernde Lauffläche. Ihr Lachen wirkt wie ein Signal. Ich gehe zurück auf den Marktplatz und bestelle mir einen Glühwein. Mit seiner Wärme kehrt der Optimismus zurück. Ich freue mich auf Weihnachten. In diesem Jahr ganz besonders!

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