Haushaltsrede 2023 – Jens Terbeck (Stadtpartei)



Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kerkhoff,

sehr geehrte Frau Kämmerin Schlaghecken,

sehr geehrte Damen und Herrn der Verwaltung,

sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrats,

sehr geehrte Vertreter der Presse,

sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

den vorliegenden Haushaltsplan lehnen wir ab. Wir lehnen ihn ab,

weil die Schere zwischen Erträgen und Aufwendungen drastisch

auseinandergeht und auch in der mittelfristigen Finanzplanung hier

keine Verbesserung in Sicht ist. Vielmehr rechnen Sie, Frau

Schlaghecken, mittelfristig sogar mit einem noch höheren

Haushaltsdefizit, das uns schon in 2026 zu Liquiditätskrediten

zwingen wird und uns 2027 in die Haushaltssicherung treiben wird.

Ein Schuldeneisberg, auf den wir also munter draufzufahren. Nur

durch den Griff in die Ausgleichsrücklage – übrigens kein echtes Geld

– können Sie einen haushalterischen Untergang in diesem und in den

Folgejahren verhindern. Aber allzu lange werden wir uns so nicht über

Wasser halten können.

Zurecht mahnen Sie also zum Sparen! Zurecht fordern Sie dazu auf,

freiwillige Leistungen der Stadt und Leistungen mit erhöhtem

Standard auf den Prüfstand zu stellen (S. 16 Haushaltsplan 2024).

Und sicherlich lässt sich hier der eine oder andere Euro sparen, ohne

gleich die gesamte Bocholter Vereinslandschaft und die vielen

ehrenamtlichen Tätigkeiten zu gefährden. Gerade auf dieses

bürgerliche Engagement sind wir angewiesen.

Aber wird das reichen? Wird so das Delta zwischen Erträgen und

Aufwendungen geschlossen? Umschiffen wir so den

Schuldeneisberg?

Hier lautet die Antwort leider nein. Die kleine Kurskorrektur wird uns

nicht vom Kollisionskurs mit dem Schuldeneisberg abbringen.

Zurecht mahnen Sie, Herr Bürgermeister Kerkhoff, daher zusammen

mit 354 weiteren Bürgermeistern der Städte und Gemeinden NRWs

in einem Brandbrief an unseren Ministerpräsidenten die

Überforderung der kommunalen Finanzen aufgrund chronischer

Unterfinanzierung an. In dem Brandbrief wird auf die Kürzungen der

Zuweisungen von Bund und Land ebenso hingewiesen wie auf die

Übertragung immer neuer Aufgaben an die Kommunen, ohne die

hierfür nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Hierin sehen wir – und wir wollen in diesem Punkt nicht

missverstanden werden – die Hauptursache für den

Schuldeneisberg, auf den wir zusteuern. Hier sind die auf Landes-

und Bundesebene vertretenen Parteien gefragt.

Wir sind nur auf kommunaler Ebene tätig.

Hier sitzen wir aber alle im selben Boot und, wenn wir den Kurs nicht

massiv korrigieren oder wenn uns nicht ein Eisbrecher von Bund oder

Land den Schuldeneisberg aus dem Weg räumt, heißt es

zwangsläufig:

Wir sinken!

Und gerade deshalb erlauben wir uns im Rahmen dieser

Haushaltsrede auf Kosten hinzuweisen, die wir uns selbst in den

Haushalt geholt haben oder noch holen werden.

Keinen der Anwesenden dürfte es daher überraschen, dass wir hier

als erstes die Rathaussanierung nennen. Auf der Tagesordnung

heute befindet sich ein Antrag, der darauf abzielt, die

Denkmalschutzauflagen vom Rathaus zu entfernen – und ja, es liegt

weder in unserer Hand – nachdem der Stadtrat seinerzeit übergangen

wurde – noch in der Hand dieser Stadtverwaltung die Denkmalschutz-

auflagen zu entfernen, aber angesichts der Gesamtkosten für die

Rathaussanierung ergibt sich hier ein großes Sparpotenzial.

Ich kann Sie daher alle nur dazu auffordern, zumindest den Versuch

zu wagen!

Für den Fall, dass Sie mit weiteren Verzögerungen rechnen und

deswegen davor zurückschrecken, darf ich an dieser Stelle in den

Wirtschaftsplan der GWB verweisen. Für 2024 sind null Euro für die

Rathaussanierung angesetzt – das kann auch an der Tatsache

liegen, dass uns gerade ein Architektenbüro fehlt, das die

Rathaussanierung begleitet. Das neue Architektenbüro – sofern denn

eins gefunden werden kann – wird sich zunächst in die Pläne

einarbeiten müssen.

Nutzen wir also diese Zeit für einen Versuch!

Auch über die Aufstockung darf man nachdenken. Schließlich sind wir

jetzt stolzer Eigentümer des Gigaset-Gebäudes, von dessen Kauf

man uns vor nicht allzu langer Zeit massiv abgeraten hat.Als nächstes möchte ich die Ausstattung der Schülerschaft mit

digitalen Endgeräten erwähnen. Wir haben uns als Stadt damit

freiwillig und vor Einlösung des Versprechens im Koalitionsvertrag der

Landesregierung eine finanzielle Dauerbelastung in den Haushalt

und den Haushalt vieler Eltern geholt. Aus unserer Sicht sind die

Schulen digital bereits jetzt gut ausgestattet und es hätte dieser

kostenintensiven Zündung des Turbos nicht bedurft.

Mit Blick in die Zukunft verweisen wir auf die Pläne zu einem neuen

Standort des Stadtmuseums.

Auch hier gibt es günstigere Lösungen.

Bei alldem dürfen wir nicht vergessen, dass mit dem Neubau des

Euregio-Gymnasiums und der Maria-Montessori-Schule, deren

Notwendigkeit man jedoch kaum in Frage stellen kann, noch große

Investitionen zu tätigen sein werden.

Mit etwas Nostalgie mag der eine oder andere die diesmal wirklich

letzte „Wetten, dass!?“-Sendung verfolgt haben. In diesem Sinne

würde ich gerne mit einem Wettvorschlag schließen: „Wetten, dass

auf dem Grundstück der ehemaligen Feuerwehr nichts gebaut wird,

bis die Rathaussanierung abgeschlossen ist?“

Nutzen Sie die zauberhafte Ruhe der Weihnachtszeit, um über dieses

Wettangebot nachzudenken.

Ihnen und den Ihren eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten

Rutsch ins neue Jahr 2024, das wir mit einem Defizit von knapp 30

Mio. Euro abschließen werden!

Jens Terbeck

Fraktionsvorsitzender Stadtpartei Bocholt

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