Serie 36,5 Grad: Dietmar Amler im "Treffpunkt der Generationen" Studio B

Serie 36,5 Grad: Dietmar Amler im „Treffpunkt der Generationen“ Studio B

Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Foto)Hinter dem nüchtern wirkenden Eingang aus Glas und Stahl liegt ein dunkler, schlauchähnlicher Raum. Schummriges Licht beleuchtet die ansonsten fensterlose Gaststätte. Es ist laut, ein wenig stickig und eng. Nicht gerade einladend, dieses Studio B. Und doch ist das selbst ernannte „Lokal für jung(geblieben)e Leute“ in der Ravardistraße eines der ältesten und erfolgreichsten Kneipen Bocholts. Mittendrin Dietmar Amler. Der 59-Jährige ist nicht nur Wirt, sondern auch Teil der Geschichte dieser Kultstätte. Fast sein ganzes Leben hat ihn das Studio B begleitet. Hier hat er einen Teil seiner Jugend verbracht, seine Lebens- und Berufsplanung geändert, seine Frau Susanne kennengelernt, seine Abende um die Ohren gehauen, Jubiläen gefeiert und sein Geld verdient. „Das Studio ist Teil von mir“, so der 59-Jährige.Dabei hatte das Schicksal eigentlich etwas ganz anderes vorgesehenen für den Jungen aus Dingden, der als ältestes von fünf Kindern im September 1957 auf die Welt kam. Dietmar wurde nach der Schule erst einmal Handwerker. Er lernte Betonbau und besuchte anschließend noch mal die Schule, um Bauingineurwesen an der Fachhochschule in Aachen zu studieren. 1979 trat das Studio B erstmals einschneidend in sein Leben. Nach einem für die Kneipe und seine Gäste so typischen „Unheiligen Morgen“ verunglückte Amler und lag mit einem angebrochenen Lendenwirbel zwei Monate im Krankenhaus. An die schwere Arbeit auf dem Bau war anschließend erst einmal nicht zu denken. „Da habe ich Ludwig Büdding gefragt, ob ich bei ihm kellnern könnte, um mein Studium zu finanzieren“, erklärt Amler.Das war der Einstieg in die Gastronomie. Dietmar Amler erwies sich als talentiert. „Ich bin ein offener Typ, und die Arbeit hat mir Spaß gemacht“, blickt der 59-Jährige zurück. Noch wichtiger: Der Dingender Junge war zuverlässig. „Keine Weiber, keine Schnaps“, bringt es sein damaliger Chef, Ludwig Büdding, auf den Punkt. Er übertrug Dietmar Amler und seinem zweiten Hauptkellner Georg Schepers mit der Zeit immer mehr Verantwortung. Kein Wunder, dass die beiden die Gaststätte ab April 1992 als Wirte weiterführten. „Das ist auch schon wieder 25 Jahre her“, meint Amler.2002 trennten sich die beiden und Dietmar Amler machte allein weiter. Grund:  Die glorreichen 80er und 90er Jahre waren vorbei. Das Geschäft warf nicht mehr genug ab für zwei Wirte. Überhaupt ist Gastronomie mit der Zeit schwieriger geworden. Kein Grund zu jammern, findet Dietmar Amler. „Mann muss sich eben anpassen und immer wieder etwas Neues ausdenken“, meint er. So ist aus dem einst legendären Altbier- ein Weizenabend geworden. An den Wochenenden sorgen DJ’s für Musik. Und große Flachbildschirme locken regelmäßig die Fußballfans zu Liveübertragungen ins Studio. Ansonsten hat sich nicht viel geändert. „80 bis 90 Prozent meiner Gäste sind Stammkunden. Und die wollen es so wie es ist“, erklärt der Wirt das Erfolgsrezept.Besucher des Studio B verstehen sich denn auch eher als Familie denn als Gäste. Eltern treffen hier ihre Kinder, Freunde ihre Studienkollegen von einst und Sportler ihre Fans. „Vielleicht ist das auch der Grund dafür, warum es hier noch nie eine richtige Schlägerei gegeben hat“, meint Dietmar Amler. Rangeleien ja, „aber wenn das anfängt, geht sofort irgendjemand dazwischen“, berichtet er weiter.Für ihn selbst ist 2017 ein besonderes Jahr. Er wird 60, ist seit 25 Jahren Kneipenwirt und genauso lange verheiratet. Die Rente steht vor der Tür. „Na ja, drei vier Jahre kann ich noch wohl machen“, meint der 59-Jährige. Dann will er zu Hause bleiben. Ein sicherlich ungewohntes Bild für Frau Susanne und die drei Kinder der beiden. Die sehen ihren Vater dann auch mal abends auf der Couch hocken statt immer hinter einer Theke zu stehen.Wird er etwas vermissen? „Die Menschen“, meint Dietmar Amler. Mit ihnen zu reden und ihre Geschichten zu hören, sei immer spanend gewesen. Und was war dabei tollste Story? Dietmar Amler lächelt und meint: „Ein Wirt ist wie ein Pastor. Er hört zu und schweigt!“ Das dürfte so manchen in Bocholt beruhigen…Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]

Weiterlesen »

Serie 36,5 Grad: Alexander Gerards – vom Textilunternehmer zum Tierfutterhersteller

Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Fotos)Lammragout, Geflügelpatee, Entenbrustfiletstreifen oder Hirsch mit Kartoffeln und dazu Heidelbeeren und Kürbis.  Was sich liest, wie die gediegene Karte eines gutbürgerlichen Restaurants, steht bei der Dr.Clauder solutions for pets GmbH in Hamminkeln auf dem täglichen Zutatenplan für Katzen- oder Hundefutter. Schon- und Diätkost, hochqualitätive Nahrungsergänzungsmittel  oder Snacks – das Portfolio des Herstellers ist äußerst vielfältig. „Liebe geht durch den Magen“ gilt eben auch für Tiere. Einer, der das frühzeitig erkannt hat, ist der gebürtige Bocholter Alexander Gerards. Als Spross einer bekannten Bocholter Textil-Familie wechselte der 48-Jährige Kaufmann und Diplom-Betriebswirt  2006 die Branche und stieg in das Geschäft der Dr.Clauder-Unternehmensgruppe aus Hamminkeln ein. In der Folge übernahm er gemeinsam mit Malte Hübers die  Geschäftsführung und Verantwortung der Firmengruppe.Manchmal scheint Alexander Gerards selbst überrascht, wohin ihn sein beruflicher Weg verschlagen hat. Damit hatte niemand gerechnet, er selbst wohl am wenigsten. Dabei war die Karriere des Bocholters klar vorgezeichnet. Alexander wuchs als Sohn einer Unternehmerfamilie am Tannenweg in Bocholt auf. Er ging in Bocholt zur Schule. Es folgten eine Ausbildung zum Industriekaufmann und ein Betriebswirtschaftsstudium an der Fachhochschule Münster. Gerards suchte sich anschließend verschiedene Jobs im Ausland, u.a. in London und Kuala Lumpur. „Hörner abstoßen und Betankung von Internationaler Businesskultur und Führung“, nennt er das heute.1999 kehrte er nach Bocholt zurück und trat in die Geschäftsleitung der Firma Heidemann ein. Die führte er in der Folge sechs Jahre lang zusammen mit seinem Cousin Dr. Georg Heidemann. Doch die Zeiten waren nicht leicht. Der Niedergang der Textilindustrie machte auch vor den Bekleidungsherstellern nicht Halt. Der Bocholter stieg in 2005 aus dem Unternehmen aus und sah sich nach neuen Aufgaben um und erkannte Chancen im Bereich der Herstellung von Tiernahrung in Lebensmittelqualität.„Hunde und Katzen waren früher eher „Nutztiere“. Heute sind sie in erster Linie ein Teil der Familie“, meint der Dr.Clauder-Chef. Entsprechend ausgeprägt ist die Bereitschaft von Herrchen oder Frauchen, für gutes Futter auch gutes Geld auszugeben.Ebenfalls groß ist die Nachfrage nach Pflegeprodukten, Erziehungstipps oder Ernährungsberatung. Ein Grund mehr für das Hamminkelner Unternehmen, das Thema Tier ganzheitlich zu betrachten. „Nicht nur die Produkte  müssen qualitativ hochwertig sein, sondern auch die Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden“, erklärt Gerards. Allein schon deshalb leisten sich die Hamminkelner eine Hotline und eine kleines TV-Studio, in dem Erklärvideos produziert werden. Mindestens ebenso aufwändig ist das Engagement des Unternehmens in den sozialen Medien.Um den hohen Anspruch nach außen überzeugend darstellen zu können, führte die Firma schon sehr früh diverse Marken unter einer Dachmarke mit dem Namen Dr.Clauder’s zusammen. Der akademische Titel im Namen soll Vertrauen schaffen.  Gleiches gilt für den Leitspruch „Tierernährung aus Verantwortung“. Um dieser Devise gerecht zu werden, hat das Unternehmen die Produktion in Hamminkeln nach neuesten Standards errichtet und auf Herz und Nieren testen und anschließend zertifizieren lassen. Der Lohn ist ein seitdem stetiges Wachstum.Und wie steht es mit einem eigenen Haustier? Alexander Gerards sieht sich bei dieser Frage zu einem Geständnis genötigt. „Ich selbst bin eigentlich erst sehr spät auf den Hund gekommen“, berichte der 48-Jährige. Job und die Familie, die er 1999 mit Ehefrau Petra gegründet hatte und die bis heute drei Kinder hervorbrachte, standen stets im Mittelpunkt. Die wenige freie Zeit widmete Alexander Gerads sportlichen Aktivtäten wie Joggen, Segeln oder dem Mountainbike-Fahren. Bis „Luna“ in sein Leben trat. Die Magyar-Vizsla-Hündin ist heute fester Bestandteil des Clans. Um das zu unterstreichen, greift der Firmenchef in sein Porte­mon­naie und zieht ein Foto des jungen Tieres hervor. Spätestens hier zeigt sich, wie sehr Alexander Gerards die Gefühle seiner Kundinnen und Kunden versteht.  Er ist längst selbst einer von ihnen… […]

Weiterlesen »

Serie 36,5 Grad: Beatrix Telake – Die letzte Kürschnerin

Von  BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Fotos)Sie liebt ihr Handwerk. Dennoch musste Beatrix (Trixi) Telake die Kürschnerei Anfang der 90er Jahre aufgeben. Pelze zu tragen, war nach massiven Protesten von Naturschützern damals verpönt.  Heute, als Rentnerin, trifft man die 64-Jährige immer öfter wieder in ihrer Werkstatt. Dort recycelt sie alte Erbstücke wie Mäntel und Jacken zu Decken oder Handschuhen um. In der kleinen Werkstatt an der Dietrichstraße in Bocholt sieht es aus wie in einer alten nordamerikanischen Trapper-Hütte. Felle, wohin das Auge blickt. Nur haben die von Beatrix (Trixi) Telake Ärmel, Knopflöcher und Innenfutter. „Alles Erbstücke“, erklärt die 64-Jährige, während sie sich auf die Nadel mit Faden konzentriert, mit dem sie gerade einen Nerz bearbeitet. Die Kürschnerin schneidert das um, was Menschen nach Jahren wieder aus Kellern und Dachböden holen oder aus Schränken hervorkramen. Fast scheint es, als erlebe das uralte Handwerk eine Renaissance.Telake ist Kürschnerin durch und durch. „Ich hatte ja auch keine andere Wahl“, bilanziert sie. Als einzige Tochter eines Kürschners und einer Schneiderin wuchs Trixi in der Werkstatt ihrer Eltern Josef und Erna Telake an der Ravardistraße (heute Fasskeller) auf. Schnell war ihr der Umgang mit Nadel und Faden vertraut. Das brachte ihr einige Male den Neid der Freundinnen ein. „Ich konnte als Kind schon einfach und schnell ein paar neue Kleider für unsere Puppen schneidern“, erinnert sich die Bocholterin.Nach der mittleren Reife am Mariengymnasium absolvierte Trixi eine Ausbildung bei einer Kürschnerei in Wesel. Schließlich legte sie als Jahrgangsbeste in Nordrhein-Westfalen ihre Meisterprüfung ab und stieg ins elterliche Geschäft ein. Eine schwierige Zeit. Die wilden 68er hatten Ihre Spuren hinterlassen und rissen die junge Frau mit. Zudem litt die Branche unter massiven Protesten von Naturschützern, die Pelzträger an den Pranger stellten. Beatrix Telake hat dazu nach wie vor eine differenzierte Meinung. „Wenn man Wildtierfelle verarbeitet hätte wie die von Leoparden oder Seehundbabys, hätte ich das ja noch verstanden. Aber bei uns  wurde streng darauf geachtet, dass nur Felle von Zuchttieren verarbeitet wurden. Wenn man dagegen ist, dann dürfte man in letzter Konsequenz auch kein Schwein oder Rind essen“, meint sie1990 war das Geschäft in der Ravardistraße nicht mehr zu halten. Die Familie zog an die Dietrichstraße um. Zwei Jahre später war auch dort Schluss. Beatrix suchte sich einen Job als Verkäuferin in der Möbelbranche und arbeitete nur noch nebenbei in ihrem gelernten Beruf.Im Laufe der Jahre fertigte sie Mäntel und Jacken aber auch Taschen und Decken, Handschuhe und Stulpen. An ein besonderes Stück erinnert sie sich heute noch. „Ein Kunde brachte mir Fuchsfelle und wollte daraus ein Fuchskostüm für die alemannische Fastnacht in der Schweiz gemacht haben“, erzählt Trixi. Der Auftrag wurde erfüllt. Ihr Lieblingsstück war und ist indes eine Jeanskombination, die sie aus zwei alten Hosen schneiderte und teilweise mit Fellen besetzte. Dafür gab es die Goldmedaille des Kürschner-Zentralverbandes.Heute hat sie wieder häufiger junge Kundinnen und Kunden. Die haben oft geerbt und wissen nichts anzufangen mit alten Nerzmänteln oder Persianer-Jacken. Schnitte und Farben entsprechen meist nicht mehr der aktuellen Mode. Sie einfach so wegzuwerfen, finden die meisten Menschen jedoch zu schade. Manchmal aber geht es nicht anders. Denn wenn Pelze lange nicht getragen oder womöglich in Plastiktüten aufbewahrt werden, wird das Leder brüchig. Und dann ist meist nichts mehr zu machen. „Ich sage dann immer, dass das Tier zum zweiten Mal gestorben ist“, erklärt die Kürschnerin.Aber sie stößt auch immer wieder auf sehr gut erhaltene Stücke. Dann geht Trixi Telake das Herz auf. „So ein Nerz kann gut und gerne 60 bis 70 Jahre halten“, erklärt Telake. Sie macht Vorschläge zur Aufbereitung oder Umgestaltung und macht sich ans Werk. „Im Grunde genommen recycele ich nur noch“, meint die 64-Jährige und lächelt. Endlich kann sie einmal mit dem statt gegen einen Trend arbeiten. Eine ganz neue Erfahrung für die Bocholterin. […]

