Haushaltsrede 2024 – Burkhard Henneken (FDP)



Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie werden sich sicherlich wundern, dass ich auf das demokratische Recht verzichte und meine Haushaltsrede nicht vortragen werde, die Rede wird wie immer veröffentlicht und dem Protokoll beigefügt. Ich möchte damit Zeit ersparen. Denn Sparen ist das Wort der Stunde. Die Bereitschaft hierzu fehlt, stattdessen verlieren wir uns in wortgewaltigen stundenlangen Diskussionen und ebenso langen Sitzungen. Freiwillige Leistungen bleiben unberührt und ungekürzt, die Vorschläge der FDP-Fraktion wurden abgeschmettert, als unsozial, nicht nachhaltig und europafeindlich dargestellt. Wir sehen es anders, unser Haushalt kann es schlichtweg  nicht weiterhin schlucken. Sie führen uns in die Haushaltssicherung, bald können uns nur noch Kassenkredite retten. Die fetten Jahre sind vorbei und dann muss man auch vermeintlich gute aber freiwillige Dinge kürzen oder einstellen und neudenken. Ein einfaches „Weiter so!“ kann es nicht geben. 

Lieber Herr Kollege Schmidt, bei den Beratungen der Haushaltsantröge im HFA sprachen Sie duzend mal von Leitplanken. Leitplanken braucht nur jemand, der mit Höchstgeschwindigkeit durch den Nebel rast. Was wir brauchen ist ein Spurhalteassistent und das ist ein ausgeglichener Haushalt. 

Wir erkennen keinen Mut und Willen zum Sparen. Aber auch viele andere Dinge lassen uns fassungslos zurückblicken: Die Rathaussanierung ist ein klägliches Fass ohne Boden, die politischen Entscheidungen spät nach 21 Uhr nach 4 Stunden intensiver Sitzung skandalös! Im Vorfeld wird eine Vertagung per Email angeregt und empfohlen und dann entscheiden CDU und SPD in der Ratssitzung das Durchpeitschen der Entscheidung. Unsere Vertagungsanträge wurden von Ratskollegen als Trotzreaktion belächelt und abgeschmettert. Meine Damen und Herren, diese Arroganz der Macht, treibt Bocholt nicht nur in den finanziellen Ruin, sondern befeuert den ohnehin großen Politikverdruss in der Bocholter Bevölkerung und auch in den Fraktionen.

Wir benötigen ehrliche Politik statt Schaufensteranträge, wie der CDU-Anträge „Transparenz und Kommunikation bei der Flüchtlingsunterbringung vom 05.12.2023. Sehr geehrter Herr Kollege Bresser, die CDU hat es uns bundespolitisch eingebrockt („Wir schaffen das“) und anstatt das Problem zu lösen, soll erstmal ein überflüssiges Dashboard und eine Controllingabteilung, die Zahlen prüfen und veröffentlichen … Wir wissen doch alle, dass die Kommunen die Flüchtlingswelle nicht mehr stemmen können, da hilft auch nicht zu wissen, woher die Schutzsuchenden kommen … „Nein, ich will!“ ist da auch keine hilfreiche und ehrliche Aussage gewesen.

Ein Sinnbild für die zweifelhaften Entscheidungen in Bocholt war die Gestaltung vom Lichtersonntag – erneut verteilte man Kerzenschalen im Stadtgebiet statt farbenfrohe und zeitgemäße LED-Illuminationen zu installieren. Das Ergebnis ist bekannt, zahlreiche Helfer haben aufopferungsvoll aber vergeblich versucht bei Wind und Regen die Kerzen anzuzünden und am Brennen zu halten. Übrigens dieselben Probleme, wie im letzten Jahr. Auch die erneute und bewusste Entscheidung gegen die Eisbahn auf dem Weihnachtsmarkt kann man nur kopfschüttelnd belächeln. Fast überall auf den Weihnachtsmärkten gibt es eine Eisbahn als Anziehungspunkt für Jung und Alt, doch die Klimakommune Bocholt outet sich als Spaßbremse und nimmt erneut den Kindern und Familien, aber auch den Schulklassen eine beliebte Attraktion. Gerne rechnen wir Ihnen aber vor und zeigen den ökologischen Irrsinn dieser Entscheidung: 

Bei warmen Wetter liegt der Verbrauch einer Eisbahn bei 0,8 khw pro qm

Die Eisbahn in Bocholt hatte 400qm

Das entspricht 320 kwh pro Tag

Der CO2-Anteil liegt bei 400gr pro kwh

= 128.000 gr CO2 pro Tag durch die Eisbahn

Zum Vergleich:

Ein Verbrenner benötigt ca. 120 gr CO2 pro km

128.000 gr CO2 reichen also für ca. 1.067 km in einem Verbrenner

Die Strecke nach Essen zur Eisbahn beträgt ca. 130 km hin und zurück

-> Wenn nur 9 Autos nach Essen zur Eisbahn fahren, ist der CO2-Fußabdruck genauso groß als wenn man in Bocholt eine ganze Eisbahn unterhalten würde

Mit dieser zweifelhaften und falschen Entscheidung wird die Innenstadt leichtsinnig geschwächt. Übrigens war das selbe Phänomen bei den Sperrzeiten der Attraktionen/Rutschen im Bahia festzustellen. Im Nachgang mussten Sie uns Recht geben: Keine Rutschen, keine Besucher im spasslosen Spaßbad. 

