Keine Flüchtlinge, kein Geld: Stadt drohen im ehemaligen Yupidu enorme Verluste



Flüchtlinge im ehemaligen Yupidu

Die Notunterkunft für Flüchtlinge im ehemaligen Yupidu steht komplett leer – die Kosten für Miete, Einrichtung und Sicherheit aber laufen weiter.

Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Der Plan schein vielversprechend. Die Stadt baut für das Land im ehemaligen Yupidu eine zentrale Notunterkunft für 300 Flüchtlinge. Düsseldorf wiederum bezahlt Bocholt für die Versorgung der Menschen. Zehn Jahre lang sollte das so gehen. So lange pachtete Bocholt denn auch die Gebäude an der Werther Straße. Plötzlich aber blieben die Flüchtlinge aus. Das Yupidu steht seitdem komplett leer. Und Nordrhein-Westfalen hat seine Überweisungen eingestellt. Dieser Worst Case aber war im Konzept der Stadtverwaltung offenbar nicht vorgesehen. Nun droht Bocholt auf bis zu siebenstelligen Miet- und Einrichtungskosten sitzen zu bleiben. „Das geht so nicht“, meint Kämmerer Ludger Triphaus und hat sich mit einem Brief an den Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, Joachim Stamp, gewandt.

Minister Fullservicekonzept angeboten

Die Bocholter wollten retten, was noch zu retten ist, und bieten dem Regierungsmitglied als eine Art Pilotprojekt ein „Fullservicekonzept“ für Flüchtlingsbetreuung an – Unterbringung, Verpflegung, Betreuung und Sicherheit inklusive. Das wiederum will das Land bislang nicht. Nordrhein-Westfalen setzt vielmehr auf individuelle Ausschreibungen und Vergaben der einzelnen Positionen und Leistungen. Das ist zwar aufwändiger, spart aber Geld. Das von der Stadt – hier insbesondere der städtischen Tochtergesellschaft Ewibo – kalkulierte Gesamtpaket ist Düsseldorf wohl zu teuer.

Ludger Triphaus findet das unfair. „Bocholt hat sehr gute strukturelle Verhältnisse geschaffen“, berichtetet der Kämmerer jetzt im Sozialausschuss. Man habe viel Geld in die Hand genommen und nicht gejammert, sondern sich auch mit großem ehrenamtlichen Engagement der Aufgabe gestellt, meinte er weiter. Umso unverständlicher aus Sicht der Verwaltung, dass das Land nun zwar wohl die leere Yupidu-Halle mieten möchte, alle zusätzliche Dinge wie Feldbetten und die Betreuung aber lieber extern beziehen will. „Die sollten mal außerhalb von Vergaberichtlinien und Vergabeordnung denken“, fordert Triphaus. Was er dabei nicht erwähnt, ist die Tatsache, dass die Stadt bei all ihrem Engagement nicht ganz uneigennützig handelte. Denn durch die vermehrte Aufnahme von Flüchtlingen in einer zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes sollte sich per Zuteilungsschlüssel die Zahl derer verringern, die die Stadt auf ihre eigenen Kosten zu versorgen hatte. Unterm Strich wollte Bocholt sparen. Ein Trugschluss, wie sich jetzt herausstellte.

Stadt in der Zwickmühle

Ob Minister Stamp einlenkt, bleibt angesichts leerer Kassen beim Land fraglich. Was wäre die Alternativen. Bocholt könnte seine eigenen Flüchtlingseinrichtungen wie die an der Kreuzstraße auflösen und die Menschen dann zentral an der Werther Straße unterbringen. Das aber würden vermutlich weitere, nicht unerhebliche Kosten nach sich ziehen. Denn das großflächige Yupidu ist als Massenunterkunft konzipiert. Ein langfristige Unterbringen von Menschen in nur von Planen abgegrenzten Kleinflächen ist nicht erlaubt. Alternativ könnte die Ewibo ihre Preise senken, um wettbewerbsfähiger zu werden und den Bieterwettbewerb zu gewinnen. Auch das aber geht wohl nur mit Verlusten. Entsprechend große ist die Zwickmühle, in der Bocholt steckt.

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