Weiterlesen »

Serie 36,5 Grad: Der „Bitcher“ – Nix für Seitenscheitel-Griller

Von BERTHOLD BLESENKEMPERBeim Grillen verwandelt sich Philipp Schlatt in einen knallharten Stahlburschen. Dann wird aus dem 28-jährigen Betriebswirt und Dachdecker ein cooler Marketingfachmann mit Vorlieben für saftige Rinder-Steaks und markige Sprüche. „Alles unter 300 Gramm ist bei mir Carpaccio“, meint der Bocholter lässig und wendet ein Filet in seinem glänzenden „Bitcher“. So heißt der Oberhitzegrill, den Schlatt zusammen mit drei Freunden entwickelt hat. Das Gerät fällt auf durch sein puristisches Design und mehr als 800 Grad Hitze, die ein spezieller Gasbrenner entwickelt. „Nix für Seitenscheitel-Griller“, meint Phillip Schlatt und kann sich dabei ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.Die Idee zum Bitcher kam dem Quartett während einer Party. Es müsste etwas geben, was die „Gutesteaksgibtesnurimsteakhouse-Meinung“ pulverisiere, so die vier. Ein, zwei Bierchen weiter war auch der passende Name gefunden: „The Bitcher“. Vornehm ins Deutsche übersetzt, bedeutet das „Der Unartige“. „Der Name sollte die Philosophie widerspiegeln und leicht zu merken sein“, erklärt der Bocholter. Die vier entwickelten, experimentierten bauten einen Prototypen, verhandelten mit Zulieferern und gründeten schließlich die Stahlburschen GmbH. Die hat den „Bitcher“ inzwischen erfolgreich auf den Markt gebracht.Der Grill hat mit seinen 26 Zentimetern Breite und 40 Zentimetern Tiefe Platz für zwei Steaks. „Aber wir schrecken auch nicht vor Würstchen, vor Geflügel oder Gemüse zurück. Nur sollte man das alles auf einer tieferen Ebene und damit bei weniger Hitze grillen“, erklärt der 28-Jährige. Wer’s größer braucht, der kann den GroBI bestellen, den großen Bitcher mit zwei Brennkammern und doppelt so großer Fläche.Die enorme Hitze, die der Bitcher ausstrahlt, macht das Grillen sehr schnell. Innerhalb von einer Minute sind die Brennkammern auf Temperatur. Legt man dann das Steak zwei bis drei Zentimeter darunter, kann man es bereits nach rund 60 Sekunden wenden. „Nur nicht mit langem Vorspiel aufhalten“, so die Devise der Erfinder. Ist das Fleisch schließlich fertig, sollte es auf der untersten Ebene noch für ein, zwei Minuten ruhen. Danach kann es aufgeschnitten und in kleinen Portionen serviert werden.Verkauft wird der Grill hauptsächlich online. Hier wird der Bitcher unter dem Hashtag #bitchyourbeef promotet. In Bocholt bietet Philipp Schlatt ihn in seinem Service-Standort auf der Franzstraße 26 an. Bei Bedarf gibt es auch noch Zubehör wie Messer, Grillschürzen oder Handschuhe dazu. Neben dem Grill liefern die Stahlhelden auch gleich Rezepte und Tipps zu Handhabung mit.Längst ist das Fernsehen auf den Bitcher aufmerksam geworden. Während der BBQ-Convention in Köln stellte ein TV-Team den Grill für das Morgenmagazin von RTL vor. Auch bei der Deutschen BBQ-Meisterschaft in Fulda erntete das Gerät viel Lob.Übrigens: Nach dem Grillen werden die Stahlburschen zu Putzhelden. Dann muss der Bitcher wie jeder andere gereinigt werden. Denn auch wenn sein Name im Englischen ein wenig dreckig klingt, aussehen muss er möglichst immer 100 Prozent propper.Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN    […]

Weiterlesen »

Serie 36,5 Grad: Gaby Frentzen – Und, wie fandse selba?

Von BERTHOLD BLESENKEMPERAlles begann mit einer „vorgezogenen Wechseljahreserscheinung“, wie Gaby Frentzen betont. Im zarten Alter von 42 Jahren hatte es die Bocholterin endgültig satt, bei Konzerten immer nur Luftgitarre spielen zu können. Deshalb kaufte sie sich in der Rockschule eine 10-er-Karte Unterricht, lernte drei, vier knackige Griffe auf dem elektrischen Saiteninstrument und rockte einfach mal drauflos. „Schön war es nicht, aber laut“, erinnert sich die Journalistin. Gaby fand vier Gleichgesinnte. Zusammen gründeten die Frauen eine Band mit dem eindeutig zweideutigen Namen „Falten/Rock“. Die feiert inzwischen ihr zehnjähriges Bestehen und starte Mitte September zu einer viertägigen Jubiläums-Tour im zünftigen Nightliner-Bus (inklusive Groupies) zu so klangvollen Spielorten wie Schwanewede, Brunbach oder Vernawahlshausen. Stil ist nun mal nicht das Ende des Besens. Erst Recht nicht für echte Rock’n’Rollerinnen.Dabei wurde Gaby Frentzen Rhythmus und Klangsicherheit nicht gerade in die Wiege gelegt. Sie wuchs in der Bärendorfstraße auf, ging zur Josef- und später zur Israhel-van-Meckenem-Realschule. Es folgten die Ausbildung zur Verlagskauffrau und ein Fernstudium in Jounalistik. Heute leitet Frentzen die Redaktion des Bocholter Reports.Ihre musikalische Erfahrung beschränkte sich in jungen Jahren auf den Konsum von Schallplatten und den Besuch von AC/DC-Konzerten. Die Pioniere des Hardrock waren ihre wahren Helden. Aus der Verehrung entstand der sehnliche Wunsch, es den Vorbildern wenigsten wenigstens einmal im Leben gleichtun und den Klassiker „TNT“ auf einer wie auch immer gearteten Bühne performen zu können.Der Rest ist Band-Geschichte. Zur in nur wenigen Monaten zur Leadgitarristin gereiften Frentzen, die sich fortan „Gäyb Frenny“ nannte, gesellten sich Sängerin Anni „Hannes“ Oenning, Rhyth­musgitarristin Katharina „Katha“ Neuenhaus, Bassistin Astrid „Higbert“ Florack und Drummerin Edda Tebartz. Letztere stieg später aus und wurde – welch ein Frevel – durch einen Mann ersetzt. „Frauen für dieses Instrument zu finden, ist nun mal sehr schwierig, und wir wollten einfach nicht so lange warten“, erklärt Gaby Frentzen. Deshalb ist jetzt Jörg „Jöööärch“ Sundach die Zugmaschine der Band, ein laut Internetseite allerdings ausgewiesener „Frauenversteher“.„Falten/Rock“ hatte sich von Beginn an der Musik von AC/DC verschrieben. Hells Bells, Back in Black oder Thunderstruck – gespielt werden die alten Klassiker aus der Bon-Scott-, aber auch aus der  Brian-Johnson-Zeit. Dazu garniert das Quartett seine Setlist gerne mal mit eigenen Stücken wie Kiss my Ass oder Devils Fire. Manchmal entfleucht den Ladies und ihrem Trommler sogar ein Ohrwurm, der eigentlich so gar nicht dazu gehört. „Das passiert dann, weil uns einfach danach ist“, lachen die Damen.Der erste Auftritt war im wahrsten Sinne des Wortes ernüchternd. Aber die vier machten trotzdem weiter – weil das Bier danach so gut schmeckt(e). Die Band-Devise lautet seitdem: Zocken, Spaß haben und neben Job und Familie einfach mal rotziger Rockstar sein. Dabei kennen die Gitarristinnen keine Bühne. Am liebsten spielen sie mitten im Publikum und/oder  auf der Theke. Und nach dem Gig  genießen sie das Leben echter Stars. In der Stretchlimousine mit Rotkäppchen-Sekt über die Reeperbahn, Catering auf dem Hotelzimmer mit Lachshäppchen und Kaviar, all das haben sich die Damen schon gegönnt.Der wie auch immer einzuordnende Erfolg gibt „Falten/Rock“ Recht. Man darf sich selbst halt nur nicht zu ernst nehmen. Die Band agiert denn auch eher nach der alten Fußballer-Devise „flach spielen heißt hoch gewinnen“ und übt sich in Understatement. Merke: Ist die Erwartung des Publikums gering, ist es nachher umso dankbarer.Nur in Sachen Promotion sind die Rock-Ladies echte Profis. Sie haben eine Internetseite gefüllt, sich bei Facebook ausgetobt, eine CD produziert und ein Buch herausgegeben. 2014 veröffentlichten Edda Tebartz und Gaby Frentzen gemeinsam auf 248 Seiten das spritzig-anregende Kopfkino zweier Musikerinnen aus Leidenschaft. Für 14,90 ist es heute noch online erhältlich. Der Titel: „Und, wie fandse selba?“. Wer genau hinhört, findet die Antwort in den Liedern von AC/DC: „It’s a Long Way to the Top (if you wanna Rock ’n‘ Roll)“ dröhnt es vielsagend aus den Boxen.Foto: Guido Karp […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Walter Hintenberger - Er ist dann mal weg!

Serie 36,5 Grad: Walter Hintenberger – Er ist dann mal weg!

Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Foto)„Ich bin dann mal weg“, meinte vor Jahren schon TV-Entertainer Hape Kerkeling und pilgerte wochenlang über der Jakobsweg durch Nordspanien. Ähnlich knapp und konzentriert verabschiedet sich Walter Hintenberger gedanklich, wenn er von Bocholt aus zu seinen tausende von Kilometern langen Fahrradtouren aufbricht. Zwei Monate durch Neuseeland und sieben Wochen durch Mittelamerika hat der 72-Jährige hinter sich. Jetzt macht er Pläne für eine Bike-Expedition im Süden Afrikas.Räder sind Walter Hintenbergers Leben. Entweder vier, auf denen er als Fahrlehrer sein gesamtes Berufsleben verbrachte. Oder einfach nur zwei, mit denen der Bocholter seit seiner Kindheit und Jugend erfolgreich Rennen auf der Bahn und der Straße bestritt. In diese Zeit fällt auch seine erste Erfahrung mit abenteuerlichen Fernreisen. Der junge Walter bekam in den 50er Jahren das Buch „Ich radle um die Welt“ von Heinz Helfgen in die Finger. Darin beschreibt der deutsche Journalist und Reiseschriftsteller eine Tour von Düsseldorf nach Burma. „Ich habe das damals verschlungen“, erinnert sich Hintenberger.Doch zunächst hatten Job und Familie Vorrang. Erst im Rentenalter konnte Walter wieder träumen. „Während einer Trainingsfahrt auf Djerba fragte mich dann jemand, ob ich nicht Lust hätte, eine Tour zu viert durch Neuseeland mitzumachen. Und da habe ich spontan ja gesagt“, erinnert sich der Bocholter.Monate später brach das Quartett auf. Schon der Flug war ein Abenteuer. „Anschließend mussten wir uns erst einmal zwei Tage im Hotel akklimatisieren und erholen“, erinnert sich der 72-Jährige. Doch dann ging es endlich los – durch ausgedehnte Hochebenen und Wälder, hohe Berge hinauf und hinunter, entlang wunderschöner Küsten – und das alles bei Wind und Wetter. Die zum Teil harten äußeren Bedingungen forderten ihren Tribut. Zwei der vier Teilnehmer brachen ab beziehungsweise fuhren allein weiter.Von nun an tourte Walter Hintenberger gemeinsam mit dem Berliner Stefan Lindner weiter. „Es ist unheimlich schwer, solche lange Fahrten in Gruppen zu machen, weil jeder seinen eigenen Rhythmus fahren muss. Du kannst am Berg nicht auf jemanden warten, sonst bis zu sofort raus“, schildert der Fachmann. Und was ist ihm von den grünen Inseln nach sage und schreibe 4222 Kilometern und 42.000 Höhenmetern in Erinnerung geblieben: „Wunderbare Natur, herzliche Menschen … und rücksichtslose Lkw-Fahrer. Wenn du nicht höllisch aufpasst, hängst du so vor deren Kühler“, meint Hintenberger.Ganz anders Anfang diesen Jahres bei seiner Tour durch Mittelamerika. Wieder mit Stefan Lindner tourte er von Mexiko aus durch Guatemala, El Salvador, Nicaragua und Costa Rica bis nach Panama City. „Nur Honduras haben wir ausgelassen. Dort war es uns einfach zu gefährlich“, berichtet der 72-Jährige. Mit Karten, Handys und leichtem Gepäck bewaffnet, ging es über Landstraßen von Etappenziel zu Etappenziel. „Stefan hatte das vorher alles fein säuberlich ausgearbeitet“, berichtet Hintenberger. Der Rest war Improvisation. „Ich spreche ja kein Englisch und auch kein Spanisch. Deshalb muss es bei mir eben mit Händen und Füßen gehen“, schildert der Bocholt schmunzelnd.Vorbei führte der Weg am Atitlan-See, den Alexander von Humbodlt einst als den schönsten der Welt bezeichnet hatte, an beeindruckenden Überresten der Maya-Hochkultur, an Regenwäldern und Nationalparks. Übernachtet wurde dort, wo spontan zwei Betten frei waren. Dabei kam es für Walter Hintenberger zu einem ganz besonderen Erlebnis. „Einmal sind wir morgens vom Hotel aus losgefahren. Rund einen Kilometer später kam ein Motorrad hinter uns her. Der Fahrer winkte und rief“, schildert der 72-Jährige. Das zunächst ungute Gefühl wich und wurde zu echter Freude, als der Bocholter feststellte, dass ihm der motorisierte junge Mann sämtliche Reisepapiere und die rund 1000 Dollar große Reisekasse brachte, die Walter Hintenberger im Hotelzimmer vergessen hatte. Auch sonst kann der 72-Jährige nur Gutes von den Menschen in Mittelamerika berichten. „Sie sind arm, aber sehr herzlich und gastfreundlich“, so das Fazit des Bocholters.Ähnliche Voraussetzungen erhofft er sich auch von Südafrika. Dorthin soll es als nächstes gehen. Vorher aber muss Walter Hintenberger noch ein wenig Gewicht zulegen. Sieben Kilogramm hat er während der 3600 Kilometer langen Mittelamerika-Fahrt bei über 29.000 Höhenmetern abgenommen. Die waren dann auch mal einfach so wegLesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN  […]

