Fahrgastverband PRO BAHN nennt Stammgleis-Stilllegung „kurzsichtige Hau-Ruck-Aktion“



Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Als eine kurzsichtige Hau-Ruck-Aktion bezeichnet der Fahrgastverband PRO BAHN den Beschluss der Mehrheit aus CDU und FDP im Bocholter Stadtrat, das Industriestammgleis nach Mussum aufzugeben. Für den Regionalverband Münsterland des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) wiederum wirkt der Vorschlag von Bürgermeister Thomas Kerkhoff, Schieneninfrastruktur zu demontieren, angesichts der Klimadebatte sogar „absurd“. Derweil kritisieren die Bocholter Grünen scharf, dass der Politik durch eine Weigerung der Verwaltung, Akteneinsicht in dieser Sache zu gewähren, wichtige Informationen vorenthalten würden.

Pro BAN stellt fest, dass zur Begründung der umstrittenen Maßnahme anstehende Investitionssummen genannt werden, die aus fachlicher Sicht deutlich überhöht seien. Mit der Aufgabe des Anschlusses werde nicht nur der Verkehrsträger Schiene geschwächt, auch für den Wirtschaftsstandort Bocholt entstünden langfristig Nachteile, heißt es in einer Pressemitteilung.

Durch die Elektrifizierung und Modernisierung der Strecke von Bocholt nach Wesel ergäben sich zudem keineswegs – wie von der Verwaltung dargestellt – Nachteile, sondern sogar bessere Nutzungsmöglichkeiten der Strecke für den Güterverkehr. Auch weiterhin seien tagsüber zahlreiche Güterverkehrsfahrten möglich, da die Kreuzungsmöglichkeit in Hamminkeln zukünftig durchgängig in Betrieb sei.

Bund und Land förderten seit Jahren den (Wieder-)Anschluss von Gewerbegebieten an die Schiene. Genau diese Politikwerde durch die angedachte Entscheidung konterkariert. Weiterhin gebe es mit der Firma Pergan einen Interessenten aus dem Chemiebereich für die Wiederaufnahme der Schienenanbindung. Gerade die Chemiebranche benötige sichere Transportmöglichkeiten jenseits der Straße. „Wenn ein Gewerbegebiet dieser Größenordnung mit großem Branchenmix nur noch per Straße angebunden ist, werden die Entwicklungschancen eingeschränkt, da es dann für bahnaffine Betriebe nicht mehr in Frage kommt“, so der Fahrgastverband.

Scharf fällt auch die Kritik des Regionalverbandes Münsterland des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) aus. Der Abbau von Weichen und die damit verbundene Abbindung von Gleisen konterkarierten die Ziele der Beschlüsse auf EU-Ebene, die CO2-Emissionen drastisch zu senken. „Eine Revision einmal diesbezüglich gefällter Entscheidungen ist oftmals planerisch aufwändig und finanziell deutlich teurer als die Erhaltung des Status Quo, selbst wenn eine Schienenanbindung derzeit wenig oder gar nicht genutzt wird“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Die Bocholter Grünen bemängeln derweil, dass den Stadtverordneten wichtige Informationen vorenthalten werden. „Weder die Grünen noch andere Stadtverordnete haben Einsicht in die Unterlagen bekommen. Auch unsere offizielle Anfrage, uns Einblick in die Unterlagen beziehungsweise das Schreiben mit der Fristsetzung vorzulegen, ist bisher nicht beantwortet worden“, erklärt die Partei- und Fraktionsvositzende Monika Ludwig.

  1. Nyenhuis Michael says:

    Der Rat hat noch nicht beschlossen, die Weiche auszubauen. Es gilt nach wie vor der Beschluss von 2016,
    die Weiche in das Stellwerk einzubinden. Der Rat soll am MIttwoch diesen Beschluss aufheben. Vielleicht wird er aber nicht aufgehoben, da mittlerweile vielleicht eine andere Ansicht der Dinge aufkommt. Problem ist nur, dass der Bürgermeister
    eigenmächtig ohne Ratsbeschluss der Bahn bereits mitgeteilt hat, die Weiche auszubauen. In seinem Video kündigte er
    sogar an, dass die Weiche drin bleibt, aber nicht benutzt wird? Ausserdem erzählt er in seinem Video Dinge, die so nicht stimmen. Hier wird bewusst gegen das Gleis Stimmung gemacht, egal mit welchen Mitteln.
    Da taucht doch die Frage auf, warum will man das Gleis weghaben, trotz der zahlreichen Proteste und finanziellen Zusagen.
    Ist ihm eigentlich bekannt, dass er damit auch Arbeitsplätze vernichten kann?

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