Für mehr Frauenpower in den kommunalen Parlamenten



Bocholt (PID). In Bocholt wurde gestern Abend intensiv darüber diskutiert, wie es gelingen kann, den Frauenanteil in den kommunalen Parlamenten zu erhöhen. Zu der Veranstaltung “Weiblich.Politisch.Engagiert – Wir Frauen entscheiden mit“ hatte der Kreislandfrauenverband Borken in Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Bocholt, Astrid Schupp, anlässlich des „Internationalen Frauentags 2020“ in die SkyLounge des Bocholter Textilwerks eingeladen. Rund 50 Frauen nahmen teil.
Engagierte Frauen aus verschiedenen Bereichen berichteten über ihre Erfahrungen. „Wer sich als Frau kommunalpolitisch engagieren möchte, muss dafür nicht gleich in eine Partei eintreten“, sagte Bernadette Ebbers, die selbst erst 2015 in die Politik gekommen ist. „Wer gute Ideen hat und sich dann später bei einer Partei mit seinen Interessen wiederfindet, kann auch davon ausgehen, dass die eigene Meinung Gehör finden wird“, so Ebbers, die Mutter von drei kleinen Kindern ist.
„Selbst Aufklärungsarbeit leisten“
„Es ist wichtig, sich in politische Ämter wählen zu lassen“, betonte Regina Schulze Icking, Sprecherin des Kreislandfrauenverbandes. „So erhalten wir die Chance, selbst Aufklärungsarbeit zu leisten, zu informieren, mitzureden und mitzuentscheiden. Wir setzen uns auf vielfältigste Weise für die Interessen und Anliegen der Frauen, der Familien und der bäuerlichen Betriebe ein und gestalten das Leben in der Gesellschaft mit. Und beim politischen Engagement ist noch Luft nach oben.“
Die Gleichstellungsbeauftragte Astrid Schupp appellierte: „Wenn zahlenmäßig eine stärkere „Frauenpower“ vorhanden ist, können auch politische Themen, die eher die Lebensrealitäten von Frauen betreffen, einfacher auf die politische Agenda gesetzt werden. Und frauen- und gleichstellungspolitische Fortschritte werden politisch durchsetzbarer, weil fraktionsübergreifende Politikerinnenbündnisse möglich sind.“ Das, so Schupp, bedeute für alle eine repräsentativere Demokratie. Diese lebe davon, dass alle Bevölkerungsgruppen angemessen dort vertreten seien, wo über sie entschieden werde: „Also in Politik und Parlamenten.“ Hierfür sollen laut Schupp Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche es Frauen in der Familienphase und bei außerhäuslicher Berufstätigkeit ermöglichten, sich politisch zu engagieren.
Beruf, Familie und Ehrenamt unter einem Hut
Marie Mannheims, Studentin der Politikwissenschaften an der Universität Bonn, vermittelte in ihrem Referat „Wahlrecht endet nicht auf dem Stimmzettel“ den Frauen viel Wissenswertes über Strukturen, Abläufe und Aufgaben der Politik. Außerdem führte sie vermeintliche Gründe auf, warum nicht mehr Frauen politisch aktiv sind. Ein Mandat im Stadtrat oder im Kreistag sei ein Ehrenamt, für das neben Beruf und Familie noch Zeit gefunden werden müsse. „Sitzungen beginnen meist am frühen Abend und können sich über mehrere Stunden hinziehen. Kommen noch Ausschüsse sowie Versammlungen des Ortsvereins der eigenen Partei hinzu, sind schnell mehrere Abende pro Woche für das Ehrenamt verplant“, so die Referentin.
Lokalpolitikerinnen berichten
Bei einer anschließenden Gesprächsrunde mit den vier aktiven Lokalpolitikerinnen Magdalene Garvert (CDU), Hanni Kammler (SPD), Bernadette Ebbers (FDP) und Claudia Honderboom (Bündnis90/Die Grünen) zeigte sich anhand von den Erfahrungen aus der Praxis, wie unterschiedlich die Arbeit in der Politik aussehen kann. „Ich bin davon überzeugt, dass Gremien, die mit Männern und Frauen besetzt werden, sicherlich die politischen Entscheidungen verbessern. Nicht etwa, weil Frauen die ´besseren Politikerinnen´ sind, sondern weil geschlechtergemischte Teamarbeit bessere Ergebnisse verspricht“, meinte Magdalene Garvert.
Zukunftsmusik: Sitzungsbeginn 20 Uhr?
Ein „Markt der Möglichkeiten“ gab den Teilnehmerinnen die Chance, Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Auf die Frage „Was wäre anders, wenn 2050 der Anteil der Frauen in der Kommunalpolitik bei 50 % läge?“, antworteten die Frauen: Die Zeiten für Sitzungen und Ausschüsse wären familienfreundlich, das heißt der Beginn wäre um 20 Uhr. Die Kommunikation wäre wertschätzender, Schwerpunkte würden verlagert hin zu mehr Bildung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Sicherheit und einer besseren Bezahlung z.B. in den frauendominierten Pflegeberufen. Darüber hinaus, so wurde gemutmaßt, gäbe es Doppelspitzen etwa in den Kommunen und Landkreisen – darüber waren die Frauen sich einig.

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