Weiterlesen »

Serie 36,5 Grad: Hermann Göring hat sich mit diesem Namen einen guten Namen gemacht

Von BERTHOLD BLESENKEMPERManchmal kann schon der Geburtsname eine schwere Bürde sein. Erst Recht, wenn man wie einer der führenden deutschen Nationalsozialisten und Kriegsverbrecher Hermann Göring heißt. Hermann Göring aus Bocholt lächelt. „Für mich selbst war das eigentlich nie ein Problem“, erklärt er. Im Gegenteil: „Diesen Namen konnten sich einfach alle merken. Den hat so schnell keiner vergessen“, meint der ehemalige Textilhändler. Heute ist der 80-Jährige erfolgreiche Vertriebsrepräsentant des bekannten Brühler Künstlers Andreas Noßmann. Und auch in der Kulturszene hat sich Hermann Göring mit seinem Namen und trotz seines Namens einen guten Namen gemacht.Wer wie der Bocholter bei Kriegsausbruch drei Jahre alt war, steht außer Verdacht, selbst ein aktiver Nazi gewesen zu sein. Auch die Namenswahl seiner Eltern hatte rein gar nichts mit Politik zu tun. „Mein Großvater hieß Hermann und mein Urgroßvater auch. Und zur damaligen Zeit war es nun mal üblich, einen Jungen nach dem Opa zu nennen“, meint Hermann Göring, Und schon hatte er seinen historisch belasteten Namen weg.Schwierigkeiten hat ihm das nach eigenen Angaben nie bereitet. Im Gegenteil: Hermann Göring blickt auf zahlreiche Anekdoten zurück. So salutierte einmal während seiner Bundeswehrzeit ein General augenzwinkernd vor dem Gefreiten Göring – und beiden grinsten sich dabei an. Ein anderes Mal fühlten sich zwei Polizisten mächtig auf den Arm genommen, als sie bei einer Verkehrskontrolle den Ausweis des Bocholters in die Finger bekamen. Hermann Göring grüßt einen der beiden nach eigenen Angaben heute noch freundlich, wenn er ihn in der Bocholter City trifft.Einzig in der Phase, in der er als Vertriebler einen neuen Kollegen einarbeiten musste, der tatsächlich Joseph Goebbels hieß, wurde es ein wenig haarig. Sich als Göring und Goebbels in ein Hotel einzubuchen oder bei einem Unternehmen vorzustellen bescherte den beiden so manch ungläubiges Kopfschütteln oder gar böse Blicke.Aber das waren und sind Ausnahmen. Hermann Göring besitzt das Talent, mit einer spürbaren Portion Selbstbewusstsein und seiner offenen Art auf Menschen zuzugehen. Das macht es dem Gegenüber leicht, über den seltsamen Namen hinwegzuschauen. Und plötzlich spielt dieser überhaupt keine Rolle mehr und Wichtigeres rückt in den Vordergrund.  Hermann Göring selbst spricht denn auch lieber über Malerei, über seine Begeisterung für die Werke von Andreas Noßmann, über dessen Talent und „unglaubliche Kreativität“. Dabei kam der Bocholter eher zufällig zur Kunst. Gemeinsam mit seiner Frau suchte er ein paar Bilder für eine neue Wohnung. Er stieß auch Zeichnungen, Grafiken und Stillleben des gebürtigen Hildeners. „Für mich war gleich klar: das ist es!“, berichtet der 80-Jährige.Er wollte mehr über den Künstler erfahren, besuchte diesen zu Hause in seinem Atelier, nahm ein paar Werke mit nach Bocholt und verkauft sie innerhalb kürzester Zeit. Das wiederholte sich. Heute sind der Künstler und sein Vermarkter Freunde. Zuletzt trafen sie sich bei einer Vernissage im so genannten „Kemminghaus“ an der Nordstraße 18 in Bocholt. Dort haben Hermann Göring und Peter Koenen bis Ende Mai auf eine 230 Quadratmetern eine Ausstellung mit Bildern lokaler, internationaler und prominenter Künstler eröffnet. Dort finden sich neben Werken von Noßmann solche von Jens Henning, James Rizzi, Günter Grass, W. Schlote, Claus Schenk, Fritz Brauwers, Paul Thierry, Michel Friess, Otto Waalkes, Udo Lindenberg und Armin Mueller-Stahl. Alles ebenfalls gute Namen.Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN  […]

Weiterlesen »

Serie 36,5 Grad: Florian Sauret – Der Stimmgewaltige

VON BERTHOLD BLESENKEMPERFlorian Sauret hat aus einer krankheitsbedingten Not eine Tugend gemacht. Er führt Einheimische und Touristen als Bocholter Nachtwächter durch die Stadt.„Name?“… „Florian Sauret“ – „Alter?“ … „36“ – Beruf? … „Nachtwächter“. Spätestens an diesem Punkt wird jeder Fragesteller stutzig. „Sie meinen Security-Mitarbeiter oder Objektschützer?“. Nein. Florian Sauret ist tatsächlich Nachwächter. Mehr als 100 mal jährlich führt er in historischem Kostüm Gäste durch Bocholt. Mit lauter, unverwechselbarer Stimme erzählt er überlieferte Tatsachen, geschichtlich verklärte Gerüchte und gerne auch mal das eine oder andere Anekdötchen. Längst hat sich Sauret über die Grenzen der Stadt hinaus einen Namen gemacht. Und so kreuzt der 36-jährige mit dem Markenzeichen Vollbart auch mal in Rhede als Tutemann, in Dinxperlo als Schmuggler, tagsüber  auf dem Bocholter Wochenmarkt als Kiepenkerl oder in Kindergärten der Stadt als Räuber Hotzenplotz, Weihnachtsmann oder Nikolaus auf. „Als Dienstleister muss man eben flexibel sein“, meint der Nachtwächter mit einem Schmunzeln.Der gebürtige Bocholter hat aus der Not eine Tugend gemacht. Eigentlich wollte er Lehrer werden. Dafür hatte Florian Sauret nach der Grund- und Hauptschule sein Abitur am Berufskolleg am Wasserturm gemacht und in Münster Geschichte und katholische Theologie studiert. Während dieser Zeit erhielt er von seinen Ärzten jedoch eine niederschmetternde Diagnose: Narkolepsie. Diese im Volksmund auch als „Schlafkrankheit“ bezeichnete neurologische Erkrankung lässt die Betroffenen manchmal urplötzlich einschlafen. „Mir war sofort klar, dass ich damit meinen Beruf nicht würde ausüben können“, erklärt der Bocholter. Auch fast jeder andere Job rückte in weite Ferne. Denn Narkoleptiker dürfen kein Auto fahren.Was tun? Florian Sauret steckte den Kopf nicht in den Sand. Er heuerte beim Stadtmarketing als Fremdenführer an. Mit der Zeit bekam er ein Gespür für die Wünsche der Kundinnen und Kunden. „Die wollen nicht nur informiert, sondern möglichst auch unterhalten werden“, so der 36-Jährige. In der Folge entwickelte er verschiedene Figuren: den Nachwächter, den preußischen Offizier, den Kiepenkerl, den Weingott Bacchus und, und, und…Zudem arbeitete Sauret diverse Touren aus. Bis zu einem Jahr kann es dauern, bis so ein Rundgang endgültig steht. Dabei schafft es Florian Sauret immer wieder, selbst eingefleischte Bocholter zu überraschen. So zum Beispiel, wenn er die Geschichte der heimischen Henker-Dynastie Schweppes erzählt. Über Generationen brachte die nicht nur den Tod, sondern rettete im damals für diesen Beruf üblichen Nebenjob Chirurgie auch so manches Leben. Für „Aha“-Erlebnisse  sorgen außerdem immer wieder die Erklärungen von Straßennamen wie Raverspurte, Neutor, Schanze, Nordwall oder Ostmauer, die auf die alte Stadtbefestigung zurückzuführen sind. Besonders beliebt sind bei den Kunden das Bocholter Ritter- und Bürgermal, die über vier Stunden gehende kulinarische Tour, die Kiepenkerlrunde über den Markt oder die Kneipentour. Apropos: Kaum jemand weiß, dass in Bocholt vor dem 30-jährigen Krieg sage und schreibe 48 Brauereien ansässig waren. Der dazu passende, steht augenzwinkernd vorgetragene Spruch des Nachtwächters lautet: „Das erklärt so manches. Es liegt halt in den Genen…“Touristen gegenüber verkörpert Florian Sauret gerne den typischen Bocholter – immer leicht grummelnd, gerne meckernd am liebsten unnahbar. „Das ist zumindest das Selbstbild, das wir von uns haben. Doch die Fremden sehen das ganz anders. Ich höre immer wieder, wie nett und aufgeschlossen die Bocholter eigentlich sind“, verdeutlicht der 36-Jährige. Noch etwas fällt auswärtigen Gästen regelmäßig auf: die Sauberkeit in der Stadt. Und das liegt nicht etwa daran, dass der Nachtwächter die City meist im Dunkeln durchstreift.Wenn Zeit bleibt und Angebote kommen, spielt der 36-Jährige bei kleinen Filmproduktionen mit.  Im Tatort Münster war er schon zu sehen und als Komparse beim Film über den jungen Karl Marx. Im Lutherjahr verkörperte er zudem mehrmals den großen Reformator.Übrigens: Wer eine Tour von Florian Sauret erleben möchte, muss sich zu nachtschlafender Zeit einfach nur vors Historische Rathaus zu Bocholt stellen und geduldig warten, bis ein grummelnden Mann mit Vollbart in langer brauner Kutte und ausgestattet  mit Laterne sowie Hellerbarde vorbeikommt und beginnt, stimmgewaltig um den Preis zu feilschen. Man kann ihn aber auch einfach per Handy unter +49 176 96444317 anrufen. Manchmal ist es eben doch ganz vorteilhaft, in der Gegenwart zu leben…Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN  […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Klaus Renzel - Clown mit Planstelle

Serie 36,5 Grad: Klaus Renzel – Clown mit Planstelle

Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text)Er beherrscht die lauten Töne ebenso wie die leisen, die Klassik nicht weniger exakt als den Rap. Klaus Renzel kann zu Tränen rühren und animiert nur Sekunden später zu herzhaftem Lachen. So durchleben die Zuschauer des 53-jährigen Wahl-Kölners im Verlauf einer perfekten Mischung aus Musik, Pantomime, Clownerie und Slapstick immer wieder einWechselband der Gefühle.  „Man braucht selbstverständlich Talent. Aber das meiste ist einfach harte Arbeit und jede Menge Erfahrung“, erklärt der in Rhede geborene und in Bocholt aufgewachsene Künstler.Klaus Renzel wurde als mittleres von drei Kindern im beschaulichen Lowick (links der Aa) groß. Den prägendsten Teil seiner Schulzeit verbrachte er am altsprachlichen St.-Josef-Gymnasium. Sein Vater, ein Textilkaufmann, hätte ihn anschließend gerne in einem zukunftssicheren Bürojob gesehen.  Doch Klaus war Künstler. Immer schon! „Mit sechs Jahren habe ich meine erste Gitarre bekommen und seitdem jeden Tag gespielt“, erinnert er sich.Am „Kapu“ fand Klaus Renzel mit Pater Bernward und Musiklehrer Klöcker zudem Förderer, die ihn in seiner Absicht bestärkten, die Leidenschaft auch zum Beruf zu machen. So wechselte Klaus nach seinem Abitur nach Münster und studierte Musik. Ein Urlaub im kalifornischen San Francisco brachte ihn schließlich zur Pantomime. „Für mich war es der optimale Ausgleich zur Musik, bei der man immer viel sitzt und stundenlang übt“, er-klärt Renzel. Er lernte, auch seinen Körper wie ein Instrument zu behandeln und zu beherrschen. Mimik, Gestik und Improvisation kamen hinzu.Spätestens jetzt war klar, dass die klassische Musik alleine nicht mehr reichte. Der Bocholter kehrte zurück nach Deutschland, erarbeitete erste Kurzprogramme und fand in schwerkranken Kindern sein erstes, begeistertes Publikum. „Mich hat damals jemand von der Uniklinik Münster angesprochen. Und so wurde ich einer der ersten Klinikclowns in Deutschland“, erzählt der heute 53-Jährige. Es folgten erste Soloprogramme auf Straßenfesten, Messen und Kongressen. 1986 erschien Klaus Renzels Langspielplatte „Saitenreise“ mit Eigenkompositionen. Danach absolvierte der Künstler zusätzlich eine Ausbildung im Bereich Ballett, ModernDance und Pantomime. Klaus Renzel ging auf Tournee.2003 erinnerte er sich an seine Anfänge in den Kliniken und betätigte sich erneut im Gesundheitswesen – diesmal jedoch in Pflegeheimen und Hospizen. „Die Menschen dort haben meist nicht mehr viel zu lachen. Umso wichtiger ist es, dass man den Humor zu ihnen bringt“, erklärt der damals bundesweit erste Clown mit Planstelle in einem Seniorenheim.Die Erinnerung daran lässt den 53-Jährigen über seine eigene Zukunft nachdenken. „Ich habe den schönsten Beruf der Welt, weil ich genau das machen kann, was mir jeden Tag Spaß macht. Aber das ständige Reisen ist auf Dauer irgendwann nervig“, erklärt der Künstler. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil Klaus Renzel längst eine eigene Familie hat. Vor allem seine jüngste, erst drei Jahre alte Tochter lässt ihn so ab und zu am unsteten Tourneeleben zweifeln. Der Bocholter hat vorgesorgt. Seine breit gefächerte, solide Ausbildung befähigt ihn, sein Wissen jederzeit an Jüngere weiterzugeben. Klaus Renzel als Dozent oder gar Professor an einer Hochschule? Eines steht fest: Das wird auf jeden Fall lustig!Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN SCHON MAL ZUM VORMERKEN!!!PERLEN DES VARIETÉ mit Klaus RenzelAM FREITAG, 05.01.2018ALTE MOLKEREI, WERTHER STR. 16 […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Marco Launert - Netzwerker mit Noten

