Bocholter Opposition schmiedet Allianz und fordert „Bahn statt Radschnellweg“



SPD, Grüne, Stadtpartei, Linke und Soziale Liste in Bocholt haben eine Allianz geschmiedet. Sie wollen den geplanten Radschnellweg nach Rhede verhindern, weil der die von ihnen favorisierte Reaktivierung einer Bahnlinie zwischen den Nachbarstädten unmöglich machen würde. „Eine Bahnlinie ist schneller zu realisieren und sinnvoller“, argumentiert Antonius Mayland (Stadtpartei).

Gleichzeitig erhebt das Bündnis Vorwürfe gegen Thomas Kerkhoff. Der enthalte den Stadtverordneten und Bürgern wichtige Informationen vor und zeige alles andere als die von ihm propagierte Transparenz, meinte Frank Büning von den Linken. „Dem Bürgermeister sollten man mal heftig vors Schienbein treten“, ergänzte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Monika Ludwig, heute im Rahmen einer Pressekonferenz.

Die Wellen schlagen hoch, weil die CDU und die von der Union dominierten Verwaltungen in Bocholt, Rhede und im Kreis Borken immer wieder erklären, dass die alte Bahnstrecke entwidmet sei und in naher Zukunft nicht mehr für den Eisenbahnverkehr genutzt werden könne. „Das ist schlichtweg falsch. Denn es geht hier nicht um einer Reaktivierung, sondern lediglich um eine Wiederinbetriebnahme“, so Antonius Mayland. Die wiederum könne innerhalb kurzer Zeit und mit vergleichsweise wenig Aufwand erfolgen. 10 bis 13 Millionen Euro kalkulieren die Bahn-Befürworter für die Strecke bis Rhede. Das wäre auch nicht wesentlich teurer als der geplante Radschnellweg, heißt es.

Die Oppositionsparteien verweisen in diesem Zusammenhang auf die Bentheimer Eisenbahn AG. Die hat in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich stillgelegte Bahnstrecken in Niedersachsen wiederbelebt. Es habe auch ein zweieinhalbstündiges Gespräch zwischen Joachim Berends, dem Leiter des Trassenmanagements der Bentheimer Eisenbahn AG, und Bürgermeister Thomas Kerkhoff gegeben, berichtete Michael Nyenhuis von der Stadtpartei. Entsprechend verwundet sei man später darüber gewesen, dass die Erkenntnisse aus dieser Zusammenkunft nicht in die Sitzungsvorlagen der Bocholter Verwaltung eingeflossen seien, hieß es heute.

Foto: Pressekonferenz auf der alten Bahntrasse

  1. Pierre Ofzareck says:

    Das es über die Reaktivierung der Bahn überhaupt eine Diskussion gibt, ist eine Posse, die nur von Menschen in die Welt getreten werden kann, die den Sinn des Wortes „Verkehrswende“ überhaupt nicht begriffen haben. Für die RE5 darf Bocholt nicht auf Dauer Endstation bleiben, sondern es muss weitergehen.

    Jedoch sehe auch ich ein großes Problem darin, dass die Strecke nicht nur nach § 11 AEG stillgelegt sein soll, sondern auch entwidmet wurde. Denn in letzterem Fall entfällt der Bestandsschutz. Sprich es darf keine ungesicherten Bahnübergänge mehr geben und beim Wiederaufbau der Strecke ist sich an aktuelle Bauvorschriften zu halten. Ist das bei der gegebenen Trassenführung überhaupt möglich.

    Wenn diese Strecke dennoch wieder in Betrieb gehen würde, am Besten gleich wieder durch bis nach Coesfeld, weil dann die heutige Bahn-Sackgasse wieder aufgehoben ist. Da auf der aktuell zwischen Bocholt und Münster verkehrenden Buslinie Doppelstockbusse eingesetzt werden müssen, ist von ausreichendem Fahrgastpotential auszugehen, zumal Erfahrungen belegen, dass sich das Fahrgastaufkommen einer Bahnlinie mindestens verzehnfacht, weil die Bahn einfach deutlich schneller, unabhängig vom übrigen Verkehr und bequemer ist. Zumal die Straßen auch nicht gerade im besten Zustand sind und der Bus gehörig gen Bocholt rumpelt.

    Klar kostet das alles Geld, doch wenn aus der Region ein prosperierender Wirtschaftsstandort werden soll, muss man dafür die Infrastruktur schaffen und erhalten. ÖPNV rechnet sich betriebswirtschaftlich nie. Doch durch die ÖPNV-Infrastruktur kommen die Pendler zur Arbeit und die Kunden in die Geschäfte. Gibt es keinen adäquaten und annehmbaren ÖPNV, dann fahren die Leute woanders hin, anstatt hier ihr Geld zu verdienen und auszugeben.

    Zur Wiederinbetriebnahme der Strecke sollte also ein Gutachten in Auftrag gegeben werden, welchen positiven Effekt es auf die Wirtschaft in der Region hätte, würde die Strecke wieder bedient.

    Das Gleiche ist Mitte der Achtziger Jahre mit der Strecke Euskirchen – Bad Münstereifel passiert. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass den aufzubringenden Betriebskosten dort, von jährlich rund eine Mio Euro, das Zehnfache an Steuerausfällen gegenüber stünde, wenn der Zug nicht mehr fahren würde. Nach diesem Gutachten waren sämtliche Stilllegungspläne umgehend vom Tisch. Hier kann man jetzt mit Sicherheit behaupten, dass der Wiederaufbau der Eisenbahn mit entscheidend dafür sein wird, dass die Region wirtschaftlich nicht abgehängt wird. Die Sanierung und Elektrifizierung der Strecke Bocholt – Wesel darf da nur der Anfang des Umdenkens sein. Wir brauchen die Bahn und wir müssen die Bahn machen lassen. Anders ist die dringend notwendige Verkehrswende nicht zu schaffen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert