Serie 36,5 Grad: Dietmar Amler im „Treffpunkt der Generationen“ Studio B
Von BERTHOLD BLESENKEMPER (Text und Foto)Hinter dem nüchtern wirkenden Eingang aus Glas und Stahl liegt ein dunkler, schlauchähnlicher Raum. Schummriges Licht beleuchtet die ansonsten fensterlose Gaststätte. Es ist laut, ein wenig stickig und eng. Nicht gerade einladend, dieses Studio B. Und doch ist das selbst ernannte „Lokal für jung(geblieben)e Leute“ in der Ravardistraße eines der ältesten und erfolgreichsten Kneipen Bocholts. Mittendrin Dietmar Amler. Der 59-Jährige ist nicht nur Wirt, sondern auch Teil der Geschichte dieser Kultstätte. Fast sein ganzes Leben hat ihn das Studio B begleitet. Hier hat er einen Teil seiner Jugend verbracht, seine Lebens- und Berufsplanung geändert, seine Frau Susanne kennengelernt, seine Abende um die Ohren gehauen, Jubiläen gefeiert und sein Geld verdient. „Das Studio ist Teil von mir“, so der 59-Jährige.Dabei hatte das Schicksal eigentlich etwas ganz anderes vorgesehenen für den Jungen aus Dingden, der als ältestes von fünf Kindern im September 1957 auf die Welt kam. Dietmar wurde nach der Schule erst einmal Handwerker. Er lernte Betonbau und besuchte anschließend noch mal die Schule, um Bauingineurwesen an der Fachhochschule in Aachen zu studieren. 1979 trat das Studio B erstmals einschneidend in sein Leben. Nach einem für die Kneipe und seine Gäste so typischen „Unheiligen Morgen“ verunglückte Amler und lag mit einem angebrochenen Lendenwirbel zwei Monate im Krankenhaus. An die schwere Arbeit auf dem Bau war anschließend erst einmal nicht zu denken. „Da habe ich Ludwig Büdding gefragt, ob ich bei ihm kellnern könnte, um mein Studium zu finanzieren“, erklärt Amler.Das war der Einstieg in die Gastronomie. Dietmar Amler erwies sich als talentiert. „Ich bin ein offener Typ, und die Arbeit hat mir Spaß gemacht“, blickt der 59-Jährige zurück. Noch wichtiger: Der Dingender Junge war zuverlässig. „Keine Weiber, keine Schnaps“, bringt es sein damaliger Chef, Ludwig Büdding, auf den Punkt. Er übertrug Dietmar Amler und seinem zweiten Hauptkellner Georg Schepers mit der Zeit immer mehr Verantwortung. Kein Wunder, dass die beiden die Gaststätte ab April 1992 als Wirte weiterführten. „Das ist auch schon wieder 25 Jahre her“, meint Amler.2002 trennten sich die beiden und Dietmar Amler machte allein weiter. Grund: Die glorreichen 80er und 90er Jahre waren vorbei. Das Geschäft warf nicht mehr genug ab für zwei Wirte. Überhaupt ist Gastronomie mit der Zeit schwieriger geworden. Kein Grund zu jammern, findet Dietmar Amler. „Mann muss sich eben anpassen und immer wieder etwas Neues ausdenken“, meint er. So ist aus dem einst legendären Altbier- ein Weizenabend geworden. An den Wochenenden sorgen DJ’s für Musik. Und große Flachbildschirme locken regelmäßig die Fußballfans zu Liveübertragungen ins Studio. Ansonsten hat sich nicht viel geändert. „80 bis 90 Prozent meiner Gäste sind Stammkunden. Und die wollen es so wie es ist“, erklärt der Wirt das Erfolgsrezept.Besucher des Studio B verstehen sich denn auch eher als Familie denn als Gäste. Eltern treffen hier ihre Kinder, Freunde ihre Studienkollegen von einst und Sportler ihre Fans. „Vielleicht ist das auch der Grund dafür, warum es hier noch nie eine richtige Schlägerei gegeben hat“, meint Dietmar Amler. Rangeleien ja, „aber wenn das anfängt, geht sofort irgendjemand dazwischen“, berichtet er weiter.Für ihn selbst ist 2017 ein besonderes Jahr. Er wird 60, ist seit 25 Jahren Kneipenwirt und genauso lange verheiratet. Die Rente steht vor der Tür. „Na ja, drei vier Jahre kann ich noch wohl machen“, meint der 59-Jährige. Dann will er zu Hause bleiben. Ein sicherlich ungewohntes Bild für Frau Susanne und die drei Kinder der beiden. Die sehen ihren Vater dann auch mal abends auf der Couch hocken statt immer hinter einer Theke zu stehen.Wird er etwas vermissen? „Die Menschen“, meint Dietmar Amler. Mit ihnen zu reden und ihre Geschichten zu hören, sei immer spanend gewesen. Und was war dabei tollste Story? Dietmar Amler lächelt und meint: „Ein Wirt ist wie ein Pastor. Er hört zu und schweigt!“ Das dürfte so manchen in Bocholt beruhigen…Lesen Sie diesen Bericht auch im Bocholter Stadtmagazin PAN […]