Serie 36,5 Grad: Marco Launert – Netzwerker mit Noten

Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text) und NINA BANNEMANN (Foto)Musik ist sein Leben. Sie steht bei Marco Launert an erster Stelle – und zwar immer, zumindest aber fast immer. „Wenn ein paar Minuten bleiben, gehe ich auch ganz gerne mal Angeln“, meint der Gründer der Rockschulen in Bocholt, Hamminkeln, und Wesel. Ausgerechnet Zeit aber bleibt neben dem Musizieren, Unterrichten, Komponieren, Arrangieren, Produzieren und Organisieren wenig. Stress? „Nein, wenn man etwas mit Leidenschaft macht, fällt es leicht. Anders ginge es auch gar nicht. Es darf nur nie einfach nur ein Job werden“, erklärt der 44-Jährige.Damit wäre wohl auch schon das Erfolgsgeheimnis der Gitarristen und Schlagzeugers erklärt. Wenn es um Musik geht, ist Marco Launert überzeugt kompromisslos. „Ich mache grundsätzlich nur das, was mir Spaß macht“, so der Wahl-Niederrheiner. Vielleicht liegt das an seinen Wurzeln im Ruhrgebiet. Marco Launert wuchs in Essen als Sohn eines Gitarristen auf, der mit seiner Live-Band in Kneipen und Säle gastierte und dabei Rock- und Pop-Songs coverte. So wurde der Junge praktisch schon in der Wiege mit Noten infiziert. Im Alter von zwölf Jahren brachte Launert sich selbst das Gitarrespielen bei, mit 14 gründete er die Band „Blind Alley“, mit 15 gab er ersten Unterricht. Spätestens zu dieser Zeit wurde ihm klar, dass Musik auch seinen Berufswunsch dominierte.Doch vorher galt es noch, die Schule ordentlich abzuschließen. Marco Launert machte Abitur, leistete Zivildienst und studierte ein paar Semester Betriebswirtschaftslehre. „Das hilft mir heute“, meint er. Denn ganz ohne Zahlen und Analysen geht es auch in der Musik nicht. Gleichzeitig wurde ihm klar, dass er seine Arbeitszeit nicht hinter einem Schreibtisch verbringen konnte. Er brach das Studium ab und zog nach Hamminkeln-Loikum unmittelbar an die Issel. „Ich wollte immer schon auf dem Land leben“, erklärt Launert.Im benachbarten Hamminkeln gründete er 2005 seine erste Rockschule. Filialen in Bocholt und Wesel folgten. „Viele Freunde haben mich für bescheuert erklärt“, erinnert er sich. Ausgerechnet auf dem Land ein solches Experiment zu wagen? Marco Launert tat es und hatte von Beginn an Erfolg. Woran lag es? „Wenn heute ein Kind ein Instrument lernen will, geht das meist klassisch über die Musikschule. Ich habe einen anderen Ansatz und setzte von Anfang an ganz auf Rock- und Pop“, erklärt der Loikumer.  Das war ganz offenbar eine Marktlücke. Hinzu kam ein ganzheitlicher Betreuungsansatz. Marco Launert unterrichtet seine Schützlinge nicht nur einfach, er stellt sie auch zu Bands zusammen, organisiert technisches Equipments und Auftrittsmöglichkeiten, die Teilnahme an Festivals oder Musikreisen und, und, und.Als besonders erfolgreich erwiesen sich im Laufe der Zeit die so genannten Sofa-Konzert-Reihe der Rockschule und diverse Straßenmusikfestivals. Mit beiden schlägt Marco Launert zwei Fliegen mit einer Klappe. Seine Schüler erhalten Auftrittsmöglichkeiten, die der Inhaber parallel vermarkten kann. Stadtmarketinggesellschaften und andere Event-Veranstalter wiederum freuen sich, von Launert ein Komplettpaket geliefert zu bekommen.Der Musiker hat scheinbar überall Kontakte. Über Jahre hinweg hat er ein dichtes Netzwerk aus Noten geknüpft. So leitet der Musiker auch überregionale Projekte und Seminare. Zum Beispiel  arbeitet er mit dem Bundesverband Popularmusik zusammen. „Musik eignet sich hervorragend bei der Betreuung von Jugendlichen. Man lernt Disziplin, Toleranz, das Teamwork mit  anderen und vieles mehr“, verdeutlich der Lehrer.Apropos Seminare: Um zu entspannen, angelt der 44-Jährige. Beigebracht hat ihm das sein Opa. Auf beim Angeln gibt Launert Kurse für Kinder. „Dabei geht es aber weniger darum, Fische zu fangen, sondern mehr um Naturerfahrung und das Wissen über Pflanzen und Tiere der Region“, erklärt der Wahl-Loikumer.Doch zurück zu Musik: In diesen Tagen hat Marco Launert ausnahmsweise Zeit für sich selbst reserviert. Er produziert eine CD. Elf Songs sind geplant, die von elf verschiedenen Sängerinnen und Sängern interpretiert werden. Der Titel der Schreibe erklärt, was drauf, drin und drumherum ist. „Marco Launert“ heißt sie. Wen wundert’s…Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Sarah rockt!

Serie 36,5 Grad: Sarah rockt!

Von BERTHOLD BLESESENKEMPER (Text und Foto)Die nietenbesetzte Mütze forsch nach hinten gedreht wie Skorpions-Sänger Klaus Meine,  zerrissene Jeans, rote Strähne im Haar und ein Dutzend bunter Festival-Bändchen am Arm, der lässig eine giftgrüne Dreiviertel-Gitarre hält. Zumindest äußerlich hat Sarah Hübers ihr Ziel bereits erreicht. Die elfjährige Bocholterin will Rockstar werden. Berufliche Alternativen interessieren sie nicht. „Einfach nur Rockstar“, bekräftigt die Schülerin.Der Anfang ist gemacht. Sarah trat bereits in der Casting-Show „The Voice Kids“ auf, spielte als Vorgruppe bei einem Konzert der Sängerin Nena in Dinslaken, trat gemeinsam mit der Kelly-Family beim ZDF-Sommer-Hit-Festival auf und präsentierte sich erfolgreich als Straßenmusikerin beim „Bardentreffen“ in Nürnberg. Im Dezember erscheint Sarahs erste CD. So nähert sie sich Schritt für Schritt ihrem Traum. Für Marco Launert von der Rockschule Bocholt kommt diese Zielstrebigkeit nicht überraschend. „Irgendwann kamen Sarahs Eltern zu mir und erzählten, sie hätten eine Tochter zu Hause, die drei Stunden am Tag Gitarre übe. Sie fragten, was man da machen könne und ich sagte: Her mit ihr!“, schildert der Musikpädagoge. Seitdem unterrichtet er das Mädchen und baut es langsam auf. Seine Devise: Immer schön auf dem Teppich bleiben. Wie aber passt das zur Teilnahme bei „The Voice Kids“? Sarah Hübers sang dort vor knapp einem Jahr vor knapp 2,7 Millionen TV-Zuschauern und schied in der ersten Hauptrunde aus. „Wir haben uns vorher das Format genau angeschaut und ich muss sagen, das ist die einzig kindgerechte Casting-Show in Deutschland. Die geben sich da echt Mühe“, erklärt Launert. Zudem wollte Sarah unbedingt dahin. Und der Lehrer weiß, wie beharrlich die Elfjährige sein kann, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Für die Bocholterin ging es trotz des frühen Scheiterns am Ende gut aus. Die deutsche Musik-Ikone und Voice-Jurorin Nena lud die Bocholterin ein, bei einem Konzert in Dinslaken als Vorgruppe aufzutreten. Das war ein Highlight in der noch jungen Karriere der Gesamtschülerin. Im vergangenen August folgte das ZDF-Sommer-Hit-Festival, bei dem sie mit der Kelly-Familie auftrat, Seitdem ist es etwas ruhiger geworden. Hier mal ein Auftritt bei der Gewerbeschau Bocholt 4.0 oder beim Bokeltsen Treff, dort ein Konzert mit den anderen Schülern der Rockschule und dazwischen üben, üben, üben. Sarah macht das sichtlich Spaß. Die Gitarre im Arm zupft sie selbst beim Interview mit Made in Bocholt mal an dieser Saite, mal an einer anderen oder lässt das Plektron über das Griffbrett wandern. Irgendwie scheint bei ihr alles Musik zu sein. Fast alles. Denn ab und zu tauscht Sarah ihr Rocker-Outfit gegen ganz normale Mädchenkleidung, geht mit Freundinnen shoppen oder schlüpft ins Fußballtrikot des FC Grün-Weiß Lankern. So viel Zeit muss ein. Weitaus lieber jedoch als auf dem Platz steht die Bocholterin auf einer Bühne. Dort covert sie bekannte Songs erfolgreiche Rocker. Mehr und mehr gesellen sich dazu eigene Songs. Sarah weiß: Wer ein Star werden will, muss kreativ und unverwechselbar sein. Kopien sind im Showgeschäft auf Dauer nicht gefragt. Also schreibt das Mädchen gemeinsam mit Vater Thomas und Marco Launert und fleißig Texte und arrangiert Melodien, die zu ihr passen. Vorgetragen werden die bevorzugt laut. Ein echte Rockstimme muss bekanntlich röhren. Keine leichte Aufgabe für eine 11-Jährige. Was ihr an Stimme fehlt, macht Sarah mit Sympathie wett. Das Mädchen ist aufgeschlossen, freundlich und vor allem unkompliziert. Das macht es ihr leichter, mit dem frühen Ruhm umzugehen. Außerdem sind da noch die Klassenkameraden, ihre Eltern und der 15-jährige „große“ Bruder, die sie immer wieder in den ganz normalen Alltag zurückholen. Denn noch ist es nur ein Traum, das Leben als Rockstar. Und Träume sind für 11-jährige Mädchen das normalste der Welt.Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Urban Schneider - der Motorradphilosoph