Die Innenstadt von Bocholt benötigt keine weiteren Konzepte oder Dachmarkenstrategien. Nein, die Innenstadt benötigt Attraktionen, Aufenthaltsmöglichkeiten, Kunst im öffentlichen Raum und schlichtweg Spaß – Die Besucherzahlen auf Grund der Feierlichkeiten zum 800jährigen Stadtjubiläum bestätigen es nachweislich. 

Mit Bedauern und Resignation müssen wir die zahlreichen Abgänge von Mitarbeitern in Führungspositionen akzeptieren. Vermeintliche Missstände oder fehlende Perspektiven in der Verwaltung müssen benannt und aufgeklärt werden. Wir müssen feststellen, dass die Auflösung des Personalausschusses ein großer Fehler war. Die Arbeitsstrukturen und Arbeitsplätze gewinnen auch bei der Verwaltung immer mehr an Bedeutung. Der Fachkräftemangel und die gleichzeitig explodierenden Personalkosten machen eine Strukturanalyse unumgänglich. Digitale Strukturen müssen wir schaffen bzw. weiter zügig umsetzen, um so Ressourcen für andere Aufgaben zu schaffen. 

Aber es gibt auch positives im vergangenen Haushaltsjahr 2023: Die asphaltierte Umrundung des Aasee ist ein voller Erfolg und bereits jetzt schon bei Radfahrern und Inlinern beliebt – jetzt fehlt noch die anschließende Verbannung der Roten Asche und asphaltierte Verbindung von Lowick bis zum Aasee. Endlich wurde auch die Neugestaltung und Aufwertung des Aasees beschlossen. Die Bocholter Bürger haben ein Anrecht auf vernünftige und zeitgemäße Naherholungsgebiete – wie andere Städte es bereits erfolgreich vorgemacht haben.

Die Seniorenmesse auf dem Neutorplatz war dieses Jahr ein voller Erfolg und bestätigt die gute Planung und Gestaltung des Neutorplatzes als multifunktionaleinsetzbaren Platz. Ein nächstes Highlight am Neutorplatz wird „Bocholt singt im Advent!“. Dagegen ist die Onlineplattform Emiigo vom Bocholter Handel gescheitert, allerdings auch falsch angegangen worden. Leichtfertig wurde auch unser Antrag auf Verzicht der Stadtschleuse abgelehnt. Mit dem grünen Band des Flussbettes der Aa hätte wir einen mutigen und belebenden Schritt für die Bocholter Innenstadt machen können. Die Möglichkeiten und Auswirkungen kann man im Sesekepark in Kamen eindrucksvoll live erleben. 

In den letzten Wochen bemerkt man die zunehmende Euphorie in ganz Bocholt, es gibt endlich wieder ein stadtbestimmendes positives Gesprächsthema. Bocholter strömen wieder zum Hünting, um die Mannschaft des 1. FC Bocholt anzufeuern, und zwar losgelöst von Vereinszugehörigkeiten. Vor und nach dem Spiel trifft man auswärtige Fans, egal ob in der Innenstadt, in Der Gastronomie oder sogar im Bahia. Dieser Mehrwert ist ein großer Gewinn für ganz Bocholt und rechtfertigt auch bei allen Sparsamkeitsappellen die finanzielle Beteiligung.  Die FDP-Fraktion ist bereit den Stadion-Umbau, bei 50% Eigenmittel mit bis zu 5 Millionen Euro zu unterstützen, auch eine gemeinsame Stadionbetreibergesellschaft (50% Verein und 50% Stadt) ist für uns denkbar. Wir haben jetzt die Chance  gemeinsam ein Fundament für den Profifußball zu schaffen und appellieren an die Bocholter Verwaltung keine Bauleitplanung zu starten, denn diese ist nicht zwingend erforderlich (Paragraph 34 und 35 BauGB). Weiterer positiver Effekt: Von dem geplanten Umbau werden auch Open-Air-Konzerte etc. profitieren können.

Die städtische Immobilienstrategie ist für die FDP-Fraktion nicht plausibel, immer mehr kaufen und den Rattenschwanz an Folgekosten nicht im Blick zu haben, ist fahrlässig und unseriös.

Die FDP-Fraktion lehnt den Haushaltsplan daher ab. Wir benötigen eine Aufbruchstimmung und Mut zur Veränderung – Diese vermissen wir in der Politik und Verwaltung, daher stimmen wir gegen Haushaltsplan.

Ich wünsche Ihnen allen ein besinnliches und friedliches Weihnachtsfest und Zeit zum Innehalten, sowie alles Gute für 2024. 

Burkhard Henneken

Fraktionsvorsitzender FDP Bocholt

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