Zwischen klasse und katastrophal – Der Tiefgaragen-Betrieb am Europaplatz scheidet die Geister



Von BERTHOLD BLESENKEMPER

Die Tiefgarage am Europaplatz scheidet die Geister. Während Stadtverwaltung und EWIBO hochzufrieden sind mit dem neuen Parkbetrieb dort und gar von „hoher Qualität“ sprechen, wird im Handel – und inzwischen auch in der Politik – zum Teil heftige Kritik laut. „Die Situation dort ist katastrophal“, meint Conny Bünger-Börgers, Inhaberin des Geschäftes Bett, Bad und Co. Vor allem niederländische Kunden verstünden das für ein Parkhaus ungewöhnliche Abrechnungssystem nicht und seien verärgert. „Ob Parkscheinautomat oder Öffnungszeiten, man vergrault die Besucher“, schlug FDP-Fraktionsvorsitzender Burkhard Henneken unlängst im Rat in die gleiche Kerbe.

Zum Hintergrund: Als die EWIBO Anfang 2017 den Betrieb der Tiefgarage übernahm, war diese in einem schlechten Zustand. Die untere Etage musste aus statischen Gründen gesperrt werden. Zudem hatte der Vorbesitzer die Schrankenanlage abgebaut. Nun steht eine teure Sanierung an. Bis dahin wollte die Stadt offenbar keine neue Schrankenanlage anschaffen. „Diesbezügliche Investitionen sind vor Sanierung der Garage nicht sinnvoll“, erklärt Pressesprecher Karsten Tersteegen auf Anfrage. Zudem verlangte die Verwaltungsspitze von ihrer EWIBO offenbar einen „schlanken Umfang“ des Betriebes.

In der Folge führte die EWIBO die Tiefgarage einfach wie einen unterirdischen Parkplatz. Es wurden Parkscheinautomaten (kl. Foto rechts unten) aufgestellt, an dem Nutzer Tickets ziehen müssen. Wer die Höchstparkdauer von drei Stunden überschreitet, zu spät zu seinem Wagen zurückkehrt oder sogar keinen Parkschein zieht, bekommt ein Knöllchen. Und das kommt nach den Erfahrungen von Conny Bünger-Börgers vor allem bei Niederländern oft vor. Für die Nachbarn sei diesen Verfahren neu und vor allem ungewohnt. Zwar gebe es an jedem Parkplatz einen Hinweis auf das Verfahren, der falle im DIN-A-Format sehr dezent aus (kl. Foto links unten) . „Außerdem ist er nur in Deutsch geschrieben. Viele übersehen den einfach“, so die Händlerin. Die Folge seien massive Beschwerden. „Einige sind so sauer, dass sie nicht mehr nach Bocholt kommen“, erklärt die Händlerin

Im Rathaus sieht man die Lage derweil völlig anders. „Dankenswerter Weise leistet die EWIBO die Aufgabe trotz der zustandsbedingten Erschwernisse in hoher Qualität im Rahmen eines Inklusionsbetriebes. Dabei stellt die EWIBO den Betrieb in zeitlicher Hinsicht im von der Stadt festgelegten schlanken Umfang sicher. Dieser entspricht vollständig der Praxis der letzten Jahrzehnte und ist im wesentlichen gekoppelt an die Öffnungszeiten des Einzelhandels im Umfeld“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber Made in Bocholt.

In den unterschiedlichen Sichtweisen liegt offenbar auch das Dilemma. Während die Stadtverwaltung und der EWIBO-Aufsichtsrat vordergründig kostenoptimiert denken, steht im Handel die Kundenorientierung an erster Stelle. Vergraulte Kunden sind nun mal nur extrem schwer wieder zurückzugewinnen. Das sieht auch Burkhard Henneken so. Statt die EWIBO aufzublähen müsse man mehr Aufgaben der freien Wirtschaft überlassen, verlangte er am Mittwoch in seiner Haushaltsrede.

Doch von solchen Überlegungen ist man im Rathaus weit entfernt. „Im Zusammenhang mit der Sanierung der Garage sowie den konzeptionellen Überlegungen im Rahmen von Zukunftsstadt, Flächenmanagement 2.0 und Mobilitätskonzept werden Funktionen und damit zusammenhängend notwendige/sinnvolle Öffnungszeiten sicher behandelt und mit allen Beteiligten diskutiert. Isoliert und vorab blähte dies möglicherweise den Betrieb auf, ohne dass dies erforderlich oder auch nur sinnvoll wäre“, schreibt Pressesprecher Karsten Tersteegen.

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