Serie 36,5 Grad: Urban Schneider – der Motorradphilosoph

 Von BERTHOLD BLESENKEMPERDie Garage ist sein Wohnzimmer. Hier gesellt sich das Milch- zum Ölkännchen, die Couch zur Werkbank, der Kaffeelöffel zum Schraubenschlüssel. In den Glasvitrinen liegen Zylinderköpfe statt Porzellanfiguren. In dieser Mischung aus Museum und Werkstatt lebt – zumindest zeitweise – Urban Schneider, Jäger und Sammler, Schrauber und Bastler, Motorradphilosoph. „Man muss schon manchmal ein wenig verrückt sein im Leben. Aber dafür macht es dann auch umso mehr Spaß“, erklärt der 50-jährige Bocholter seine Leidenschaft für Maschinen, die bevorzugt älter sind als er. Am liebsten mag Schneider die Gespanne mit Beiwagen.Begonnen hatte alles im Alter von 14 Jahren. Der Junge aus Holtwick durfte bei einem Bekannten mitfahren und fing sofort Feuer. Das war es. Das kam dem Traum von Freiheit und Abenteuer schon sehr nahe. Gleichwohl dauerte es noch etwas, bis sich Urban Schneider selbst motorisieren durfte. Den Anfang machte eine Mobylette, eine französische Mofa. Es folgten während seiner Ausbildung zum Industriekaufmann bei einer Bocholter Türenfabrik mit einer Honda MT8 ein Leichtkraftrad,  dann mit der R25/3 von BMW die erste schwere Maschine. Zahlreiche weitere folgten. „Heute habe ich so 14 oder 15, so genau weiß ich das nicht. Vier davon  sind fahrtüchtig“, berichtet Schneider.Der 50-Jährige versteht sich als Motorradfahrer, nicht als Biker. Der Unterschied zwischen den beiden „Spezies“ liegt im bevorzugten Tempo. Der Bocholter und seine Freunde reisen lieber statt zu rasen. Im so genannten „Blumenpflückermodus“ geht es über die Landstraßen. „Autobahn  fahre ich so gut wie nie“, erklärt Schneider.Mehr noch als das Cruisen liebt es das Basteln. Fast macht es den Eindruck, als freue er sich insgeheim, wenn die Maschine stottert oder das Getriebe knackt. Dann wird das unter Brennholz, Bier und Lebensmitteln verstaute Werkzeug ausgepackt und es geht los. Hämmern, schrauben, ausbeulen, abdichten – was nicht passt, wird passend gemacht. Das ist dem Bocholter derart in Fleisch und Blut übergegangen, dass er sich auch beruflich entsprechend verändert hat. Heute handelt Urban Schneider mit Frisörzubehör, berät die Handwerker bei der Einrichtung ihrer Läden und legt dabei liebend gerne auch selbst mit Hand an.Nicht anders ergeht es ihm in seinem Hobby. Hier paart sich die Kreativität mit historischem Wissen. „Man muss die Maschinen kennen, ihre Geschichte, ihren ursprünglichen Zweck“, erklärt der Motorradphilosoph. So mache es beispielsweise keinen Sinn, mit einer russischen IZH, die für den Einsatz in der Tundra in erster Linie robust und langlebig sei, über längere Zeit mit Höchstgeschwindigkeit zu rasen. „Dann geht sie eben kaputt“, so der Experte.Apropos Russland: Eine Tour über den im sibirischen Winter zugefrorenen Baikalsee würde Urban Schneider liebend gerne einmal machen. Alternativ träumt  er von einer Langstrecken-Reise durch Deutschland oder Schweden. Bis sich das realisieren lässt, bliebt es beim Wintertreffen in den Bergen oder dem Wochenendtripp durch die heimische westfälische Parklandschaft. Voraus fährt meist ein Freund aus Ahaus. „Der ist kann so schön langsam fahren, da komme ich erst gar nicht ins Versuchung schneller zu werden. Man will ja schließlich etwas sehen“, meint Schneider.Sehen ist die eine Sache, gesehen werden eine andere. Wo auch immer der Bocholter mit seinen Maschinen auftaucht, wird er umringt. „Man kommt mit den Menschen schnell ins Gespräch. Dann muss man erklären und erzählen“, berichtet er. Die meiste Aufmerksamkeit erzielt der 50-Jährige allerdings mit einer alten BMW R60/5 aus Polizeibeständen. Die fährt er am liebsten originalgetreu mit Wachsjacke und Jethelm und freut sich diebisch, wenn vor allem ältere Autofahrer im ersten Moment zusammenzucken, wenn sie ihn im Rückspiegel sehen oder er neben ihnen anhält. Ein Augenwinkern, dann gibt Urban Schneider vorsichtig Gas und cruist davon.Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN  […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Mirjam mischt mit

Serie 36,5 Grad: Mirjam mischt mit

VON BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Foto)Flüchtlinge sind Menschen. Sie leiden, lachen, lieben. Und sie haben ein Gesicht. Mirjam Enghy weiß das. Seit Jahren arbeitet die 31-Jährige Walhbocholterin mit ungarischen Wurzeln in Migrationsprojekten. Eines davon wurde jüngst in Hamburg mit dem Integrationspreis des Bundesbauministeriums in der Kategorie „Nachbarschaften“ ausgezeichnet. Mirjam Enghy kennt auch die Vorbehalte gegen Menschen aus fremden Länden und Kulturen. Und die 31-Jährige hat eine einfache Erklärung dafür. „Jeder trägt ein Brille. Wenn man dann versucht, die eines anderen aufzusetzen, sieht man erst mal unscharf und anders. Das ändert sich erst nach einiger Zeit“, meint die studierte Germanistin und gelernte Trainerin für Sozialkompetenz.Dass die Welt offenbar durch weitaus größere und vor allem klarere Gläser betrachtet als die meisten anderen Menschen, liegt vermutlich an Mirjam Enghys Kindheit. Mit fünf Geschwistern als Tochter eines evangelisch-reformierten Pfarrer-Ehepaares in einem ungarischen Dorf mit 3200 Einwohnern aufzuwachsen, war nach nicht immer leicht. „Wir mussten – wie unsere Eltern auch – ständig Vorbild für andere sein“ erinnert sich die heute 31-Jährige. Aber die Zeit sei auch „sehr schön“ gewesen, ergänzt sie schnell. Denn schon früh lernte Mirjam die sozialen Komponenten des Berufes – besser gesagt der Berufung – kennen: das menschliche Miteinander, die Bedeutung von Achtung und Anerkennung, Herzlichkeit und Wärme.Dennoch entschied sich Mirjam Enghy als junge Frau, einen anderen Werdegang einzuschlagen. Mit dem Rüstzeug von vier erlernten Fremdsprachen im Gepäck, ging sie nach Deutschland und studierte in Rostock Germanistik. Dann machte sie eine Ausbildung zur Fachkauffrau für Spedition- und Logistikdienstleistungen und arbeitete als Sales Managerin in einem international tätigen Unternehmen. „Aber das war auf Dauer nichts für mich. Mit fehlte der Umgang mit den Menschen“, so die Ungarin.Mirjam ließ sich am Bremer Institut für Pädagogik und Psychologie zur Sozialkompetenztrainerin ausbilden und heuerte bei der Arbeiterwohlfahrt in Lippstadt an. Hier entwickelte sie das Projekt „Flüchtlingen ein Gesicht geben“ mit und übernahm die Leitung der Gruppe „Migranten Mischen Mit“. Erklärte Ziel war es, überwiegend junge Flüchtlinge aus der Isolation herauszuholen und sie zu ermutigen, Kontakt zu ihren deutschen Nachbarn aufzunehmen – und umgekehrt. Die Arbeit war so erfolgreich, dass sie gleich mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurde.Dennoch ging Mirjam Enghy weg. Sie lernte in Lippstadt ihren heutigen Verlobten kennen und zog nach einiger Zeit zu ihm nach Bocholt. Eine neue Aufgabe fand sie beim Bildungszentren des Baugewerbes (BZB) in Wesel. Hier arbeitet sie im Projekt „Perspektiven für junge Flüchtlinge im Handwerk“ mit.Ein Patentrezept für den Umgang mit Menschen aus Kriegs- oder Hungergebieten kennt auch sie nicht. Nur soviel weiß Mirjam Enghy: „Man muss die Menschen in erster Linie als Menschen betrachten. Sie kommen aus völlig anderen Kulturen mit völlig anderen Regeln. Sich hier anzupassen, dauert einfach seine Zeit“, erklärt die 31-jährige. Selbst Europäern falle es manchmal schwer, deutsche Gepflogenheiten zu verinnerlichen, weiß Mirjam Enghy aus eigener Erfahrung. Absolute Pünktlichkeit sei dafür ein gutes Beispiel.Gleichwohl verkennt die 31-Jährige nicht, dass Integration zum großen Teil auch Anpassung ist. Die Sprache spiele dabei eine ganz wichtig Rolle. Geduld sei ebenso essenziell. Und manchmal eben auch Konsequenz. Wer gegen Regeln verstoße, ohne das daraus spürbare Konsequenzen für ihn erwachsen, sei nur schwer zu Veränderung seines Verhaltens zu bewegen, meint die 31-Jährige.Apropos: Für Mirjam Enghy selbst stehen demnächst ebenfalls Veränderungen an. Im September wird geheiratet. Danach zieht sie mit ihrem Mann von Bocholt nach Werth in ein eigenes Haus. Dann heißt es wieder, Koffer packen, alte Nachbarn verlassen und neue begrüßen. Mirjam Enghy lacht und verrät das Geheimnis ihrer spürbaren Gelassenheit: „Ich habe nie das Gefühl gehabt etwas aufzugeben, sondern mich immer darauf gefreut, etwas Neues kennenzulernen.“Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Sören van Heek - Der "Zauberer" aus Bocholt

Serie 36,5 Grad: Sören van Heek – Der „Zauberer“ aus Bocholt

Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Foto)Fotoshoooting zu Hause bei Sören van Heek. Der 46-jähriger Bocholter stellt sich in Pose. Das schwarze Muskel-Shirt bringt die farbigen Tätowierungen auf seinen kräftigen Oberarmen leuchtend zur Geltung. Sören sieht sich das Ergebnis an. Der Monitor zeigt einen freundlich wirkenden Mann mittlerer Alters. So weit so gut. „Aber da lächle ich ja“, meint van Heek ein wenig erschreckt. Was sonst gewollt ist, entpuppt sich hier als Problem. Denn „Snoppi“, wie ihn Freunde und Fans nennen, ist nicht nur Kommunikationstechnik-Ingenieur in Festanstellung, Lucky-Strike-Raucher, Kaffee- und Whiskeytrinker, Peugeot-Fahrer, Jogger und ganz normaler Familienmensch. Sören ist seit mehr fas 30 Jahren vor allem Schlagzeuger der Heavy-Metal-Band „Wizard“ (zu deutsch: Zauberer). Und als solcher hat er  grundsätzlich grimmig in die Kamera zu blicken. Image ist eben alles!Es fällt zunächst schwer, sich den netten, offenen Menschen auf der mit Gartenmöbeln bestückten Terrasse des Mehrfamilienhauses in Bocholter Citynähe als Heavy-Metaller auf einer in Feuer und Rauch gehüllten Bühne vorzustellen. Aber genau dort steht der 46-Jährige am liebsten. „Es ist einfach nur geil, wenn hunderte oder tausende Leute deine Lieder mitsingen, begeistert sind und dir zujubeln“, berichtet van Heek. Genauso ernüchternd  ist es allerdings, wenn er nach einem solchen Wochenend-Gig in das Büro seines Arbeitgebers in Rhede zurückkehrt und „kein einziger Mensch“ klatscht. Ein Spagat zwischen Show und bürgerlicher Realität.Für Sören van Heek ist das jedoch kein Problem. Im Gegenteil. „Ich glaube, wir haben damit genau die richtige Mischung gefunden“, meint er. Musik allein könnte wohl nicht den Lebensunterhalt und den-Standard der Wizard-Mitglieder und ihrer Familien sichern. Deshalb gehen die fünf in der Woche einer ganz normalen Arbeit nach und leben ihre Traum dafür am Wochenende aus. Und das mit großem Erfolg.Bereits im Alter von 16 Jahren wechselte der ehemalige Musikschüler und klassische Trompetenspieler Sören van Heek zum Schlagzeug. Damals lebte er mit seinen Eltern und drei Geschwistern in Rhede. Er überredete seinen Nachbarn Michael Maaß dazu Gitarre zu lernen. Die beiden kamen in Kontakt mit weiteren Musikern in der Region. Dies mündete 1989 in der Vereinigung mit „Mandragore“ zur Band „Wizard“. Zwei Jahre später nahm die Gruppe das Demoband „Legion of Doom“ auf und kopierte es auf Kassetten, die sie selbst verkaufte. 1995 folgte „Son of Darkness“, diesmal schon auf CD’s gepresst, von denen 3000 weggingen. Erste Plattenfirmen wurden auf „Wizard“ aufmerksam. Und es begann die Zeit der Festivals, Live-Shows und Gigs.Wizard bereiste die Welt. Auftritte beim berühmten Wacken Open Air und Bang-Your-Head-Festival in Balingen folgten weitere Plattenaufnahmen. Die Fans kamen aus aller Herren Länder. „Einmal stand plötzlich ein Japaner in unserem Probenraum. Der war eigens nach Deutschland geflogen, um uns kennenzulernen“, schildert van Heek. Wizard wurde zur Marke in der Heavy-Metal-Szene.Inzwischen ist es ein wenig ruhiger geworden um Sänger Sven D’Anna, die Gitarristen Michael Maaß und Dano Boland, Bassist Arndt Ratering (seit 2014 für Volker Leson) und Schlagzeuger Sören van Heek. Aber die fünf Freunde machen weiter. Am 16. Juni erscheint ihr neues Album „Fallen Kings“. Den Bocholtern präsentiert sich die Band dann eine Woche später bei einer Autogrammstunde in Hannas Plattenkiste am Crispinusplatz.Ein Konzert vor heimischen Fans wäre wohl noch schöner. „Aber seitdem das Brauhaus zu ist, hast du hier in Bocholt als Band ja keine Möglichkeit mehr für einen vernünftigen Auftritt. Eigentlich ganz schön peinlich für so eine Stadt“, meint Sören van Heek. Tja, wirklich zaubern können die Zauberer aus Bocholt dann doch nicht…Mehr zu Wizard auf der Homepage und der Facebookseite der BandLesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN Photo by sinneswerk.com […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Dirk Nienhaus und seine "Bocholter Landschweine"

Serie 36,5 Grad: Dirk Nienhaus und seine „Bocholter Landschweine“

Herzerwärmende Hofromantik kennt Dirk Nienhaus nur noch aus Kindertagen. Spätestens seitdem der heute 39-jährige Bauernsohn nach der mittleren Reife an der Israhel-van-Meckenem-Realschule seine Agrar-Ausbildung absolviert hat, weiß er, das Ackerbau und Viehzucht genau so ein Beruf ist wie jeder andere auch: Tier- und Umweltschutz, Kosten, Nachfrage, Umsatz und Gewinn dominieren den Alltag. „Die Zahlen zählen“, meint der Stenerner. Und doch hat sich Nienhaus einen kleinen Hauch landwirtschaftlicher Schwärmerei bewahrt. Er züchtet nebenbei die einzigartigen „Bocholter Landschweine“. Und bei der regionalen Vermarktung dieser selbst entwickelten Rasse nutzt der 39-Jährige intensiv die neuen Medien. Tradition trifft Moderne – hier passt dieser Slogan wie Faust aufs Auge.Das Smartphone ist sein Allzweckwerkzeug. Per Handyapp kontrolliert Dirk Nienhaus regelmäßig die Wettervorhersagen, die Temperatur in den Ställen oder den Futtermittelbestand in den Silos. Ein kurzer Druck auf den Monitor, schon wir automatisch nachbestellt und geliefert. „Landwirtschaft arbeitet heute mit den modernsten Methoden. Anders geht es nun mal nicht mehr“, so der 39-Jährige. Innerhalb des Stalls nutzt der Stenerner inzwischen immer öfter auch die Foto und Videofunktionen seines Mobiltelefons. Dann dreht er Szenen für seinen Bewegtbildblog und die Facebookseite. Mehr als eine Million Aufrufe hat Nienhaus damit bereits erzielt.„Waldi“ und „Inge“ kennen das nur zu gut. Die beiden schwarz-weißen schwäbisch-hallischen Schweine sind sozusagen die Ureltern der Bocholter Zucht. „Sie sind auch die einzigen Tiere auf dem Hof, die einen Namen haben“, erläutert Dirk Nienhaus. Waldi und Inge zeichnet große Gelassenheit aus – und das sowohl im Umgang mit ihren Artgenossen als auch auch vor der Kamera. „Die kann nichts aus der Ruhe bringen“, erklärt der Bauer.Nienhaus hat die aus Süddeutschland stammenden Tiere mit Standardschweinen gekreuzt. Das macht das Fleisch der Nachkommen dunkler, marmorierter und schmackhafter. Schon hat ein Bocholter Metzger Interesse gezeigt und möchte geschlachteten Bocholter Landschweine ab Sommer in sein Sortiment aufnehmen. Dirk Nienhaus macht das Mut. Er setzte neben der traditionellen Schweinezucht auch in Zukunft verstärkt auf Nischenprodukte. Aber nicht etwa als Hobby. „Auch das ist ein Geschäft, Nur eben ein anderes“, so der 39-Jährige.Um seine „Bocholter Landschweine“ bekannt zu machen und – neudeutsch ausgedrückt – die Markenidentität zu erhöhen, dreht Dirk Nienhaus regelmäßig Videos und stellt sie ins Netz. Dabei geht es ihm auch darum, den normalen Alttag auf einem Bauernhof zu zeigen. „Ich beschönige nichts. Wenn ein Tier lahmt, dann lahmt es eben – auch wenn sich dann wieder ganz viele Zuschauer aufregen. Aber so ist es nun mal“, erklärt der 39-jährige. Er hält nichts vom Versteckspiel mancher Berufskollegen und vom ständigen Rechtfertigungsdruck der Branche. „Landwirtschaft ist heute eine unter starkem Druck stehende Zulieferer-Branche. Und so lange die Preise für Lebensmittel so niedrig sind wie zur Zeit, wird das auch so bleiben“, erklärt der Fachmann. Entsprechend selbstsicher und offen stellt er sich Fragen oder der Diskussion mit der Politik.Dabei knöpft sich der Landwirt aus Stenern auch schon mal Regierungsmitglieder vor. Ein Beispiel dafür ist Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Deren jüngste, bei Landwirten höchst umstrittene Informationskampagne mit Sprüchen wie „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein!“ kritisierte Nienhaus offen als staatliche finanzierte Pauschaldiffamierung und Bauernbashing mit „billigen Parolen“. „Das musste mal raus“ so der Titel seiner entsprechenden Videoblog-Episode, die mehr als ein halbe Million Mal online abgerufen wurde.Eine der jüngsten Folgen seines Videoblogs beschäftigt sich übrigens mit Karneval. Die Kernfrage lautet: Feiern Schweine die närrischen Tagen und vor allem – haben Sie anschließend eine Kater? Beim Dreh profitierte Nienhaus sichtlich von seinen Erfahrungen, die er als ehemaliger Aktiver der LaPaBo gemacht hatte. Jetzt freuen sich andererseits die Stenerner Schützen bereits auf ihren Saisonhöhepunkt und was ihr Oberst Dirk Nienhaus daraus macht. Aber vielleicht interessiert das dann auch einfach gar kein Schwein…Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Marcus Suttmeyer - Das Ziel fest im Blick

Serie 36,5 Grad: Marcus Suttmeyer – Das Ziel fest im Blick

Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Foto)Übersehen kann man Marcus Suttmeyer nicht. Dafür sorgt schon seine außergewöhnliche Körpergröße von 2,08 Metern. Inzwischen arbeitet der 51-Jährige zusätzlich intensiv daran, dass man ihn auch möglichst nicht übergehen kann. Denn als frisch gebackener Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Bocholt kämpft der gelernte Automobilkaufmann an vorderster Front für den Erhalt des Schützenhauses Bocholt. Und das bedeutet, Menschen motivieren, Lobbyarbeit betreiben, Geldgeber finden, Klinken putzen und Stunden über Stunden mit detaillierten Planungen zu verbringen. „Ich hätte nie gedacht, dass das so viel Arbeit sein kann“, erklärt der gebürtige Gelsenkirchener.Zum Ehrenamt engagierter Sänger des Kirchenchores St. Georg. Dort hatte der 51-Jährige unter anderem Veranstaltungen mit organisiert und erfolgreich Spenden eingesammelt. Das und noch so einiges mehr prädestinierte ihn für die Stiftungsarbeit.Ehrenamtliche Arbeit frisst viel Zeit. Aber das stört Suttmeyer nicht. Zeit hat er – wenn auch gänzlich unfreiwillig. Im Alter von 30 Jahren erkrankte der damals junge Familienvater gleich an mehreren Krebserkrankungen in Folge. Er überlebte. Seitdem  ist Suttmeyer arbeitsunfähig und Rentner. Und er hat gelernt, nicht so schnell aufzugeben.Als ehemaliger Automobilkaufmann, der über seine Cousin Ansgar, einem Ex-Torhüter des FC Olympia, von Gelsenkirchen nach Bocholt kam, hier seine Frau kennenlernte und blieb, kann Suttmeyer zudem mit Zahlen umgehen. Das ist auch dringend notwendig angesichts der Summen, mit denen die Bürgerstiftung plant. 16 Millionen Euro soll allein die Wiederherstellung des Schützenhauses und der Ausbau des Gebäudes zu einem hochmodernen Veranstaltungszentrum mit bis zu 1300 Sitzplätzen kosten. Wie aber treibt man so viel Geld auf? „Momentan ist das ein wenig wie die Geschichte von der Henne und dem Ei. Man weiß nicht, was zuerst da war“, erklärt Suttmeyer. Er hat jedoch eine klare Strategie.Ein wichtiger Meilenstein ist die rechtsgültige Anerkennung der Bürgerstiftung. Erst dann können offiziell Spenden eingesammelt werden. Diese dienen in erster Linie dazu, ein finanzielles Polster zu schaffen. Der wichtigste Baustein bei der Finanzierung sind Zuschüsse des Landes. Wie das gehen kann, zeigt das Beispiel einer Bürgerstiftung in Schwerte. Dort kaufte die Stadt 1990 die so genannte „Rohrmeisterei“. Diese wurde einer Stiftung übertragen. Und die  ließ das historische Gebäude mit Hilfe einer 60-prozentigen Förderung aus Düsseldorf zu einem Bürger- und Kulturzentrum umbauen und stellt seitdem den Betrieb sicher. Die dabei erzielten Gewinne decken größtenteils die Darlehen ab, mit denen der Rest der Modernisierung vorfinanziert wurde. „Momentan sind die Zinsen extrem niedrig. Das ist für uns eine Riesenvorteil“, verdeutlicht Marcus Suttmeyer, dass es in Bocholt ähnlich laufen könnte. Im Kleinen habe es hier sogar schon funktioniert. „Pro Barlo und der Saal Wissing-Flinzenberg sind ein gutes Beispiel dafür“, so der Vorstandsvorsitzende.Inzwischen hat die Bürgerstiftung nach anfänglichen kleinen Störfeuern auch Rückendeckung aus dem Rathaus. Bürgermeister Peter Nebelo sprach sich in seiner Neujahrsansprache 2017 klar für das Projekt aus. Die Stadt hat durchaus Interesse am Schützenhaus. Denn sie feiert im Jahr 2022 ihren 800sten Geburtstag. „Das wäre doch ein schöner Termin für eine Einweihung des neuen Schützenhauses“, meint Marcus Suttmeyer. Dann könnte auch sein Sohn Phillip mitfeiern. Der gehörte übrigens zur letzten Abiturientia, die im Schützenhaus ihren Abschluss feiern durfte.Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Petra Frenk trotzt dem Krebs - Augen auf und durch!

Serie 36,5 Grad: Petra Frenk trotzt dem Krebs – Augen auf und durch!

 Augen auf und durch!VON BERTHOLD BLESENKEMPERMit einem Mal war alles anders. Petra Frenk erinnert sich noch gut an den Moment, als ihr Arzt im Juli vergangenen Jahres plötzlich einen „ganz besorgten Blick“ bekam. Diagnose Krebs. Die kleine, unscheinbare Delle in der rechten Brust, die die 50-Jährige eher zufällig beim Blick in den Spiegel entdeckt hatte, war Folge eines bösartigen Tumors im Gewebe. Seitdem gehört die Krankheit zu Petra Frenks Leben. „Aber ich will nicht, dass sie mein Leben dominiert“, meint sie fast schon ein wenig trotzig. Entsprechend offensiv geht die berufstätige Ehefrau und Mutter von zwei Kindern weiter durchs Leben. Augen auf und durch!Dabei steckt die Angestellte eines Bocholter Immobilienunternehmens immer noch mitten in der Behandlung. Mehrere Chemo-Therapien und Bestrahlungen warten nach der Tumorentfernung auf Petra Frenk. Die Einnahme der teilweise aggressiven Medikamente haben Spuren hinterlassen. Ihre Haare, Augenwimpern und -brauen sind ausgefallen. Die Haut ist im doppelten Sinne des Wortes dünner geworden. Und manchmal schreit der Körper einfach nur nach Ruhe. Dann hört die Bocholterin in sich hinein und gönnt sich eine Pause.Wer Petra Frank kennt, weiß, wie schwer ihr das fällt. Die 50-jährige war immer „taff“ – stets sportlich, dauernd beschäftigt, unermüdlich agil. „Doch plötzlich wird dir unmissverständlich klar, dass das Leben endlich ist“, erklärt die 50-jährige. Der Krebs hat sie verändert. Sie wirkt ruhiger und gleichzeitig rastloser. „Du willst Dinge nicht mehr auf die lange Bank schieben, wenn du nicht weißt, ob du sie überhaupt noch erlebst“, erklärt Petra Frenk. Und so steckt sie mitten im Dilemma zwischen gewünschter Entschleunigung und womöglich knapper werdender Zeit.Die Bocholterin hat viel mit ihrem Mann und ihrer Familie darüber gesprochen. Gleichzeit suchte sie Kontakt zu Leidensgenossinnen und meldete sich in zwei geschlossenen Facebookgruppen an. Dort erlebte Selbsthilfe online und live. Das gab ihr den Mut, in den sozialen Netzwerken Fotos zu posten und über ihre Therapie zu berichten. „Ich will Mut machen“, meint die 50-Jährige. Damit schreckt sie so manchen auf oder sogar ab. Von anderen erntet sie umso mehr Aufmunterung.„Jeder muss das machen, was ihm gut tut. Die einen ziehen sich nach der Diagnose zurück, die anderen gehen nach vorne“, erklärt Petra Frenk. Sie persönlich gehört klar zur letzteren Gruppe. Aus diesem Grund setze sich die Bocholterin mutig mit Glatze ins Fotostudio von Carolin Nimtz von der Agentur Kopfkino und ließ sich porträtieren. Heraus kamen Bilder voller Leben. Sie helfen Petra Frenk gegen die Frucht, die Krankheit könnte sie irgendwann hilflos machen. „Das war und ist meine größte Angst“, berichtet sie und wird nachdenklich. Das sind die Momente, in denen der Krebs sich wieder in den Kopf schleicht ihn scheinbar bleiern werden lässt. Petra Frenk nimmt ihn langsam wieder hoch und lächelt.Look good feel betterLook good feel better, zu deutsch: sehe gut aus und fühle dich besser, heißt ein Programm der DKMS (ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei), die Kosmetikseminare für Krebspatientinnen finanziert. Die Teilnehmerinnen erhalten nicht nur zwei Stunden lang Tipps von Profis, sondern außerdem kostenlos eine Tasche mit hochwertigen Pflegeprodukten.Eine, die solche Kurse ehrenamtlich gibt, ist die Bocholterin Regina Meißner von der Firma rm-kosmetik. Als ehemals Betroffene weiß sie aus eigener Erfahrung gut, was die Kranken benötigen. „Das ist neben der Hilfe vor allem Zuspruch“, so Meißner. Denn erklärtes Ziel der Initiatoren ist es, zu mehr Lebensmut zu ermuntern und neue Lebensqualität aufzubauen.Auch Petra Frank hat an einem solchen Seminar teilgenommen. „Die Haut verändert sich durch die Medikamente“ berichtet sie. Entsprechend wichtig sei eine veränderte Pflege und Kosmetik. Es wird unter anderem gezeigt, wie Hautflecken oder Wimpernverlust kaschiert werden können. Die Frauen schminken sich selbst, damit ihnen das auch im Anschluss an das Seminar ohne Schwierigkeiten gelingt. Ein weiterer Programmpunkt ist eine Tücher- und Kopfschmuckberatung. Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Camilla Daum - Musik ist Leidenschaft

Serie 36,5 Grad: Camilla Daum – Musik ist Leidenschaft

 Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text) und KIRSTEN ENK (Fotos)Es ist ruhig geworden um sie. Camilla Daum stört das nicht. „Musik ist mein Hobby, meine Leidenschaft. Aber eine Karriere als Sängerin stand nie zur Debatte“, versichert die 21-jährige, einstige Voice-of- Germany-Kandidatin aus Bocholt. Umso mehr genießt sie es heute, wieder mal im Rampenlicht zu stehen. So wie Ende Oktober diesen Jahres bei der Verleihung des Deutschen Filmmusikpreises 2016 in Halle (Saale). Komponist Timo Pierre Rositzki hatte den Preis in der Kategorie Bester Song im Film für den Titelsong „Alive“ aus der deutschsprachigen Verfilmung des Jugendromans „Boy 7“ erhalten. Und Interpretin Camilla Daum durfte daraufhin live singen.Camilla Daum hat sich verändert. Nicht nur äußerlich. Die langen Haare sind ab. Und es scheint, als ob die junge Frau darunter genauso entschlossen ihre Prioritäten modifiziert hat. Die 21-jährige wirkt abgeklärt. „Für mich stand immer fest, dass ich etwas Ordentliches lerne“ meint die Textilmanagement-Studentin. Deshalb schrieb sie sich nach dem Abitur am Berufskolleg Wasserturm an der Universität im niederländischen Enschede ein. Zurzeit absolviert Camilla zudem zwei Praxissemester in Düsseldorf.Und was ist aus dem Traum einer Weltkarriere geworden? „Den gab es eigentlich nicht. Bei Voice of Germany habe ich ursprünglich nur mitgemacht, weil ich nach dem Abitur Zeit hatte und mal sehen wollte, wie weit ich komme“, berichtet die Bocholterin.  Bis zu Runde drei, den so genannten Knockouts, reichte es 2014 als Kandidatin von Rea Garvey. Und Camilla Daum erinnert sich gerne daran. Sie ist dankbar für und stolz auf die Erfahrungen, die sie bei den Profis gesammelt hat. Noch heute hat sie einige Kontakte zu anderen Kandidaten. „Wir haben damals so viel und lange zusammengehockt, da bleibt einfach etwas“, meint sie.Ebenso treu ist die 21-jährige dem Bocholter Musicalprojekt „Showfactory“ geblieben. Angefangen hatte alles noch viel früher bei den Musicals der Musikschule unter der Leitung von Jule Wanders. Camilla Daum war damals 6 Jahre und sang für ihr Leben gern. „Nicht gut, aber viel“, schmunzelt sie heute darüber. Ihre Eltern förderten sie. Sie spendierten dem kleinen Talent einmal wöchentlich Gesangsunterricht. „Und sie haben mich immer unterstützt und waren bei jeder Aufführung dabei“, schildert die Bocholterin.Das zahlte sich aus. Camilla Daum zehrt noch heute davon. Im Scheinwerferlicht zu stehen, hat sie selbstbewusst gemacht. „Ich habe keine Angst vor der Bühne“, berichtet die 21-Jährige. Nur das Lampenfieber bleibt. „Aber das muss sein“, meint Camilla. Die Erlebnisse helfen ihr nun im Studium weiter. Camilla Daum ist weltoffen und hat keine Scheu auf Menschen zuzugehen. Vielleicht liegt es aber auch an den brasilianischen Genen, die sie von ihrer Mutter geerbt hat.Derweil müssen ihre Fans warten. Mehr als 9000 davon folgen der Bocholterin auf Facebook. Viel zu sehen und hören bekommen sie in letzter Zeit nicht. „Mir fehlt einfach die Zeit“, erklärt die 21-Jährige. Auch ein Indiz für Veränderung.Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: In der Weihnachtsbrauerei...

Serie 36,5 Grad: In der Weihnachtsbrauerei…

 VON BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Fotos)Langsam aber stetig läuft die gelb-braune, leicht trübe Flüssigkeit aus dem unscheinbaren weißen Plastikfass in die Glasflasche. Harald Dieckhues (47) achtet exakt auf die Füllgrenze. Ist diese erreicht, verschließt er schnell den Hahn und klappt den Bügelverschluss über den Flaschenhals. Geschafft. Wieder ist ein ein Liter „Dat Bokeltse“ fertig. „Jetzt muss es noch drei bis vier Wochen in der Flasche gären, dann ist es perfekt“, ergänzt sein Freund Ralf Eiting (45). Die beiden haben in den vergangenen Tagen knapp 200 Liter Bier gebraut. Das soll für den Winter reichen.Erst im Frühjahr geht’s erneut an die Bottiche. Dann ist auch der diesmal verhinderte Dirk Bungert wieder mit dabei. Das Trio produziert seit 2014 für den Eigenbedarf Pils, Alt, Weizen, Ale, Helles, Bock, Schwarzbier und was sonst gerade lecker und gefragt ist. „Cerdo Asado“ nennen sich die drei, was spanisch ist und übersetzt „Schweinebraten“ bedeutet. Ein ungewöhnlicher Name für eine Hobby-Brauerei. „Stimmt“, erklärt Ralf Eiting und ergänzt, „ursprünglich waren wir ja auch ein Kochclub und wollten ein Bad Bentheimer Schwein mästen. Aber die behördlichen Auflagen waren so groß, dass wir darauf verzichtet haben.“ Aus Neugierde bestellten die drei daraufhin ein Bierbrauer-Set im Internet und produzierten ein paar Liter Gerstensaft. Seitdem ist Schweinebraten nur noch Beilage.Damit sich die Sache auch lohnt und stets gleichbleibende Qualität produziert werden kann, haben die Bocholter in Technik und Ausrüstung investiert. Gaskocher und Bottiche, Rührlöffel und Pumpen, eine Läuterhexe und hochempfindliche elektronische Thermometer wurden angeschafft. „Wenn schon, denn schon“, meint Harald Dieckhues. Und so verwandelt sich die Terrasse seines Hauses regelmäßig in eine Brauerei. Dann wird viel, viel Wasser erhitzt und mit jeder Menge Malz vermischt, gerührt und nach einer exakt bestimmten Zeit ruhen gelassen. Anschließend muss wieder erhitzt, Hopfen zugemischt und für 90 Minuten „wallend“ gekocht werden. Schließlich wird abgekühlt, gesiebt und der Feststoff vom Sud getrennt. Erst dann kann das jetzt noch wegen des hohem Zuckergehaltes süße Bier in die Gärbottiche umgefüllt werden. Ein paar Liter behalten die Hobby-Brauer zurück. Diese sogenannte „Speise“ wird später noch gebraucht.„Acht Stunden sind wir damit beschäftigt“, erklärt Dieckhues. Die restliche Arbeit erledigt die Hefe. Sie wandelt im Laufe der Zeit den Zucker in Alkohol um. Kurz bevor das junge Bier in die Flaschen kommt, kippt das Trio die zuvor zurückgehaltene „Speise“ zurück zum Rest. „Der dadurch erneut zugesetzte Zucker wird dann in der geschlossenen Flasche hauptsächlich zu Kohlensäure vergoren. So entsteht später der Schaum des Bieres“, erläutert Ralf Eiting.Soweit die Theorie. In der Praxis kann schnell mal was danebengehen, „Einmal haben wir zu viel Speise zugegeben. Da hat es beim Öffnen der Flaschen einen lauten Knall gegeben und das Bier ist bis unter die Wohnzimmerdecke gespritzt“, erzählt Eiting lachend. Ein anderes Mal hatten die drei zu viel Hopfen genommen und der Gerstensaft schmeckte extrem bitter. Fast hätte es beim Brauen auch schon gebrannt, weil der Wind eine Pappe in der Flammen des Kochers drückte. Ein Grund mehr für die drei Bocholter, bei der der Produktion von Alkohol auf eines strikt zu verzichten: auf Alkohol. Alles wird exakt dokumentiert. Das verlangt schon der deutsche Zoll.Wochen später, wenn das Bier reif ist und zum ersten Mal probiert werden kann, folgt der spannende Abschluss des langen Prozesses. Ploppt es beim Öffnen des Bügelverschlusses? Wie ist die Farbe, wie der Geschmack, wie die Konsistenz des Schaumes? Ralf Eiting und Harald Dieckhues sind zufrieden. „Süffig“, so ihr einstimmiges Urteil über „Dat Bokeltse“. Damit ist klar: Der Winter kann kommen! […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Jörg Hintenberger - Auf Turnschuhen durch die Galaxis

Serie 36,5 Grad: Jörg Hintenberger – Auf Turnschuhen durch die Galaxis

VON BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Fotos)Manchmal geht einfach der Mathematiklehrer mit ihm durch. Weil Jörg Hintenberger den landläufig bekannten Begriff „Mikro“ als Beschreibung des Verhältnisses eines Planeten zum Universum eindeutig als zu groß empfand, nannte er seinen Roman „Yoktokosmos Erde“. Das Quadrillionstel Yokto – rechnerisch exakt (10−3)8 – beschreibe die Sache einfach besser, meint er, auch wenn das wissenschaftlich nicht korrekt ist. Womit wir auch schon beim Thema wären. Richtig ernst nehmen sollte man das Erstlingswerk des 45-jährigen Bocholters nicht. Gerade das aber macht die Science-Fiction-Satire für Fans des Genres durchaus lesenswert.Jörg Hintenberger macht keinen Hehl daraus, wer oder – besser gesagt – was ihn inspiriert hat. Als Kind der 70er und 80er Jahre hat der Pädagoge des Euregio-Gymnasiums das Buch „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams förmlich verschlungen. Aus dessen Grundideen und aus eigenen philosophischen Gedanken zum menschlichen Dasein entwickelte „Hinti“, wie ihn seine Freunde nennen, die skurrile Geschichte des Erdlings Digger Brind. Der wird von einem gewissen Rubart Knox eher unfreiwillig von seinem Heimatplaneten evakuiert und gewinnt auf seiner unglaublichen Reise durch Raum und Zeit seltsame Freunde. Einer davon ist „Pott“, eine in eine Kaffeedose migrierte Künstliche Intelligenz. Klingt verrückt, ist es auch.Hintergrundwissen über den Autor ist beim Lesen der Weltallkomödie nicht zwingend notwendig, hilft aber beim Verständnis einiger Weisheiten. So stammt die Erkenntnis, dass verschiedene Bioformen eine Gemeinsamkeit hätten, nämlich es nicht leiden zu können, wenn Bier mit so etwas ähnlichem wie Limonade gepanscht werde, eindeutig aus Hintenbergers Zeit als Kellner im Bocholter Kultlokal Studio B. Wesentlich diffiziler ist da schon seine Theorie einer Zeitreise. Man brauche jede Menge Geschwindigkeit, meint der Hobby-Schriftsteller, mehr aber noch „die enorme innerere Gelassenheit“, den Raum verstreichen zu lassen. Bei der Idee, planetenübergreife Teleportation durch spezielle Turnschuhe zu ermöglichen und diese Art der Fortbewegung profan „Hoppeln“ zu nennen, hat sich der 45-Jährige allerdings eindeutig vergaloppiert.Mehr als 20 Jahre hat Jörg Hintenberger am „Yoktokosmos“ gearbeitet. Viele Urlaube, unzählige Gespräche mit Freunden und seiner Frau Erika sowie einige Flaschen Rotwein neigten sich dem Ende zu, ehe das 240-seitige Werk in Ermangelung eines interessierten Buchverlages in Eigenregie 500mal gedruckt wurde. Herausgekommen ist ein Erstling, dem man anmerkt, dass ihm ein professioneller Lektor fehlte. So entwickelten sich Längen und schwach ausgeprägte Spannungsbögen. Jörg Hintenberger macht diese jedoch mit viel Phantasie und spürbarem Schreibtalent wieder wett.Inzwischen traut sich der Bocholter an eine Fortsetzung. Denn für gute Geschichten gibt es zumindest laut (Zitat) Expose zur Vorlesung „Philosophie für Erstsemester“ des Studiengangs „Planetarische Verwaltung“ an der gregorianischen Universität für angewandte Ordnung und Sauberkeit noch ausreichend Platz „im luftleeren Raum“.Übrigens: Das von Martin Pritzel illustrierte Taschenbuch gibt es zum Preis von 9.90 Euro unter http://www.yoktokosmos-erde.de oder bei der Mayerschen – untenhintenrechts!Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN   […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Ronald Boterkooper van den Born - Sein Jahr!

Serie 36,5 Grad: Ronald Boterkooper van den Born – Sein Jahr!

 Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Fotos)„Das ist einfach mein Jahr“, ist sich Ronald Boterkooper van den Born sicher. Im Februar bekam er Traumhund Babs, eine junge, braune Labrador-Dame. Drei Monate später folgte die Hochzeit mit Lebenspartner Rudolf van den Born. Den Vogel aber schoss der 55-jährige Niederländer im August ab – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ronald Boterkooper van den Born wurde König der Bocholter St.-Georgius-Schützen. „Unglaublich“, meint der leidenschaftliche Gastronom. Ein homosexueller, niederländisch-reformierter Ausländer als Regent eines alten Traditionsvereins im konservativen Westfalen? „Kein Problem“, versichert Ronald Boterkooper van den Born. Bis heute habe er nicht einen einzigen dummen Kommentar gehört. Im Gegenteil: „Alle haben gesehen, wie sehr ich mich gefreut habe, und das hat wahrscheinlich angesteckt“, so der Inhaber des Bocholter Museumsrestaurants Schiffchen. Vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass der neue König die Bräuche des Vereins achtete und ohne viel Tamtam mit einem gemischten Thron ins Lager einzog. Schwul zu sein sei ihm ja schließlich nicht auf die Stirn tätowiert. Deshalb mache er am liebsten auch keinerlei Aufhebens darum. „Für mich ist das ganz normal“, erklärt Ronald. Und damit basta!Ronald Boterkooper van den Born weiß was er will. Das war schon so, als der Sohn und Enkel eines Bäckers aus dem kleinen niederländischen 300-Seelen-Ort Nijeholtpade bei Heerenveen eine Ausbildung zum Koch begann. Zielstrebig entwickelte er sich weiter. Irgendwann verschlug es ihn irgendwie irgendwo nach Bocholt. Hier lernte er Ludger (Lupo) Möllmann kennen und später auch lieben. Ronald blieb und arbeitete zunächst als Koch unter Fritz Biergans im Schützenhaus. „Viele Vereinsmitglieder kenne ich noch von damals. Aber da waren sie noch kleine Jungs“, erinnert sich der 55-Jährige. Später wechselte er als Food-Stylist zu einem Fotografen und kochte das, was mancher Sternekoch später in einem Fotoband präsentierte.Doch die Gastronomie ließ ihn nicht los. Ronald Boterkooper van den Born ergriff die Chance, als das Museumsrestaurants Schiffchen neu zur Verpachtung anstand. Gemeinsam mit Ludger Möllmann brachte er das Haus nach vorne. Bis zum 23. August 2011. An diesem Tag starb „Lupo“nach kurzer, schwerer Krankheit. Für Ronald brach eine Welt zusammen. Urplötzlich war er allein und damit auch allein verantwortlich. Der leidenschaftliche Koch, der sich bis dato lieber an den Herd zurückgezogen und seine Kreativität ausgelebt hatte, musste sich von einem Tag auf den anderen um die Gäste kümmern, Akquise betreiben, Reden halten und Netzwerke pflegen. Was ihm anfangs schwer fiel, machte Ronald Boterkooper van den Born mit der Zeit immer selbstbewusster. Voll eingespannt zu sein, half ihm außerdem über die Trauer hinweg.Vor drei Jahren dann trat er in den St.-Georgius-Schützenverein ein. Spätestens hier legte er die letzte Scheu ab. „Ich werde König“, meinte er in diesem Jahr, als gäbe es daran keinen Zweifel. Und es klappte. „Als der Vogel runterfiel, habe mich erst ein wenig erschreckt. Und dann ging alles ganz schnell“, erinnert sich der 55-Jährige.Und doch gab es einen Moment, in dem König Ronald erst ungläubig und dann ehrfurchtsvoll innehielt. Das war der Augenblick, als sich nach dem Vogelschießen ein prächtiger Regenbogen über das Schützenhaus spannte. „Da wusste ich, dass mir da oben im Himmel jemand zuschaut und Glück wünscht“, beschreibt der Niederländer.Und noch ein Ereignis bleibt ihm nachhaltig in Erinnerung. Das war die Sekunde, in der die Antonius-Kapelle zu Ehren des neuen Königs die niederländische Nationalhymne intonierte. Wieder war Ronald zu Tränen berührt. Aber nicht lange. „Gleich danach haben die nämlich die deutsche Nationalhymne gespielt, und da haben wir alle lauthals mitgesungen“, schildert der 55-jährige.Fast scheint es, als seien König Ronald diese kurzen, gefühlsbetonten Momente peinlich. Schnell erzählt er weiter, so als wolle er ablenken, ein anderes Thema anschneiden. Und doch sind es gerade diese wenigen hochemotionalen Sekunden, die seine Regentschaft bei vielen unvergessen machen.Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN  […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Die andere Seite der Medaillen

Serie 36,5 Grad: Die andere Seite der Medaillen

Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text) und KISTEN ENK (Fotos)Dafür, dass er den Rheder Kirchturm eigentlich nie so recht verlassen wollte, ist Willi Gernemann wahrlich weit herumgekommen in der Welt. Simbabwe, Bolivien, Namibia, Chile, Mauritius, Sri Lanka – auf fast allen Kontinenten war der 61-jährige zu Hause. Jetzt geht’s zurück nach Südamerika. Und zwar nach Brasilien, genauer nach Rio de Janeiro. Dort betreut Willi Gernemann als Leichtathletik-Bundestrainer des Deutschen Behindertensportverbandes vom 7. bis 18. September die Paralympics-Teilnehmer bei ihrer Jagd nach Gold, Silber oder Bronze. Aber, so betont der Chefcoach gleich zu Beginn, Medaillen seien nicht so wichtig. „Unser Ziel sind persönliche Bestleistungen. Das ist eine Größe, die wir beeinflussen können. Alles andere hängt gerade im Behindertensport von vielen andern Faktoren ab.“Willi Gernemann ist nicht nur Trainer, sondern als hautamtlicher Angestellter des Verbandes auch so eine Art Mädchen für alles. Er kümmert sich um Trainingspläne, Unterkünfte, Zimmerbelegungen, Transporte zu den Wettkampfstätten, um Wehwehchen, rechtzeitig Anmeldungen  und, und, und. Paralympics bedeuten für ihn drei Wochen Dauerstress. Schon vor dem Start verbrachte er Tage und Wochen mit den Vorbereitungen. Stundenlang saß er vor dem Fernseher und beobachtete die Olympischen Spiele mit besonders wachsamen Augen. Telefonate, Chats und Nachrichten von und mit Aktiven und Funktionären halfen ihm. „Da hat es sich natürlich bezahlt gemacht, dass ich durch meine bisherige Arbeit in vielen Ländern ein großes Netzwerk besitze“,  erklärt der 61-jährige.Profitieren sollen davon in erster Linie seine Schützlinge. Allen voran Weitspringer Markus Rehm. Der Para-Weltrekordler ist als Olympiasieger im Weitsprung der Beinamputierten so gut wie gesetzt. Der 27-jährige gebürtige  Göppinger landete vor knapp einem Jahr bei 8,40 Metern.  Bei den deutschen Meisterschaften der Nicht-Behinderten ließ er die gesamte Konkurrenz hinter sich.  Seitdem hält sich in der Sportwelt der Streit darüber, ob die Hochleistungsprothese des Athleten eher ein technischer Vorteil denn ein Handicap ist.  Eine unwürdige Diskussion, wie Willi Gernemann findet.  „Behinderte haben nicht nur ein körperliches Handicap. Sie verlieren, weil für sie alles im Leben viel aufwändiger ist, soviel Zeit, dass Ihr Tag manchmal nur 18 Stunden hat“, erklärt der Bundestrainer. Umso höher sei die Leistung seiner Schützlinge einzuschätzen, ergänzt er.Willi Gernemann kann das beurteilen. Jahrelang hat er auch nicht behinderte Top-Athleten trainiert. Der bekannteste war der namibische Sprintstar Frankie Fredericks. Zu dem mehrfachen Vizeweltmeister und Silbermedaillen-Gewinner hat der Rheder noch heute einen guten Draht. Begonnen hatte die Karriere des heute 61-jährigen allerdings mit seiner heutigen Ehefrau Cilly Lemkamp. Der ehemaligen deutschen Weitsprung Jugendmeisterin des LAZ Rhede half der damalige Freund aus einem Formtief. Und Willi Gernemann fand dabei nicht nur die Liebe des Lebens, sondern auch seine Berufung.Er hängt seinen erlernten Job  als Schlosser bei Flender an den Nagel und konzentrierte sich fortan auf den Sport. „Jeden Tag die Stechuhr zu knutschen, war ohnehin nicht mein Ding“, meint er rückblickend. Willi Gernemann drückte noch einmal die Schulbank und machte sein Abitur nach sowie einen Trainerschein nach dem anderen. An der Sporthochschule in Köln sicherte er sich höchste Qualifikationen. Ungewöhnlich für jemanden, der zwar immer sportlich, aber weder in der Leichtathletik noch im Fußball, Basketball oder Tennis „so wirklich richtig gut“ war.Umso besser konnte Willi Gernemann anderen die Grundlagen und Methodiken vermitteln. Das führte ihn so manches Mal an ganz ungewöhnliche Orte. In Winterberg beispielsweise brachte er  deutschen Bobfahrern das schnelle Anschieben ihre Schlitten bei. In den Anden bildete er Trainer und Kampfrichter aus. Ähnliche Projekte führten ihn mehrfach nach Afrika.Sein Job hat den gebürtigen Münsterländer zum Weltbürger gemacht. Er ist offener, liberaler, gelassener, aber auch kämpferischer geworden. Soziale Ungerechtigkeit und  die Armut in der Welt machen ihn wütend. Gleiches gilt für Ignoranz oder mangelnde Professionalität. Begegnen sie ihm, nimmt der Rheder kein Blatt vor dem Mund und spricht Klartext.Nur gut, dass Willi Gernemann die Härten seiner Gradlinigkeit mit trockenem Humor abschwächen kann. Der 61-jährige lacht gerne und viel. Und er hat immer einen Spruch auf den Lippen. So auch als wir uns verabschieden, ihm und seinen Sportlern viel Erfolg wünschen und uns für das Gespräch bedanken. Willis Antwort: „Aber immer gerne, Mann!“Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]

Weiterlesen »
Serie 36,5 Grad: Harm Klomps - der Herr der Rillen

Serie 36,5 Grad: Harm Klomps – der Herr der Rillen

 Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text) und KIRSTEN ENK (Fotos)Musik ist seine Leidenschaft – egal ob in gepresster, elektromagnetisch aufgezeichneter oder optisch wie auch digital gespeicherter Form. Für Harm Klomps ist allein entscheidend, was hinten rauskommt. Blues, Metal, Punk, Techno oder Indie, der 64-jährige Niederländer hört und kennt schlichtweg alles. Wie ein analoges Wikepedia der Rock- und Popgeschichte steht er lässig hinter dem Tresen seines Fachgeschäftes „Hanna Music“ am Crispinusplatz in Bocholt. Kunden kommen herein, summen ihm eine Melodie vor, und schon zieht Harm Klomps den richtigen Tonträger aus mehr als 6000 Schallplatten sowie mindestens ebenso vielen Compact-Disks. Dabei war Harm Klomps jahrelang weg vom Fenster. Schuld war die Erfindung des digitalen MP3-Formats und der damit verbundene Niedergang des analogen Musikgeschäftes sowie parallel seine schwere persönliche Krebserkrankung. Umso schöner, dass die die längst totgesagte LP und der gebürtige Dinxperloer gemeinsam ihre Renaissance erlebten.Harm war und ist in Bocholt und Rhede eine Instanz – und das seit Jahrzehnten. Bereits im Alter von 16 Jahren legte er am Heelweg im benachbarten Dinxperlo Platten auf. Seine Eltern besaßen dort einen Laden mit angeschlossenem Lunch-Raum. Letzterer lief nicht so gut. Harm ergriff die Gelegenheit und baute die Essecke zu einer Diskothek namens „Swinx“ um. Die Jugend aus Bocholt war Feuer und Flamme. Zum einen, weil die Niederländer meist viel früher an guter amerikanische Musik kamen, mehr aber noch, weil es auf der gegenüberliegende Straßenseite der berühmten Grenzstraße deutlich lockerer zuging. „Über alles kann ich nicht reden“, erklärt Harm heute schmunzelnd.Klomps wurde in der Folge zum Militär einberufen und legte nebenbei in Terborg Platten auf. Hier entdeckte ihn ein Freund von Josef („Jupp“) Hungerkamp, der kurz davor stand, in Rhede ein Lokal zu eröffnen. Nur wenige Stunden nach seiner Entlassung beim niederländischen Heer stand Harm dort hinter der Theke und heizte den Gästen ein. Und genau an diesem ersten Abend lernte er auch seine spätere Frau Georgia Fillies kennen.1976 der Wechsel in den Einzelhandel. Harm Klomps eröffnet in der Nordstraße in Bocholt die lediglich 16 Quadratmeter „Hannas Plattenkiste“. Die platzte innerhalb kürzester Zeit aus allen Nähten. In seiner Not erweiterte der Niederländer den Verkaufsraum mit Hilfe einer Wendeltreppe in eine über dem Geschäft gelegene Wohnung. Mit Erfindung der Compact-Disc reichte der Raum erneut nicht merh aus und aus „Hannas Plattenkiste“ wurde „Hannas Music“ am Crispinusplatz und später an der Crispinusstraße. Übrigens: Den Spitznamen „Hanna“ hatte dem Niederländer eine Freundin wegen dessen ausgeprägter Lockenmähne verpasst.Von 1981 bis 1997 führten Harm Klomps und seine Frau Georgia dann „nebenbei“ die legendäre Kult- und Jugendkneipe „DochDu“ an der Schanze. Ende der 90er Jahre schließlich der Schock. Die Erfindung des MP3-Formats ermöglichte das Downloaden und unendliche Verfielfältigen von Musik. Gleichzeitig etablierte sich in den neuen Shopping-Arkaden die gewaltige Konkurrenz der Elektronikketten. „Da war für uns nichts mehr zu machen“, blickt Harm Klomps zurück. Der heute 64-jährige machte den Laden zu, um mit seiner Frau an der Eisenhütte eine Musik- und Kulturkneipe zu etablieren.Genau in dieser Zeit traf Harm sein ganz persönlicher Schicksalsschlag. Klomps erkrankte an Leukämie. Nur dank zweier Stammzellenspenden seines Bruders erholte er sich. Der heute 64-Jährige jobbte mal hier und dort. Aber der Krebs ließ ihn nie ganz los. Dennoch kam es zu einer nicht für möglich gehaltenen Renaissance. Die Schallplatte kehrte zurück. Und mit ihr Harm Klomps. „In Vinyl können einfach mehr Informationen gespeichert werden. Es werden höhere Frequenzen erreicht. Daher klingt die Musik einfach besser. Und viele Menschen sind das ewige digitale Zappen leid“, erklärt der Experte den plötzliche Run auf die schwarzen Scheiben.Parallel entstand im Internet ein ganz neuer, großer Sammlermarkt. Harm Klomps erkannte die Chance, eröffnete „Hanna Music“ am Crispinusplatz real und virtuell als Onlineshop unter www.hannamusic.de im weltweiten Netz. Seitdem kauft er alte Platten an, reinigt sie mit Hilfe einer 2000 Euro teuren Spezialwaschmaschine und verkauft sie wieder. Einige gehen an Bocholter, andere an Kunden in Vietnam, Russland oder die USA, die per Internet bestellen. Neben gebrauchten sind auch neue Tonträger im Angebot. Längst haben die Plattenfirmen nämlich den Trend erkannt und legen uralte Schätzchen von den Beatles oder Beach Boys in limitierter Venyl-Auflage wieder neu auf. Wer hätte das gedacht?Wer nun glaubt, Harm Klomps versilbere bei „Hanna Music“ seine zigtausend Platten umfassende Privatsammlung, der irrt. Seinen Schatz gibt der Herr der Rillen niemals her. Der ist für seinen Enkel Ramses reserviert.Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN  […]

Weiterlesen »